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Perfekt erhaltenes Ur-Gewölbe in Israel entdeckt

Archäologen haben im Norden Israels einen perfekt erhaltenen 3.800 Jahre alten, aus Tausenden ungebrannten Lehmziegeln gebauten Korridor mit anschließendem Gewölbegang freigelegt. Die Funde auf der Akropolis der kanaanäischen Stadt Tel Shimron sind Teil eines turmartigen Gebäudes, dessen Funktion noch unklar ist, wie Co-Grabungsleiter Mario Martin von der Uni Innsbruck der APA sagte. Den Gang überdacht ein Kraggewölbe - der früheste Nachweis dieser Gewölbe-Urform in Israel.

Kanaan, das Siedlungsgebiet der Kanaanäer, der ältesten bekannten sesshaften Einwohner des heutigen Israel, bestand in der mittleren Bronzezeit aus mehreren Stadtstaaten - Tel Shimron war eine davon. Sie war eine der größten Städte der Bronze- und Eisenzeit in der Region, ihren Zenit und die größte Ausdehnung hatte die an zwei wichtigen Handelsrouten liegende Stadt mit rund 20 Hektar in der mittleren Bronzezeit, also in der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung.

"Umso mehr verwundert es, dass dieser Ort bisher noch nie ausgegraben wurde", erklärte Mario Martin vom Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik der Universität Innsbruck. Der Archäologe leitet gemeinsam mit Daniel Master vom Wheaton College (USA) die seit 2017 laufenden Grabungen in Tel Shimron.

Die Stadt liegt auf einem flachen Hügel, steil überragt von der Oberstadt (Akropolis). Die Wissenschafter rechneten eigentlich damit, sich zunächst durch Schichten jüngerer Siedlungen durcharbeiten zu müssen, stießen aber gleich auf bronzezeitliche Reste. "Aus irgendeinem Grund wurde dieser Teil der Stadt nicht mehr angerührt und überbaut", erklärte Martin.

Sie entdeckten mächtige, aus der Zeit zwischen 1800 und 1750 vor unserer Zeitrechnung stammende Mauern aus ungebrannten Schlammziegeln und arbeiteten sich entlang dieser weiter in die Tiefe. Zu Tage kamen bis zu fünf Meter dicke, fünf Meter hohe Mauern, die einen rund sieben Meter langen engen Korridor formten. An dessen Ende zweigt nach links eine Treppe in die Tiefe ab, die von einem sogenannten Kraggewölbe überdacht ist.

Bei dieser auch "falsches Gewölbe" genannten Vorform des echten Gewölbes sind die Steine nicht radial angeordnet, sondern ragen die Ziegel der Stützmauer waagrecht Stück für Stück etwas hervor, wodurch sich die beiden Seiten treppenförmig zu einem Gewölbe verjüngen. "Erstmals konnten wir diese Gewölbeform in dieser Region belegen", betonte Martin, der von einem "atemberaubenden Zustand" der Funde spricht.

Zu verdanken ist diese perfekte Erhaltung dem Umstand, dass Korridor und Gewölbegang relativ kurz nach ihrer Errichtung wieder mit Schutt befüllt wurden, "das war sicher nicht länger als ein, zwei Generationen nach dem Bau". Daher seien die für jegliche Art von Witterung sehr anfälligen Lehmziegel so gut erhalten geblieben. "Würden wir sie ungeschützt offen liegen lassen, wären sie nach zwei, drei Wintern verschwunden", so der Experte. Aus diesem Grund haben die Forscher die Ausgrabung gleich nach der Dokumentation wieder zugeschüttet.

Noch unklar ist, worum es sich bei den Gebäuderesten gehandelt hat. "Es ist ein Teil eines turmartigen Gebäudes, das wir erst zum Teil angeschnitten haben, etwa acht mal dreizehn Meter." Unklar ist auch, wohin der Korridor führt. Bei der Freilegung des Gewölbegangs stießen die Forscher nach wenigen Metern auf große Basaltbrocken, die aus Sicherheitsgründen keine weiteren Grabungen erlaubten. "So wie es ausschaut, haben wir dort aber genau den Ausgang des Gewölbeganges erreicht", sagte Martin. Was dort tatsächlich ist, wollen die Wissenschafter ab der nächsten Saison von der anderen Seite grabend erkunden.

Für den Archäologen klar ist, dass die Struktur zum Tempelbezirk oder zum königlichen Palast gehört hat, denn "am wichtigsten Punkt einer mittelbronzezeitlichen Stadt in der Levante, der Akropolis, lagen immer der Kultbezirk und der Palast". Für eine rituelle Verwendung sprechen etwa die Dekoration des Korridors, die mit weißen Pulverschichten zwischen den Ziegeln realisiert wurde, sowie eine sogenannte Nahariya-Schale, die bei den Grabungen kurz vor dem Stiegenabgang am Boden liegend entdeckt wurde. "Solche Sieben-Becher-Schalen wurden bisher meist in rituellen Kontexten gefunden", erklärte Martin. Zudem wurde wenige Meter neben dem Korridor ein Raum gefunden, der mit vielen Fragmenten von Nahariya-Schalen und anderer Kultkeramik sowie mit Tausenden von Tierknochen völlig aufgefüllt war, was für Tieropfer oder rituelle Mahle sprechen könnte.

Martin geht trotz dieser Hinweise davon aus, dass die ausgegrabene Gebäudestruktur "eher zum Palastbezirk gehört hat". Denn am höchsten Punkt der Akropolis, rund 25 Meter von der aktuellen Ausgrabung entfernt, fand sich eine Art Plattform, die künstlich noch um mehr als vier Meter erhöht wurde. "Und der höchste Punkt der Stadt war häufig dem Kult vorbehalten", so der Archäologe.

(https://www.telshimronexcavations.com/)

ribbon Zusammenfassung
  • Archäologen haben im Norden Israels einen perfekt erhaltenen 3.800 Jahre alten, aus Tausenden ungebrannten Lehmziegeln gebauten Korridor mit anschließendem Gewölbegang freigelegt.
  • Die Funde auf der Akropolis der kanaanäischen Stadt Tel Shimron sind Teil eines turmartigen Gebäudes, dessen Funktion noch unklar ist, wie Co-Grabungsleiter Mario Martin von der Uni Innsbruck der APA sagte.