Regieshootingstar Ayub fühlt bei Zweitling den Druck wachsen
Kurdwin Ayub erzählt in "Mond" von der einstigen Martial-Arts-Kämpferin Sarah (Starchoreografin Florentina Holzinger), die Österreich verlässt, um drei Schwestern einer reichen Familie in Jordanien zu trainieren. Doch Sarah stellt bald fest, dass ihre Schülerinnen völlig von der Außenwelt isoliert werden, während sie am Sport selbst kein Interesse zu haben scheinen. Warum wurde Sarah engagiert?
Kurz vor der Weltpremiere von "Mond", der sich im Rennen um den Goldenen Leoparden des internationalen Wettbewerbs gegen 16 weitere Filme durchsetzen muss, beantwortete die 1990 geborene Regisseurin der APA ein paar Fragen.
APA: Nach Ihrem Debütfilm sind Sie nun auch gleich mit Ihrem Zweitling auf einem der A-Festivals vertreten. Ist der Zauber des Anfangs weg? Oder ist die Aufregung noch vorhanden?
Kurdwin Ayub: Der Zauber ist gewichen und wurde mit Druck ersetzt. Man sagt, der zweite Film zeigt, ob man wirklich das Zeug zum Filmemachen hat. Man wird auch auf Festivals und von Kritiker:innen anders behandelt, als bei seinem Debütfilm. Mit dem Debütfilm wird man entdeckt, mit dem Nachfolger muss man sich beweisen.
APA: Sie haben bei "Mond" anders als bei "Sonne" primär nicht mit Laiendarsteller:innen gedreht, sondern mit Menschen, die zumindest Erfahrungen mit der Bühne oder der Welt der Influencer:innnen hatten. Wie hat das die Arbeit am Set, Ihre Arbeit als Regisseurin verändert?
Ayub: Die Arbeit war eigentlich sehr ähnlich. Genauso wie bei "Sonne" hatten die darstellenden Personen in "Mond" keine professionelle Schauspielausbildung. Wir casteten sehr lange und sehr intensiv, um nicht nur Personen zu finden, die unglaublich natürlich vor der Kamera spielen können, sondern auch speziell sind, einfallsreich und ein Improvisationstalent besitzen.
APA: Wie sehr war für Sie auch bei "Mond" die Idee der Sisterhood entscheidend bei der Konzeption respektive beim Dreh?
Ayub: In "Mond" geht es um Schwestern, egal woher sie kommen. Jede meiner Figuren lebt in einem System, das sie unglücklich macht, manche wollen da raus, andere akzeptieren es. Ich wollte eine Geschichte über Frauen erzählen, und die Konstrukte, in denen sie gefangen sind, egal wo sie leben, und um Solidarität. Hilft Sarah, meine Hauptfigur in "Mond", einer anderen Frau, auch wenn sie sich damit womöglich in Gefahr begibt? Wem glaubt sie, wem vertraut sie? Und wem glauben wir?
APA: Empfinden Sie das Label "feministisch" als zu einengend für Ihre Kunst?
Ayub: Ich kann nicht bestimmen, wie man meine Arbeit labelt. Wenn ich einen Film schreibe, habe ich kein konkrete Vorstellung, wie der Film ankommen soll. Ich schreibe darüber, wie ich mich in dieser Welt fühle, und dann entstehen Geschichten über Frauen, die ausbrechen, rebellieren wollen, aber auch Ängste haben und Trauer verspüren. Ich finde nicht, dass das Label "feministisch" einengend für meine Kunst ist, auch wenn ich langsam das Gefühl habe, dass entweder negativ darauf reagiert wird oder sich manche sogar bewusst das Label Feminismus anhängen, um sich besser zu verkaufen. Manchmal hab ich das Gefühl, dass der Begriff Feminismus nur noch in Verbindung mit Social-Media-Schlachten und wer die "richtigste" Meinung hat, auftaucht.
(Die Fragen stellte Martin Fichter-Wöß/APA)
(S E R V I C E - www.locarnofestival.ch/festival/program/film.html?fid=13be34ed-915a-4e40-9faa-a5f81ee078a6&eid=)
Zusammenfassung
- Kurdwin Ayub feiert die Weltpremiere ihres zweiten Films 'Mond' am 11. August bei den Filmfestspielen von Locarno. 'Mond' startet am 8. November in den österreichischen Kinos.
- In 'Mond' erzählt Ayub die Geschichte der Martial-Arts-Kämpferin Sarah, die drei isolierte Schwestern in Jordanien trainieren soll. Das Thema Sisterhood spielt eine zentrale Rolle.
- Ayub empfindet den Druck, sich mit ihrem zweiten Film zu beweisen, nachdem sie mit 'Sonne' erfolgreich war. Sie arbeitete bei 'Mond' mit Darstellern, die Bühnenerfahrung oder Influencer-Hintergrund haben.