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Salzburger Festspiele: "Nathan" mit fragilen Identitäten

Mit Lessings "Nathan der Weise" haben die Salzburger Festspiele heuer ein Stück ins Programm genommen, das Generationen im Gymnasium als Pflichtlektüre gelesen haben. Bei der Produktion auf der Halleiner Pernerinsel sollen die vom Autor gezeichneten Figuren verschwimmen, womit Regisseur und Bühnenbildner Ulrich Rasche die Aufmerksamkeit auf die Sprache lenken möchte, erklärte er vor Medien in Salzburg. Premiere ist am 28. Juli.

Laut Dramaturg Sebastian Huber ist der Ruf des Stückes mit seiner berühmten Ringparabel heute "durchwachsen". Irgendwie sei der Inhalt naiv mit seinem fast märchenhaften, lieblichen und überkonstruierten Ausgang, denn die Geschichte habe uns eines Besseren belehrt. Und so sieht er in der Parabel nicht nur eine Metapher, sondern auch Forderung nach mehr Toleranz, wobei Toleranz nur ein erster Schritt zu Anerkennung sein könne.

Die Absicht, die Aufmerksamkeit von den Figuren zur Sprache hinzulenken, wird auch in der Besetzung der Titelfigur durch eine Frau sichtbar. Andere Figuren werden überhaupt gleich mit einem Chor aus drei Personen dargestellt. Mit dieser Idee solle auch die Auflösung (am Ende) des Stücks sichtbar werden, bei der sich herausstellt, dass viele Figuren nicht mehr die sind, die sie ursprünglich gedacht haben zu sein. Huber spricht von "fragilen Identitäten".

Die Rolle des Nathans hat kurzfristig die ehemalige Buhlschaft Valery Tscheplanowa übernommen. Sie springt für Judith Engel ein, die aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen musste. Zeit zum Text lernen sei nicht mehr geblieben, weil sie sofort in die Probenarbeit eingestiegen sei, aber dank einer persönlichen Souffleuse sei das auch nicht erforderlich. Sie sei überrascht, wie "merkwürdig intim" das Zusammenwirken der Pernerinsel-Halle mit der von Rasche gestalteten Installation auf der Bühne wirke. "Text, Bewegung und Musik, das alles rahmt einen, wenn man es zulässt." Und das führe zu einer Entschleunigung, sie könne die Gefühle und Gedanken langsam durchdenken. Dazu brauche es auch die Zuschauer, die sie dabei mitnehmen müsse.

Lob gab es bei dem Gespräch auch von Rasche für die Festspiele: "Ich bin beeindruckt, was einem hier alles zu Verfügung gestellt wird, es sind phänomenale Arbeitsbedingungen." Als Beispiel nannte er, dass er bisher noch nie so lange Zeit an einem Bühnenbild arbeiten habe können wie nun für den "Nathan".

(S E R V I C E: "Nathan der Weise", Dramatisches Gedicht in fünf Akten von Gotthold Ephraim Lessing; Neuinszenierung durch Ulrich Rasche; Premiere bei den Salzburger Festspielen am 28. Juli 2023 um 19.30 Uhr auf der Pernerinsel in Hallein, 8 weitere Vorstellungen bis 12. August; www.salzburgerfestspiele.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Mit Lessings "Nathan der Weise" haben die Salzburger Festspiele heuer ein Stück ins Programm genommen, das Generationen im Gymnasium als Pflichtlektüre gelesen haben.
  • Bei der Produktion auf der Halleiner Pernerinsel sollen die vom Autor gezeichneten Figuren verschwimmen, womit Regisseur und Bühnenbildner Ulrich Rasche die Aufmerksamkeit auf die Sprache lenken möchte, erklärte er vor Medien in Salzburg.
  • Premiere ist am 28. Juli.