Träumen und Knuddeln: Precious Okoyomon im Kunsthaus Bregenz
Precious Okoyomon hat nigerianische Wurzeln, wurde 1993 in London geboren und lebt in New York. Okoyomon versteht sich als nonbinäre Person, die sich sowohl in Installationen, in Performances als auch in der Poesie ausdrückt. Ihre Themen sind dabei immer wieder Fragen der Identität, Kolonialgeschichte, Spiritualität und der Beziehung von Menschen zu ihrer Umwelt. In Bregenz bittet Precious Okoyomon die Besucher und Besucherinnen zu Beginn auf die Couch: In zwei altmodischen Interieurs samt Bibliothek, "the existential detective agency" genannt, stellen Mitarbeitende Okoyomons dem Publikum Fragen zu Träumen, Erinnerungen und Gefühlen.
Die Anlehnung an psychotherapeutische Praxen ist kein Zufall: Okoyomon ist bekennend C. G. Jung-Fan. "Träumen ist ein großer Teil meines Lebens", so Okoyomon, dazu gehöre auch das Teilen von Träumen mit anderen. Wer dazu nicht bereit sei, könne zumindest die gestellten Fragen für sich mitnehmen und sie vielleicht mit jemandem Geliebten teilen, hoffte Okoyomon bei der Presseführung am Donnerstag. Beim Abstieg in die Tiefen der Psyche geht es aufwärts: Die Stiegenhäuser des KUB, sonst hoch und lichtgrau, sind verdunkelt und verengt. Man solle sich ruhig im Dunkeln etwas fürchten, so Okoyomon.
Dass Träume oft ein dunkler Ort sind, zeigt sich im ersten Obergeschoss. Gehängte Plüschtiere, die Okoyomon "assembled angels" nennt, baumeln von der Decke. Vogelflügel verleihen ihnen die Leichtigkeit der Träume, die ihnen als Begleiter kindlichen Schlafs zusteht. "I wanted to kill but had nothing to kill" erzählt aber auch von Gewalt und kindlicher Ohnmacht. Stofftiere beschützten in der Kindheit vor der Realität und seien Speicher für Erinnerungen, so Okoyomon.
Garten mit lebenden Faltern als Highlight
An den riesigen Bären im zweiten Obergeschoss möchte man sich Trost suchend kuscheln. Dazu ist man explizit eingeladen, denn die Idee des Kunstwerks ist es, ein kollektives Rasten, ein "Timeout", zu ermöglichen. "Ich bin besessen vom Eskapismus", so Okoyomon, die die Pressekonferenz vom rosa Bäuchlein des Bären aus bestritt, während KUB-Direktor Thomas D. Trummer auf der Pfote Platz nahm. Sphärische Musik soll die Gäste beim Knuddeln in jenen schwebenden Zustand zwischen Wachen und Schlafen tragen, in dem man das Ego hinter sich lassen kann.
Ganz in sein Inneres hinsinken kann man im obersten Geschoss, wo ein verträumter, betretbarer Garten in feuchtwarmer Luft voller lebender Schmetterlinge und Pflanzen zur Alltagsflucht einlädt. "Das kann nur das KUB", hob Trummer die Besonderheit des Hauses am Bodensee hervor. Denn in anderen Häusern sei lebendes Material und dadurch bedingt der Eintrag von Pilzen und Feuchtigkeit mit Rücksicht auf andere Kunstwerke nicht erlaubt, "hier geht das". Eine Herausforderung war die Installation des Gartens aber dennoch, dazu holte sich das KUB fachlichen Rat von den Schmetterlingsfachleuten der Insel Mainau. Dem Garten beigestellt ist die poetische Videoarbeit "songs to the sky". Sie zeigt Okoyomon, die seit ihrem 16. Lebensjahr eine Fluglizenz besitzt, bei einem Überflug in grenzenloser Freiheit, bei dem sie Gedichte in den Himmel ruft: "Das ist mein Gebet", so Okoyomon.
(S E R V I C E - Ausstellung "One Either Loves Oneself Or Knows Oneself" von Precious Okoyomon von 1. Februar bis 25. Mai, www.kunsthaus-bregenz.at)
Zusammenfassung
- Ein Highlight der Ausstellung ist ein Garten mit lebenden Schmetterlingen im obersten Geschoss, der den Besuchern eine Alltagsflucht ermöglicht. Okoyomon thematisiert Identität, Kolonialgeschichte und Spiritualität.
- Die Ausstellung wird durch eine Videoarbeit ergänzt, die Okoyomon beim Fliegen zeigt. Diese Installation erforderte fachliche Unterstützung von Schmetterlingsspezialisten.