APA/APA/Volksoper Wien/Barbara Pállfy

Musical "tick, tick ... BOOM!: Die Volksoper rockt!

Johnathan Larson wollte mit "Superbia" die Musical-Welt revolutionieren. Das Stück wurde nie produziert und aufgeführt. Seinen langen Leidensweg und seine Selbstzweifel verpackte der Amerikaner in die ursprüngliche One-Man-Show "tick, tick ... BOOM!". Das innovative Musical wurde später zu einem Dreipersonenstück adaptiert. Am Samstag feierte eine Neu-Inszenierung an der Wiener Volksoper Premiere. Dort, wo auch die Operette zu Hause ist, rockt es nun.

Das flotte Musiktheater wartet mit einem soliden Cast und einem gelungenen Bühnendesign auf. Jakob Semotan als ambitionierter Komponist und Dramatiker Jon, Juliette Khalil als seine Freundin Susan und Oliver Liebl als sein bester Freund Michael überzeugten mit ihrem Musical-Gesang zu rockiger Gitarre, Bass, Keyboard und recht dynamisch-lautem Schlagzeug. Dass Band und Ensemble das eine oder andere Mal nicht in der gleichen Spur unterwegs waren, minderte den Applaus zurecht nicht.

"Das Stück ist energisch, witzig, lebensbejahend und schnell", bringt es Regisseur Fréderic Buhr ganz gut auf den Punkt. Seine Darstellerriege verlässt nie die Bühne, ist ständig in Bewegung (ob im Einkaufswagerl rollend oder über eine Leiter kletternd) und baut spielerisch und fast so nebenbei das Setting permanent um. Pause(n) gibt es keine. "Eine wahre Tour de Force", meint Buhr und liegt nicht falsch. Das Bühnenbild wirkt einfach, ist aber von schönem Design und führt mit kleinen, originellen Ideen in die 90er-Jahre zurück. Das Kernstück stellt ein drehbarer Kiosk dar, der nach Bedarf als unterschiedliche Locations dient.

Semotan wirkte, nach dem Ablegen offensichtlicher Anfangsnervosität, souverän - sowohl als Sänger als auch Erzähler, selbst wenn die schauspielerische Leistung etwas hinter der stimmlichen lag. Es ist vermutlich nicht leicht, zwischen deutschen Mono- und Dialogen und englischen Texten zu switchen. Die Darbietung der Songs im US-Original verdient Anerkennung. Die gute Chemie zwischen den Protagonisten war spürbar; wenn alle drei gleichzeitig sangen, ging es, wie es in der Rock-Sprache heißt, ordentlich ab. Gut auch, dass man die Netflix-Verfilmung des Musicals mit Andrew Garfield nicht zu imitieren versucht hat.

Larson zählt zu den großen Innovatoren des Musicals. "tick, tick ... BOOM!" wurde im September 1990 Off-Broadway aufgeführt. Larson zeigte die Show als "rock monologue", zu dieser Zeit eine neue Form des Theaters. Seinen großen Durchbruch und Erfolg durfte er nicht genießen: Just am Premierentag seines gefeierten und mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Musicals "Rent" am Broadway starb er am 25. Jänner 1996 knapp vor seinem 36. Geburtstag. Die Volksoper betritt mit der Inszenierung seines posthum aufbereiteten Musicals, wie sie selbst betont, neue Pfade. Eine Prise Rock and Roll steht ihr jedenfalls gut - und schlussendlich ist "tick, tick ... BOOM!" immer noch ein Musical.

(S E R V I C E - "tick, tick ... BOOM!" an der Wiener Volksoper, Währinger Straße 78, 1090 Wien, musikalische Leitung: Christian Frank, Regie: Fréderic Buhr, Bühnenbild und Design: Agnes Hasun, mit Jakob Semotan, Juliette Khalil und Oliver Liebl; weitere Aufführungen am 8. November, 4. und 11. Dezember sowie 27. Februar; www.volksoper.at/produktion/tick-tick-boom-2023.de.html)

ribbon Zusammenfassung
  • Seinen langen Leidensweg und seine Selbstzweifel verpackte der Amerikaner in die ursprüngliche One-Man-Show "tick, tick …BOOM!".
  • "tick, tick …BOOM!" wurde im September 1990 Off-Broadway aufgeführt.
  • Larson zeigte die Show als "rock monologue", zu dieser Zeit eine neue Form des Theaters.
  • Eine Prise Rock and Roll steht ihr jedenfalls gut - und schlussendlich ist "tick, tick …BOOM!" immer noch ein Musical.