"Operation White Christmas": Filmdreh mit Hindernissen
Obwohl "Operation White Christmas" sein Kinodebütfilm ist, ist Flo Lackner schon lange in der Kärntner Filmszene unterwegs. Seine ersten filmischen Versuche startete der heute 40-jährige Klagenfurter bereits mit sieben Jahren, als Teenager bekam er um teures Geld seinen ersten eigenen Camcorder. Das führte aber auch gleich zu einer Zäsur, denn mit 13 Jahren versenkte er die Kamera in einem selbst gebastelten, aber dann doch nicht wasserfesten Behältnis im Hallenbad. "Nachdem einige Tausend Schillinge einer Art Seebestattung erlagen, meinten meine Eltern, dass es in nächster Zeit erstmal keine neue Kamera gebe", so Lackner schmunzelnd im Interview. Gott sei Dank stand dann aber ein familiäres Großereignis an, das für die Nachwelt filmisch erhalten werden sollte. Dafür spendierten die Großeltern eine Kamera, so dass Flo Lackner weiterdrehen konnte.
In den 2000er-Jahren drehte der Kärntner mit seinen Freunden immer länger und aufwendiger werdende Actionfilme. Anregungen dazu holte er sich unter anderem in Videotheken, die er heute noch als Hort der Filmkultur betrachtet. Streamingdiensten kann er nicht viel abgewinnen, ihm geht es um die soziale Interaktion mit anderen Filmfans, die in Videotheken stattfinde. Außerdem: "Mein Cousin hat eine der letzten Videotheken in Österreich." Es ist also nicht verwunderlich, dass die Videothek auch eine wichtige Rolle in seinem Weihnachtsfilm spielt.
2013 schloss Lackner mit seinem Indiestreifen "Planet USA" die Filmschule Wien ab. Die Satire auf die damalige US-Politik war auch eine Hommage an US-Filmemacher Michael Bay (u.a. "Armageddon", "Transformers"). Die Tagline lautete "Der größte Actionfilm aller Zeiten - Das kleinste Action-Budget aller Zeiten". Zu sehen gab es Panzer, Blackhawk-Hubschrauber, das Einsatzkommando der Cobra in Aktion und sogar eine Landung auf dem Mond. Um dem Film den letzten Actionschliff zu geben, konnte er bekannte deutsche Synchronsprecher wie Charles Rettinghaus (Jamie Foxx, Jean-Claude Van Damme) , Wolfgang Bahro (Steve Buscemi) oder Santiago Ziesmer (Spongebob Schwammkopf) gewinnen, den doch großteils Amateurschauspielern ihre markanten Stimmen zu leihen. Doch trotz all der Mühen war "Planet USA" kein nachwirkender Erfolg beschienen. Da war Lackner aber bereits voll im Berufsleben als Cutter und Auftragsregisseur.
Gegen Ende 2015 verdichteten sich die ersten Ideen für "Operation White Christmas". Flo Lackner outet sich dabei als großer Fan des Weihnachtsfestes. Bereits in der Kindheit sei das so gewesen, erzählte der zweifache Familienvater. Während seine Freunde im Sommer baden gingen, hörte er schon Weihnachtsmusikkassetten, um die Vorfreude auf das Fest kontinuierlich aufzubauen.
Schön langsam entwickelte sich der Plot, in dem ein Türke, eine Hackerin asiatischen Ursprungs und ein Neonazi gemeinsam weiße Weihnachten retten, in dem sie einen Staatsbesuch in Klagenfurt verhindern. "Die Grundidee war einfach, dass ziemlich starke Gegensätze zusammenarbeiten müssen. Das war auch eine der Schwierigkeiten: Wie bringt man sie zusammen und löst das auf, das jemand wie ein Neonazi niemals ein Held sein darf? Das ist eine schmale Gratwanderung." Mit dem Stoff ging Lackner dann zur Mona Filmproduktion, für die er immer wieder an anderen Projekten arbeitete.
"Operation White Christmas" lief dann als Werkstattprojekt. Solche Filme sollen den Nachwuchs fördern und haben ein niedriges Budget, im Falle von Lackners Weihnachtsactionfilm gerade mal rund 1,4 Millionen Euro. Für das Projekt konnte der Kärntner zahlreiche Leute aus "Planet USA"-Zeiten wieder gewinnen, wie Tim Seyfi ("Kebab mit Alles!"), Charles Rettinghaus und auch Santiago Ziesmer. Neu hinzu kamen Rauand Taleb ("4 Blocks") als türkischer Videothekenbesitzer und Yvonne Yung Hee Borman als koreanische Hackerin.
"Das Casting habe eigentlich ich gemacht - und die Mona Film hat allem zugestimmt. Irgendwann war aber mal der Punkt da, da haben sie gesagt: 'Da sind jetzt aber fast nur Deutsche im Film. Wir brauchen jetzt ein paar Österreicher.'" Und so kamen dann eben Andreas Vitasek, Petra Morzé und Roland Düringer dazu.
Düringer sollte im Film einen psychopathischen "Problemlöser" aus dem Darknet spielen. "Der hat am Sonntag das Drehbuch bekommen - und am Montag kam die einzige Bedingung, dass er es nicht auf Hochdeutsch spielen will. Und da habe ich gesagt: 'Amen und Danke vielmals!'", so Lackner. Über den Kabarettisten schwärmte er abschließend: "Ich finde auch, dass man den Roland so noch nie gesehen hat wie in diesem Film. Ich glaube, er hat das auch sehr genossen."
Doch die Produktion stand unter keinem guten Stern. Der Dreh fiel nämlich in den Coronalockdown. "Wir sind regelmäßig getestet worden", seufzte Lackner auf. "Zum Glück haben wir keinen einzigen Coronafall gehabt, obwohl wir am Ende des Tages dann insgesamt bis zu 500 Leute am Set waren."
Etwas Gutes hatte die Lockdownsituation dann aber überraschenderweise doch. "Du hast in Klagenfurt Sachen machen können, die du sonst nicht machen kannst", erzählte der Regisseur. "Die Stadt war quasi wie eine Studiosituation, die war leer." Und obwohl es wegen des Lockdowns keinen Weihnachtsmarkt gab, wurden von der Stadt extra 14 Hütten für den Dreh aufgebaut. "Ich war der Einzige zu der Zeit, der Weihnachtsmarktbilder gehabt hat."
Doch der Lockdown war nicht das einzige Hindernis. Auch der Krieg in der Ukraine sorgte für Verzögerungen. Ursprünglich sollte nämlich ein fiktiver russischer Präsident im Film Klagenfurt besuchen. Mit dem Start der russischen Invasion musste man das ändern. "Da habe ich mir Länder suchen müssen, in denen ebenfalls Russisch gesprochen wird. Und bei Kasachstan habe ich mir gedacht, dass das eigentlich ganz witzig klingen könnte." Die Szenen, in denen Russisch gesprochen wurde, mussten also nicht mehr nachgedreht werden. Trotzdem musste er noch mit Schauspielern ins Synchronstudio, um in deutschen Textpassagen das Wort "russisch" auf "kasachisch" umzuändern.
Nun, da der Film endlich ins Kino kommt, kann Flo Lackner sich aber nicht zurücklehnen und ausruhen. Neben den erwähnten Dokumentarfilmen arbeitet er zurzeit auch an einem Imagefilm für das Einsatzkommando der Cobra. Auch möchte er ein umfangreiches Making-of von "Operation White Christmas" gestalten. Was danach kommt, ist noch ungewiss. "Vielleicht Horror", so Lackner. Aber im Gegensatz zu seinen bisherigen Parodien könnte es diesmal ein ernst gemeinter Horrorfilm werden.
(Das Gespräch führte Rodja Pavlik/APA)
Zusammenfassung
- Zurzeit arbeitet er an Dokumentationen anlässlich des 60-jährigen Firmenjubiläums der österreichischen Lisa Film 2024.
- Im Rahmen der Dreharbeiten traf sich der Regisseur mit der APA in Wien, wo er über sein Kinodebüt "Operation White Christmas", Videotheken, Weihnachten und Drehs in Zeiten von Corona sprach.
- Neben den erwähnten Dokumentarfilmen arbeitet er zurzeit auch an einem Imagefilm für das Einsatzkommando der Cobra.