Szenisch-musikalische Einrichtung "Nathan 575" beeindruckte
Das Erinnerungsbüro des Landestheaters ist ein Kunstprojekt inner- und außerhalb des Theaters, das sich aus verschiedenen Blickwinkeln auf die Spuren der jüngeren Landesgeschichte begibt. Als ortsspezifisches Projekt entsteht das Erinnerungsbüro in Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern wie der ehemaligen Synagoge und dem Institut für jüdische Geschichte Österreichs, dem Museum Niederösterreich, dem Verein MERKwürdig in Melk und dem Stadtarchiv St. Pölten.
Tobias Artner, Emilia Rupperti und Helmut Wiesinger sowie der Musiker Helmut Stippich gestalten den einstündigen Abend schlicht, aber durchaus eindrücklich. Vor allem Wiesinger - langjähriges Ensemblemitglied des Hauses - gelingt in der Titelrolle eine faszinierende Charakterstudie: Er verleiht dem Nathan viele subtile und berührende Zwischentöne schmerzlicher Klugheit.
Artner gibt Nathans andersgläubige Widersacher herausfordernd forsch, Rupperti liest die Dokumente, Briefe und Berichte ebenso unaufgeregt wie intensiv, hat aber gegen die etwas hallige Akustik zu kämpfen. Die Lessing'schen Ideale von Toleranz und Aufklärung werden jedenfalls deutlich erfahrbar, gegenwärtige Gräuel zerstörerischer Machtpolitik jenseits rein religiöser Konflikte schwingen unausgesprochen mit.
Schade nur, dass "Nathan 575" nur noch einmal - am 31. Mai - zur Aufführung gelangt. Vielleicht lässt sich Landestheater-Intendantin Marie Rötzer ja dazu inspirieren, bei Gelegenheit auch den originalen "Nathan" auf den Spielplan zu setzen. Für die Idealbesetzung böte sich der wunderbare Helmut Wiesinger allemal an.
(S E R V I C E - Landestheater NÖ, Tel. 02742/908080-600, www.landestheater.net)
Zusammenfassung
- In der szenisch-musikalischen Einrichtung "Nathan 575" konfrontiert das Regie-Duo Ludwig Wüst und Maja Savic zentrale Szenen aus Lessings "Nathan der Weise" mit Zeitzeugenberichten von geflüchteten Jüdinnen und Juden aus Niederösterreich.
- Die beeindruckende Produktion des Landestheaters NÖ im Rahmen der Reihe "Erinnerungsbüro" ist am Freitagabend in der ehemaligen Synagoge zur Premiere gelangt.