Sieben britische Filmpreise für "Im Westen nichts Neues"
"Was für ein Abend, ich kann es nicht glauben", schwärmte Regisseur Ewald Berger, der auch den begehrten Preis als Bester Regisseur erhielt. "Es ist ein deutscher Film um Gottes Willen, wer stimmt denn dafür?", scherzte der 53-Jährige. In der anschließenden Pressekonferenz kam Berger beim Zählen der Auszeichnungen durcheinander. "Ich bin mir nicht mehr ganz sicher. Aber es sind sehr viel mehr, als wir erwartet hatten."
Die Neuverfilmung des Romans von Erich Maria Remarque wurde auch als Bester Nicht-englischsprachiger Film prämiert. Außerdem bekam der Film über die Schrecken des Ersten Weltkrieges Preise für Kameraarbeit, Adaptiertes Drehbuch und Sound. Volker Bertelmann alias Hauschka erhielt einen Bafta für seine Filmmusik.
Cate Blanchett ("Tár") setzte sich als Beste Hauptdarstellerin unter anderem gegen die favorisierte Michelle Yeoh ("Everything Everywhere All At Once"), Viola Davis ("The Woman King") und Emma Thompson ("Good Luck to You, Leo Grande") durch. Die australisch-amerikanische Schauspielerin war überwältigt und kämpfte bei ihrer Dankesrede mit den Tränen. Im Film spielt sie die fiktive Chefdirigentin eines deutschen Orchesters, deren Leben auseinanderbricht.
In der traditionsreichen Londoner Royal Festival Hall an der Themse gab es weitere Überraschungen. Bei den Männern freute sich Austin Butler ("Elvis") über den Bafta als Bester Hauptdarsteller. Sichtlich bewegt dankte er der Familie von Elvis Presley für ihr Vertrauen. Für Baz Luhrmanns Biopic gab es insgesamt vier Preise, auch für Casting, Kostüme sowie in der Kategorie Make-up und Frisuren. Bereits bei den Golden Globes war "Elvis" erfolgreich.
Topfavorit Colin Farrell hatte alle Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. Er ging für "The Banshees Of Inisherin" zwar leer aus, doch immerhin erhielt die hoch gehandelte Tragikomödie des irischen Filmemachers Martin McDonagh noch vier Baftas - für die beiden Nebendarsteller Kerry Condon und Barry Keoghan und für das Beste Originaldrehbuch. Dass der durch und durch irische Film auch als Herausragender Britischer Film prämiert wurde, sorgte für Amüsement. "Was für ein Award?", scherzte McDonagh und klärte dann auf, dass sein Film durch den britischen Sender Channel 4 finanziert wurde.
Bei den Dokumentarfilmen indes triumphierte "Navalny" über den führenden russischen Oppositionellen. Über den Erfolg des Werks des kanadischen Regisseurs Daniel Roher können sich auch die drei österreichischen Kameramänner Niki Waltl, Simon Fraissler und Daniel Dajakaj freuen, die für die Bildgestaltung verantwortlich zeichneten. "Navalny" setzt damit seinen Siegeslauf fort, der beim Indiefestival in Sundance begonnen hatte. Auch bei den Oscars ist die Arbeit im Rennen um die Dokutrophäe.
Enttäuschend verlief der Abend hingegen für die Macher des Fantasyhits "Everything Everywhere All At Once". Der verrückte Film, der in zehn Kategorien im Rennen war und für elf Oscars nominiert ist, erhielt in London nur einen einzigen Bafta-Award für den Schnitt.
Die Bafta-Awards zählen nach den Oscars und den Golden Globes zu den begehrtesten Auszeichnungen der Branche. Nachdem ihr Film bei den Golden Globes leer ausgegangen war, dürften Edward Berger und sein Team nun gespannt auf die Oscars warten. Dort ist "Im Westen nichts Neues" unter anderem als Bester Film und als Bester Internationaler Film nominiert. Allerdings waren die Baftas in den vergangenen Jahren nur selten ein verlässliches Indiz für die Oscars.
Zusammenfassung
- Das für neun Oscars nominierte deutsche Kriegsdrama "Im Westen nichts Neues" hat drei Wochen vor der Preisverleihung in Los Angeles bei den Britischen Filmpreisen Baftas abgeräumt und ist als Bester Film ausgezeichnet worden.
- Bei den Männern freute sich Austin Butler über den Bafta als Bester Hauptdarsteller.
- Nachdem ihr Film bei den Golden Globes leer ausgegangen war, dürften Edward Berger und sein Team nun gespannt auf die Oscars warten.