ORF-Kulturchef Martin Traxl debütiert als Opernregisseur
Die Idee zu seinem temporären Berufswechsel sei bei einem Gespräch mit dem Geiger und Festival-Leiter Julian Rachlin entstanden, erzählt Traxl im Interview mit der APA. Auf die Frage, wovon er denn schon immer geträumt habe, habe er gestanden, dass es schön wäre, einmal eine Oper zu inszenieren. "Dann hat er gesagt: Mach's bei mir! Das Stück war schon ausgewählt. Ich habe es mir angeschaut und gedacht: Warum eigentlich nicht? Es ist kompakt, es ist kurz, es ist für ein Greenhorn wie mich zu stemmen. Es ist ein wunderbares Stück, um sich auszuprobieren."
Nur wenig habe er aus seiner Erfahrung als Gestalter von TV-Dokumentationen verwenden können: "Wie dort hat man verschiedene Gestaltungselemente, wie dort muss man das Team motivieren können. Ansonsten ist es ganz anderes, weil du ja entlang der Musik arbeiten musst und alles aus ihr und dem Text entwickeln musst. Die Musik ist große Stütze, aber auch ein Korsett." Dirigent Enrico Onofri sei jedoch "ein Supertyp, der alles mitmacht, der szenisch dirigiert". Für den Haydnsaal, der eigentlich ein Konzertsaal ist, habe man "mit relativ bescheidenen Mitteln eine sehr gute und praktikable Lösung gefunden", inklusive Verwandlung zwischen dem ersten und zweiten Akt.
Und was war für ihn das überraschendste in dem neuen Metier? "Es war für mich erstaunlich, wie gut vorbereitet die Künstler, vor allem die Sängerinnen und Sänger waren. Und es ist beglückend zu sehen, wie so eine Arbeit in ganz kleinen Schritten zusammenwächst und vorankommt."
Das Libretto von "Der Apotheker" beruht auf einer Goldoni-Vorlage. Worum geht's? "Im Grunde geht es um eine komische Geschichte, in der drei Männer um eine Frau buhlen. Einer ist Apotheker, der ein Mündel hat. Als das Mädchen erwachsen wird, denkt er sich, er könnte es zur Frau nehmen. Dann gibt es einen eitlen Geck, der will sie auch haben und ist vollkommen überzeugt, dass sie zu ihm gehört. Der Dritte ist der Apothekergehilfe, der ist zwar ein Tölpel und Tollpatsch, aber den sucht sie sich aus. Eigentlich zieht sie die Fäden. Es ist ein Stück über eine starke junge Frau und die Tollpatschigkeit der Männer - mit einem Text, der durchaus anzüglich und frech ist, ganz im Stile der Commedia dell'Arte. Es ist schön, dass das Stück die Sorgen und Sehnsüchte der bürgerlichen Welt, der einfachen Menschen verhandelt."
Geht es Traxl bei seinem Opernregiedebüt vorwiegend darum, zu überleben und sich nicht zu blamieren, oder setzt er auch eigene inszenatorische Akzente? "Das hoffe ich durchaus. Ich habe sogar eine zusätzliche Figur für einen Schauspieler erfunden: Thomas Kamper spielt Haydn persönlich. Wir müssen nämlich mit der Situation umgehen, dass der dritte Teil ein Fragment ist: Dafür habe ich mir etwas einfallen lassen, schließlich lautet das heurige Festival-Thema ja 'Metamorphosen': Wir sind in einer Apotheke. Haydn kommt und erschafft erst die Figuren. Auch, was das Finale betrifft, hab' ich mir was einfallen lassen. Mein Anspruch ist schon, die Leute zu unterhalten. Und das Ensemble ist ganz toll!" Einziger Wermutstropfen: Es gibt bloß eine einzige Aufführung. "Wir versuchen aber, weitere Partner zu finden, wo das Stück gezeigt werden kann. Und es besteht auch die Idee, die Aufführung filmisch zu dokumentieren."
(S E R V I C E - Joseph Haydn: "Lo Speziale - Der Apotheker", Regie: Martin Traxl, Bühne: Martin Zlabinger, Kostüme: Angelika Pichler, Dirigent: Enrico Onofri, Mit der Haydn Philharmonie und Francesca Aspromonte - Grilletta, Roberta Mameli - Volpino, Anicio Zorzi Giustiniani - Sempronio, Pavel Kolgatin - Mengone, Thomas Kamper - Joseph Haydn; Herbstgold Festival, Haydnsaal, Eisenstadt, Aufführung am 18.9., 19.30 Uhr. Karten: 02682 / 65 0 65, www.herbstgold.at)
Zusammenfassung
- ORF-Kulturchef Martin Traxl gibt beim heute beginnenden "Herbstgold"-Festival in Eisenstadt sein Debüt als Opernregisseur. Er inszeniert Joseph Haydns "Der Apotheker" im Haydnsaal von Schloss Esterhazy und versichert: "Es ist nicht halb-szenisch. Es ist eine vollwertige Aufführung." Premiere ist am Samstag. Und Traxl absolviert derzeit 14-Stunden-Tage. "Die Arbeit hat etwas sehr Beglückendes und Erfüllendes, aber es ist echte Knochenarbeit."