Nova Rock: Psychedelic-Rock und Techno
Für Bilderbuch war es der erste Gig seit acht Monaten. Eingerostet war das Quartett, das live von zwei Mitmusikern unterstützt wurde, aber keineswegs. Gleich zu Beginn setzte es zwei neue, weit ins Psychedelic-Rock-Feld abwandernde Songs, die soundtechnisch gleich einige Pfähle einschlugen: druckvolles Drumming, harte, dabei nie gefühllose Gitarren und ein Frontman, der sein blau-rotes Outfit mit viel Style trug - und natürlich auch ablegte. Nackte Haut gehört hier schließlich dazu!
Das Set selbst war, festivaltechnisch durchaus klug gewählt, als Best-of angelegt. Somit gab es den heftigen "Plansch" ebenso wie "Spliff", bei dem Gitarrist Michael "Mizzy" Krammer zum Weltsolo ansetzte. Vom jüngsten Output "Gelb ist das Feld" wurde unter anderem "Schwarzes Karma" serviert, während das unweigerlich in die Ohrgänge wandernde "Frisbeee" Kopf wie Beine bediente. Noch Wünsche offen? Klar! Ohne "Maschin" geht hier niemand nach Haus. Selbst wenn die Menge vor der Bühne nicht die größte an diesem Abend war, so ließ die Darbietung von Bilderbuch nichts zu wünschen übrig.
War es für die heimische Band ein Debüt am Nova Rock, so konnte die deutsche Technolegende Scooter bereits ihre zweite Festivaldarbietung vorlegen. "Ich weiß noch, beim ersten Mal war ich tierisch aufgeregt, weil ich nicht wusste, wie das Publikum reagiert, wenn du bei einem Rockfestival bist", meinte Aushängeschild H.P. Baxxter gegenüber der APA - Austria Presse Agentur. "Ein anderes Genre, und dann kommen wir an. Aber das hat damals super funktioniert, das war richtig toll! Das habe ich in sehr guter Erinnerung. Ich freue mich richtig, dass wir heute wieder da sind."
Beats, Selbstvergessenheit, Energie - das klappt auf den Festivals scheinbar immer. Das hatten kurz zuvor auch seine Landsleute Electric Callboy bewiesen, die es sich irgendwo zwischen Metal, Schlager und Disney-Soundtrack gemütlich gemacht haben.
Ebenso kurzweilig wie wettertechnisch wechselhaft lief am Nachmittag der Gig von Papa Roach ab: Die US-Rockband um Jaboby Shaddix sorgte nicht nur für viel Bewegung vor der Blue Stage, sondern bekam neben einem malerischen Sonnenuntergang auch den einzig heftigen Regenguss des dritten Tages ab. Ein Problem für die Gruppe (oder das Publikum)? Keineswegs, sie zogen ihre Show konsequent durch, sehr zur Freude der Menge, die sich keinen Song entgehen ließ.
Die Band, die vor rund 20 Jahren mit dem Album "Infest" ihren Durchbruch feierte, ist immer noch ein Garant für gute Stimmung und viel Action vor der Bühne. Hier zeigte sich auch, wie eine Festivalcrowd am effektivsten zu bespielen ist: Mit viel Feuer, Animation und reichlich Hits. Die stammen zwar mitunter aus eigener Feder ("Between Angels and Insects" hat nichts an Durchschlagskraft verloren), aber ein paar Covers oder Aufhübschungen schaden nicht, oder? So gab es Eminem, Ramones oder Dr. Dre zu hören - ob man es realisierte oder nicht, gefallen hat es allemal.
Die Entspanntheit in Person war wiederum Andrew Stockdale. Der Kreativkopf der australischen Rockband Wolfmother setzte auf ein einfaches Mittel, um sich vor dem Auftritt im Burgenland runterzuholen. "Ich ziehe meine Schuhe aus und laufe im Gras herum. Das hilft dir, auf den Boden zu kommen und all die negative Energie loszuwerden." Seinen Fans hilft wohl die Musik des Wuschelkopfs, der Hardrock der alten Schule und mit reichlich Blues im Unterfutter spielt. Letztlich zählt einfach die Verbundenheit zur Natur, so Stockdale zur APA. "Gitarren sind ja schließlich auch aus Holz, oder?" Stimmt.
Nach einer fulminanten Show im Mai in der Wiener Arena spielten Feine Sahne Fischfilet auf der Blue Stage ihre erste Festivalshow in diesem Jahr. Die Polit-Punkrocker aus Mecklenburg-Vorpommern hatten noch die Sonne, ein begeistertes Publikum und mitreißende Songs auf ihrer Seite. Sänger Jan "Monchi" Gorkow war von der Reaktion der Menge sichtlich angetan. Alte Gassenhauer wie "Zurück in unserer Stadt" begeisterten ebenso wie neues Material vom aktuellen Album "Alles glänzt".
Und man könnte meinen, er hat all jenen, die sich über die Umstände eines Rockfestivals monieren, ins Stammbuch geschrieben: "Scheißegal, wir haben gelebt" (aus dem Song "Wenn's morgen vorbei ist").
Eine spannende Newcomerin hatte die Red Bull Stage anzubieten: Taylor Acorn, die vor nicht allzu langer Zeit von Country auf Pop/Punkrock umgesattelt hat und derzeit ihre ersten Konzerte in Europa absolviert. "Es war ein spannender Umstieg", sagte die in Pennsylvania geborene und in Nashville lebende Sängerin im APA-Interview. Ob sie sich auf einem Festival, wo sie noch kaum jemand kennt, wohl fühle? "Ach, ich lebe in ständigem Unbehagen", lachte die Amerikanerin. "Ich glaube, wenn man das nicht tut, lernt man nie dazu und entwickelt sich nicht weiter." Ihre Feuertaufe habe sie bereits überstanden: "Gestern bin ich in Tschechien direkt nach Slipknot aufgetreten. Da war ich sehr nervös. Aber es war eine unglaublich tolle Erfahrung."
Begonnen hatte der Festivaltag hart und heiß: Die Hardcoreband Lionheart ließ bei strahlendem Sonnenschein ihre Brecher auf die Fans los, während der britische Sänger Barns Courtney bluesigen Rock mit viel Animation verband. Da wechselten sogar einige Handys die Besitzer, damit der Musiker von der Bühne aus seine Videos matchen konnte - inklusive Passwort-Offenbarungseid. Für die Nova Rocker heißt es indes durchhalten: Am heutigen Samstag steht der Abschlusstag an, bei dem Die Ärzte, Nightwish und ein Falco-Tribute zu erleben sind. Das Festivalleben, es ist kein leichtes.
(S E R V I C E - www.novarock.at)
Zusammenfassung
- Der Sänger von Bilderbuch sorgte Freitagabend für gute Stimmung auf den Pannonia Fields, wo seine Band einen in jeder Hinsicht kunterbunten Festivaltag beschließen sollte.
- War es für die heimische Band ein Debüt am Nova Rock, so konnte die deutsche Technolegende Scooter bereits ihre zweite Festivaldarbietung vorlegen.
- Keineswegs, sie zogen ihre Show konsequent durch, sehr zur Freude der Menge, die sich keinen Song entgehen ließ.