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Philippe Sands erhielt Ehrenpreis des Buchhandels

Zum Abschluss der Europäischen Literaturtage in Krems ist am Sonntagvormittag in der Minoritenkirche der "Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln" an den britischen Autor und Juristen Philippe Sands verliehen worden. Sands will die Preissumme von 10.000 Euro humanitären Projekten spenden.

Die Entscheidung hätte in Anbetracht der aktuellen Weltlage nicht richtiger sein können, meinte Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels. Als Laudator betonte der Publizist Ernst Strouhal u.a. den Aspekt des "brillanten Erzählers" Sands, der die präzise Sprache des Rechts, klare Argumentation und transparente Logik gegen die wachsende "Massenschlägerei um Aufmerksamkeit" einsetze. Sands sei ein "Citoyen im klassischen Sinn der Aufklärung", so Strouhal.

Philippe Sands zähle "fraglos zu den weltweit herausragendsten Juristen und Intellektuellen, die den gesellschaftlichen Diskurs bestimmen und sich für eine bessere Welt einsetzen", formulierte die Jury in der Begründung ihrer Entscheidung. "Als Autor hat er mit zahlreichen Fachbüchern zum Völkerrecht ebenso wie mit seinen zeitgeschichtlichen Werken ein großes Publikum erreicht und bewiesen, dass Faktentreue und präzises Denken kein Gegensatz zu inhaltlichem Engagement, sondern dessen nützlichste Instrumente sind. Seine in mehrere Sprachen übersetzten Werke richten sich gegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter und Genozide, unabhängig davon, ob sie in der Vergangenheit oder in unserer Gegenwart stattfinden. Sein Einsatz für die Verankerung des Begriffs des 'Ökozids' als Verbrechen gegen die Menschlichkeit in das internationale Rechtssystem, wodurch einzelne Personen ebenso wie Unternehmen oder Staaten für die Folgen schwerer Umweltschäden verantwortlich gemacht werden könnten, zeigt, wie sehr Philippe Sands am Puls der Zeit ist."

In seiner Dankesrede meinte Sands, er fühle sich gleichsam umarmt: Diese Ehrung bedeute ihm aufgrund seiner besonderen Beziehung zu Österreich sehr viel. Es sei für ihn nun eine Linie gezogen zwischen Vergangenem und Künftigem. Die Essenz seines Tuns liege in der Überzeugung, dass Individuen und Gruppen Rechte zugesprochen seien. Er komme aus dem juristischen Bereich und habe in eine literarische Familie eingeheiratet. Nun verbinde er beides in seinen Arbeiten. Zur aktuellen Weltlage habe er klare Vorstellungen, bringe sie aber aufgrund seiner Involviertheit als Anwalt nicht immer zum Ausdruck, sagte er im Gespräch mit Rosie Goldsmith. Er sehe zwar momentan "Alarmstufe 9,8", sei aber langfristig optimistisch, "auch wenn es vielleicht Generationen dauert, um etwas voranzubringen". Sands zitierte in diesem Kontext eine Zeile aus Leonard Cohens Song "Anthem": "There is a crack in everything. That's how the light gets in."

Geboren 1960, ist Sands sowohl als britisch-französischer Schriftsteller als auch als Anwalt und Professor für Internationales Recht und Direktor des Centre for International Courts and Tribunals am University College London tätig. Leidenschaftlich setzt er sich für humanitäre Ziele und das Völkerrecht ein. Er formulierte u. a. die Anklage gegen den chilenischen Diktator Pinochet.

Sands hat familiäre Wurzeln in der heutigen Ukraine, in Lemberg (Lwiw), wo der Großteil seiner Familie während des Zweiten Weltkrieges ermordet wurde. Von 2018 bis 2023 war er Vorsitzender des englischen PEN-Klubs. 2020 erschien von ihm auf Deutsch "Die Rattenlinie – ein Nazi auf der Flucht", 2017 "Rückkehr nach Lemberg", das mit dem renommierten Baillie Gifford Prize und dem Wingate Literaturpreis 2016 ausgezeichnet und Buch des Jahres bei den British Book Awards 2017 wurde. Zuletzt auf Deutsch erschien "Die letzte Kolonie. Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Indischen Ozean" (2023).

Der Ehrenpreis ist die höchste Auszeichnung, die der österreichische Buchhandel zu vergeben hat. Er wird seit 1990 an Personen verliehen, die sich in ihrem Werk und durch ihr Engagement für Toleranz gegenüber den anderssprachigen und kulturell anders geprägten Nachbarn in herausragender Art und Weise eingesetzt haben und somit einen Beitrag zu einem friedlichen Miteinander in Europa geleistet haben. Zu den bisherigen Preisträgern zählen u.a. Navid Kermani, Ilija Trojanow, Miljenko Jergovic, Francesca Melandri, Elif Shafak und A.L.Kennedy.

(S E R V I C E - https://buecher.at/auszeichnungen/ehrenpreis/)

ribbon Zusammenfassung
  • Sands will die Preissumme von 10.000 Euro humanitären Projekten spenden.
  • Sands sei ein "Citoyen im klassischen Sinn der Aufklärung", so Strouhal.