Schul-Raumnot in Wien
Familiennachzug-Stopp: Schulen sehen Problem nicht gelöst
Am Mittwoch hatte sich die Bundesregierung formal auf einen Stopp beim Familiennachzug von Flüchtlingen verständigt, wie im Pressefoyer nach dem Ministerrat erklärt wurde. Nun soll ein entsprechender gesetzlicher Rahmen erarbeitet werden.
Juristisch ist der Stopp allerdings heikel. Prinzipiell dürfen Schutzberechtigte ihre Familienmitglieder in das Land holen, das ihnen Schutz gewährt. Die Regierung müsse daher auf eine EU-Notfallklausel zurückgreifen. Dabei müsste allerdings eine Notlage, die die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit in Österreich gefährdet, nachgewiesen werden.
Karner sieht System überlastet
In der "ZIB2" argumentierte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Mittwochabend, dass jene Umstände erfüllt seien. Man habe gesehen, "wie Schulen in Wien überlastet waren und die Bandenkriminalität stieg", sagte er. Das "System ist überlastet", meinte er.
Gleichzeitig ist der Familiennachzug aktuell kein brennendes Thema mehr. Nur 60 Menschen kamen durch die Familienzusammenführung im Februar nach Österreich. Im März werden es wohl 3o bis 40 sein, erklärte Karner.
Schulraumsituation durch Stopp nicht gelöst
Auch in den ohnehin schon überlasteten Schulen Wiens, würde der Stopp des Familiennachzugs die Situation kaum ändern. Ein Stopp würde die Schulraumsituation nur "kurzfristig entlasten", hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA.
Weil Wien weiter wachse, brauche man auch weiter zusätzliche Klassen. So würden auch Maßnahmen - wie der Plan Wiens, in Regionen mit mehr als 25 Schülern pro Klasse die Klassengrößen zu reduzieren, oder die Genehmigung eines freiwilligen 11. und 12. Schuljahrs für Jugendliche mit Behinderung - dazu führen, dass mehr Schulplätze benötigt werden.
Zuwachs in Wiener Schulen heuer bei vier Prozent
Auch unabhängig vom Familiennachzug ist die Zahl der Pflichtschüler (v.a. Volks- und Mittelschulen) in Wien in den vergangenen Jahren stärker gestiegen als davor, von 2021/22 auf 2022/23 waren es fast plus fünf Prozent, in den beiden folgenden Jahren je knapp vier Prozent. Zwischen 2015 und 2024 sind in der wachsenden Stadt insgesamt über 25.000 Pflichtschüler dazugekommen. Um den Bedarf zu decken, wurden laut Bildungsdirektion 1.200 neue Schulklassen geschaffen.
Wegen internationaler Krisen wie der Flüchtlingsbewegung oder dem Ukraine-Krieg und politischen Entscheidungen wie der Einrichtung separater Deutschförderklassen mussten laut Bildungsdirektion allerdings noch mehr zusätzliche Klassenräume geschaffen werden, damit Kinder und Jugendliche wohnortnah einen Schulplatz bekommen und die Klassen nicht zu groß werden.
Das Potenzial an freien Plätzen sei "bereits erschöpft oder weiterhin begrenzt", deshalb wurden zuletzt eben Mobilklassen - vulgo Container - aufgestellt. Diese seien keinesfalls "unnötigerweise errichtet" worden, betonte die Bildungsdirektion mit Verweis auf Medienberichte über teilweise kaum ausgelastete Container-Standorte.
Wie bei neuen Schulstandorten seien die Mobilklassen nämlich "aufsteigend" konzipiert und würden nicht vollständig belegt, damit jedes Schuljahr ein neuer Jahrgang aufgenommen werden kann. Nach vier Jahren sind sie dann voll ausgelastet.
Über den Familiennachzug aus Syrien kamen zuletzt Tausende zusätzliche Schülerinnen und Schüler an Wiens Pflichtschulen, viele ohne Schulerfahrung. Im Schuljahr 2022/23 waren es rund 1.300, 2023/24 rund 3.200 und 2024/25 bis Februar 2.300.
Video: Was die Menschen über Familiennachzug-Stopp denken
Zusammenfassung
- Punkto Raumnot an Wiens Schulen brächte ein Stopp des Familiennachzugs nur vorübergehende Entlastung, berichtet die Bildungsdirektion.
- Die türkis-rot-pinke Bundesregierung verspricht sich vom Stopp allerdings eine Verbesserung der Schulraumsituation, wie Innenminister Karner erklärte.
- Man habe gesehen, "wie Schulen in Wien überlastet waren und die Bandenkriminalität stieg", sagte er.
- Gleichzeitig ist der Familiennachzug aktuell kein brennendes Thema mehr. Nur 60 Menschen kamen durch die Familienzusammenführung im Februar nach Österreich. Im März werden es wohl 3o bis 40 sein, erklärte Karner.
- Auch unabhängig vom Familiennachzug ist die Zahl der Pflichtschüler (v.a. Volks- und Mittelschulen) in Wien in den vergangenen Jahren stärker gestiegen als davor.