Moby verpasst seiner Vergangenheit neuen Sound
Bereits 2021 hat der Sänger, Gitarrist, DJ und Produzent auf dem Album"Reprise" eine Auswahl seiner Songs mit Orchester und illustren Gastsängern überarbeitet, inspiriert von einer Moby-Show mit der Los Angeles Philharmonic und Gospelchor. "Als jemand, der in der Punkrock-Welt groß geworden ist, hätte ich nie gedacht, irgendwann mit einem 120-köpfigen Orchester auf der Bühne zu stehen, um meine Lieder zu spielen", staunt Moby noch heute. Eine Mitarbeiterin des Labels Deutsche Grammophon habe ihn nach dem Konzert zu "Reprise" animiert. "Um ehrlich zu sein, habe ich das Album dann auf eine sehr traditionellen Weise umgesetzt. Es sollte traditionell orchestral klingen."
"Resound NYC" geht nun einen Schritt weiter: "Ich hatte völlige Freiheit, für jeden Song das passende Ensemble zusammenzustellen - anstelle eines 'one size fits all'-Orchesters. Es ging also darum, jedem einzelnen Song seine eigene orchestrale Soundqualität zu verpassen", erläutert der als Richard Melville Hall geborene Popstar. "Jeder Song hat orchestrale Elemente, aber ich habe diese zum Beispiel mit einem alten Mellotron oder einem alten Synthesizer kombiniert, um ein weniger traditionelles, aber zielgenau angepasstes Arrangement zu kreieren."
Corona stellte Moby vor zusätzliche Aufgaben, wie er via Zoom erzählt: "Während der Pandemie war es nicht nur unmöglich, sondern auch illegal, ein riesiges Orchester und einen Chor ins Studio zu holen. Also mussten wir alle Stimmen und Instrumente individuell aufnehmen. Neben dem kreativen Aspekt der Umsetzung gab es auch diesen apokalyptischen Pandemieaspekt, wie wir ihn nannten. Das war auch eine interessante Herausforderung."
Manche Lieder auf "Resound NYC" bieten viel Bombast, andere wirken fast fragil. Moby verweist in diesem Zusammenhang auf seinen ersten Besuch im Rodin-Museum vor vielen Jahren in Paris. "Ich wusste gar nichts von dieser Kunst. Angesichts der Skulpturen wurde mir dann bewusst: Ein wichtiger Teil des kreativen Prozesses ist das Weglassen." Daher galt es, bei zarten Songs wie "Helpless" und "Run On" zwar orchestrale Elemente einzubauen, aber sie nicht damit aufzublasen.
Veredelt werden die Tracks zusätzlich von den Gästen am Mikrofon. Auf "fremde Stimmen" zurückzugreifen, ist für Moby der eigenen Qualifikation geschuldet: "Mit acht, neun Jahren habe ich Beatles gehört und gedacht, wie toll es wäre, wie Paul McCartney zu singen. Ich wollte ein großartiger Sänger werden. Aber als ich dann mit Musik begonnen habe und in Bands war, wurde mir schnell bewusst, dass ich ein durchschnittlicher Sänger bin. Ich kann Punkrock-Songs ganz gut herausschreien und auch ganz gut Joy-Division-Coversongs singen, aber darüber hinaus habe ich keine große stimmliche Bandbreite."
Für "Resound NYC" hat Moby "eine Art Wunschliste" mit u.a. Gregory Porter und Ricky Wilson (Kaiser Chiefs) zusammengestellt, wie er sagt. "Es kam aber nicht nur auf die Gesangstechnik an, sondern auf die Fähigkeit, Emotionen zu transportieren." Letzteres gelingt Nicole Scherzinger und Marisha Wallace mit dem Song "In This World" meisterhaft. "Am Ende des Liedes erreichen ihre Stimmen eine unglaubliche Höhe. Am Ende waren sie richtig ermattet", so Moby. "Da habe ich mich richtig schuldig gefühlt, weil ich zwei der talentiertesten Sängerinnen auf diesem Planeten in die Erschöpfung treibe. Aber das Ergebnis ist erstaunlich."
Ein Highlight unter vielen ist auch "Run On" mit einem Duett von Soulsängerin Danielle Ponder mit ihrem Vater Elijah. "Ich habe sie in einem Social-Media-Post gemeinsam singen gesehen. Da wollte ich die beiden auf dem Album haben. Aber ihr Vater ist sehr alt, er leidet an Alzheimer und befindet sich im Spital. Also hat ihn Danielle mit ihrem Telefon a cappella aufgenommen. Sie kam damit ins Studio. Das war eine große technische Herausforderung", sagt Moby.
Die Lieder auf "Resound NYC" stammen ursprünglich aus den Jahren 1994 bis 2010. Mit den 90ern verbindet Moby ein spezielles Lebensgefühl: "Sie waren noch sehr unschuldig im Vergleich zu heute - Klimawandel war nur eine Idee, Russland entwickelte sich in Richtung westlicher Demokratie, China hatte demokratische Reformen, 9/11 und die Pandemie waren noch nicht passiert. Damals war alles viel optimistischer."
Kann der Mensch und Künstler Moby angesichts der Weltlage auch heute noch optimistisch in die Zukunft blicken? "Ich glaub ja. Es ist leicht, pessimistisch zu sein. Es ist aber auch leicht, optimistisch zu bleiben, man muss sich dazu allerdings ein wenig bemühen. In den vergangenen 1.000 Jahren gab es immer wieder Zeiten, in denen es für die Menschheit nicht gut aussah. Ich würde sagen, das Einzige, in dem Menschen besser sind als Probleme zu verursachen, ist diese Probleme zu bewältigen. Das gibt mir doch Optimismus."
Zusammenfassung
- Moby blickt zurück und gleichzeitig nach vorne: Für "Resound NYC", ab Freitag im Handel, interpretierte und instrumentierte er 15 Songs aus seiner Zeit in New York City neu.
- Allerdings ist das Album keine Verklärung, denn der 57-Jährige hat mit Orchester und Gaststimmen faszinierende alternative Arrangements geschaffen.
- Moby verweist in diesem Zusammenhang auf seinen ersten Besuch im Rodin-Museum vor vielen Jahren in Paris.
- Sie kam damit ins Studio.