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Schöpfer der Schutt-Kathedrale in Madrid gestorben

Der Bau der Kirche war sein Lebenstraum, seine Lebensaufgabe. Es war ein Versprechen an Gott. Leider konnte der ehemalige spanische Trappistenmönch Justo Gallego sein Werk nicht vollenden. Nach über 60 Jahren Bauarbeiten starb er am Sonntag im Alter von 96 Jahren.

Zu Anfang nannten ihn alle nur den "verrückten Maurer". Aus Dank für seine Genesung von einer schweren Tuberkuloseerkrankung, an der er beinahe gestorben wäre, trat er 1961 aus dem Trappistenorden aus, um sich in Mejorada del Campo, einer Kleinstadt vor den Toren Madrids, ganz dem Bau seiner "Kathedrale des Glaubens" zu widmen.

Rund 60 Jahre lang arbeitete er fast ganz alleine und ohne Baupläne, Kräne oder sonstigen schweren Baugeräten an seiner gewaltigen Schöpfung. Rund 5.000 Quadratmeter misst der Kirchenbau mit dem Hauptschiff und dem Kreuzgang, das immer noch keine Baugenehmigung besitzt. 55 Meter lang, 25 Meter breit und 35 Meter hoch ist das Kirchenschiff, das Justo lediglich aus Bauschutt, Konstruktionsüberresten und Abfällen errichtete. Aus alten Flaschen und Glasresten formte er bis zu 2.000 Buntglasfenster. Zwölf Türme hat sein Gotteshaus, bei denen sogar alte Autoreifen zum Einsatz kamen. Die beiden noch nicht ganz fertigen Westtürme wollte der "architektonische Autodidakt" auf bis zu 60 Meter hochbauen.

Seine "Kirche aus Müll" wurde von den 23.000 Einwohner von Mejorada del Campo anfangs wie er selber eher belächelt. Der hagere Schäfersohn mit seiner roten Wollmütze galt als Sonderling, als komischer Kauz. Sie nannten ihn den "verrückten Maurer", den "Narr Gottes". Doch seine Kirche, die ausgerechnet an der Antonio Gaudi Straße liegt, ist in Spanien fast genauso bekannt geworden wie Gaudis (1852-1926) weltberühmte Sagrada Familia in Barcelona. Justo, der ein Jahr vor Gaudis Tod in Mejorada del Campo zur Welt kam, hielt den katalanischen Stararchitekten für einen "komischen Vogel", der merkwürdige Sachen machte.

So sahen ihn auch lange viele Einwohner seiner eigenen Gemeinde. Doch je weiter die Bauarbeiten seiner "Kathedrale aus Müll" voranschritten, desto größere wurde vor allem die mediale Aufmerksamkeit für sein Werk. Immer mehr Neugierige kamen aus Madrid, dann aus ganz Spanien. 2005 feierte er dann seinen "internationalen Durchbruch". Ein bekanntes Getränkeunternehmen machte mit ihm einen internationalen Werbespot. Es ging um einen Menschen, der Unglaubliches vollbrachte.

Kurz danach wurde auch die internationale Kultur- und Architekturszene auf ihn aufmerksam. Sogar das New Yorker Museum of Modern Art widmete ihm eine Ausstellung. Architekturstudenten kamen in den Semesterferien, um ihm unter die Arme zu greifen. Auch die Spenden nahmen zu, mit denen er Baumaterial kaufen konnte. Madrider Ausflugsunternehmen haben die Besichtigung seiner "Kathedrale aus Schutt" mittlerweile so selbstverständlich im Touristenprogramm wie Exkursionen nach Toledo oder Segovia.

"Er war unser bester Botschafter. Wir haben ihm viel zu verdanken", erklärte Jorge Capa, Bürgermeister von Mejorada del Campo, am Montagmorgen im spanischen Nationalradio RNE. "Stein für Stein baute er seinen Traum, konstruierte seine Kathedrale des Glaubens, die Menschen aus der ganzen Welt zu uns brachte. Niemals können wir ihm zurückgeben, was er uns gegeben hat", so Bürgermeister Capa.

Am Montag fand für Justo Gallego eine öffentliche Schweigeminute in Mejorada del Campo statt. Drei Tage wird die spanische Fahne am Rathaus auf Halbmast hängen. Bereits im April erklärte die Gemeinde ihn sogar zum "Ehrenbürger". Der Gemeinderat will das spanische Kulturministerium bitten, Justos Kathedrale zum "geschützten Kulturgut" zu erklären. Damit soll auch ein möglicher Abriss der ohne Baugenehmigung entstandenen Kirche verhindert werden.

Doch so weit will es Padre Angel nicht kommen lassen. "Wir werden sein Werk beenden", stellte der Gründer der katholischen Hilfsorganisation "Mensajeros de La Paz" am Montag klar. Bereits vor einigen Wochen übertrug Justo Gallego der katholischen Hilfsorganisation das Gebäude. Diese verpflichtete sich im Gegenzug, das Kirchengebäude fertig zu bauen.

Er habe bereits ein renommiertes Architektenbüro aus Madrid beauftragt, alles in die Wege zu leiten, damit der Kirchenbau alle notwendigen Genehmigungen bekomme und zu Ende gebaut werde, erklärte Padre Angel. In zwei Jahren soll die Kirche fertig sein. Die katholische Hilfsorganisation will es dann für ihre religiöse Arbeit, soziale Projekte und Armenspeisungen nutzen. Hoffentlich werde die katholische Kirche auch Gottesdienste in der Kirche zulassen, so der Leiter der Hilfsorganisation.

"Leider konnte Justo sein Werk nicht vollendet sehen. Aber sein Geist wird in ihm weiterleben", erklärte Padre Angel am Montag im Radiosender COPE. Justos letzten Wunsch wird er vorerst aber wohl nicht erfüllen können. Justo wollte unbedingt in der Krypta unter dem Hauptaltar bestattet werden, die er mit seinen eigenen Hände ausgrub.

ribbon Zusammenfassung
  • Leider konnte der ehemalige spanische Trappistenmönch Justo Gallego sein Werk nicht vollenden.
  • Nach über 60 Jahren Bauarbeiten starb er am Sonntag im Alter von 96 Jahren.
  • Am Montag fand für Justo Gallego eine öffentliche Schweigeminute in Mejorada del Campo statt.
  • Bereits im April erklärte die Gemeinde ihn sogar zum "Ehrenbürger".
  • Hoffentlich werde die katholische Kirche auch Gottesdienste in der Kirche zulassen, so der Leiter der Hilfsorganisation.