Punksänger Monchi mit Buch über Kilo-Kampf
Es ist ein ehrlicher, schonungsloser Bericht über einen schweren Weg voller Überwindungen und Hürden, über eine Suche nach Ursachen, die letztendlich zu ehrlicher Selbstreflexion führte. Monchi erzählt in eigener Sprache, wie er ein Drittel seines Gewichts verlor und Einsichten über sich selbst gewann. "182 Kilo bedeuten ja nicht, dass ich zehn Kilo Übergewicht und einen kleinen Bauch habe", erzählte der Neo-Autor. "Nein, das ist eine Art von Selbstzerstörung. Ich hab' damals 7.000 Kalorien am Tag gefressen. Das heißt nicht, dass ich das überhaupt nicht mehr tue. Es ist ein Kampf, den ich manchmal verliere. Aber ich denke jetzt über das nach, was früher für mich Normalität war."
"Ich habe mich nie als Dicker gesehen", schreibt Gorkow in seinem Buch. "Lange Zeit hat mich das Übergewicht auch nicht eingeschränkt in dem, was ich machen wollte, oder zumindest habe ich mir das eingeredet." Ein paar Sätze weiter heißt es: "Aber: 182 Kilo sind einfach zu viel. Nicht wegen des Aussehens, nicht wegen irgendwelcher dummen Kommentare, sondern wegen meiner Gesundheit." Und dann gibt es Aktivitäten, die mit so einer Körperfülle nicht möglich sind: mit den Kindern der Freundin aufs Trampolin zu gehen oder Paragleiten (oder, weniger glamourös: den Po abzuwischen).
"Ich konnte damals gar nicht absehen, dass ich so viel abnehmen würde. Dass ich es einmal schaffe, 60, 65 Kilo abzunehmen, das war für mich weit weg", sagte Monchi. Auf seinem Weg hat er viel notiert, etwa welche Überwindung es für ihn bedeutet(e), ins Fitnessstudio zu gehen, zu joggen oder die Süßwaren im Supermarkt zu meiden. "Irgendwann bemerkte ich, dass diese Notizen eine rote Linie und einen Sinn ergeben. Da habe ich gesagt, ich mach' ein Buch draus."
Das schrieb er in erster Linie für sich selbst, wobei "Niemals satt" kein "geil, du kannst auch abnehmen Buch geworden ist" und niemals werden sollte, wie Monchi betont: "Wenn Leute sagen, mein Buch habe sie motiviert, ist das ein schöner Nebeneffekt, wenn es ihnen Kraft gibt, da freue ich mich. Der Kampf, loszulegen und vor allem dran zu bleiben, das ist der Wahnsinn. Ich habe gedacht, wenn ich abgenommen habe, ist dieser Kampf gewonnen. Ist er nicht! Jeden Tag ist es ein Gewinnen oder ein Verlieren. Jetzt war ich in Corona-Quarantäne, konnte nicht raus, da habe ich nur gefressen. Da ich auch keinen Sport machen sollte, merkte ich bald, dass der eine Pullover wieder enger geworden ist. So etwas können Dicke nachempfinden - viel mehr als wenn jemand ein paar Kilo mehr gewogen hat und sich feiert, weil er jetzt einen Sixpack hat."
Für Monchi gab es nie halbe Sachen, weder als Fußballfan, als er zu jedem Spiel von Hansa Rostock fuhr und Krawallen nicht abgeneigt war, noch bei seinem gesellschaftlichen und politischen Engagement oder als Frontman einer Band - und kein Zurückschrecken vor Konfrontationen, im Gegenteil, er habe sie gesucht, erzählte Gorkow (und wie auch im Buch nachzulesen). "Ich habe immer abgeliefert", sagte er. Seine Stressbewältigung sah dann ungefähr so aus: "Ich hämmere mir fünf Flaschen Cola rein, fresse, stürze auf Koks und Saufen ab, verdränge. Das hab ich so bewusst gar nicht wahrgenommen. Ich sage jetzt nicht: nie wieder Absturz. Das ist unrealistisch. Ich werde kein Heiliger, aber ich kann Muster erkennen, die Kacke sind, auf die ich nicht stolz bin. Daran kann ich arbeiten. Ich habe gelernt, nicht abstürzen und zu fressen, wenn es mir schlecht geht. Das heißt nicht, dass ich das immer befolge. Aber ich weiß, dass es dumm ist. Das wusste ich vorher nicht."
(S E R V I C E - Monchi, "Niemals satt", Verlag Kiepenheuer & Witsch, Klappbroschur, mit zahlreichen Farbfotos, 320 Seiten, 18,50 Euro)
Zusammenfassung
- Egal ob als Sänger der Punkband Feine Sahne Fischfilet, ob als Aktivist gegen die rechte Szene oder beim Essen, für Jan Gorkow alias Monchi ging es immer um "ganz oder gar nicht".
- Als er eines Tages 182 Kilo auf die Waage brachte, begann Monchi über sich nachzudenken - und abzunehmen.
- Ich habe gedacht, wenn ich abgenommen habe, ist dieser Kampf gewonnen.
- Jetzt war ich in Corona-Quarantäne, konnte nicht raus, da habe ich nur gefressen.