Mahlers Zweite bei Osterfestspielen Salzburg bejubelt
Salonen und sein Orchester entfalteten von Beginn an ein fein gezeichnetes Klangbild von Gustav Mahlers Zweiter Symphonie. Der erste Satz, die "Totenfeier", eröffnete mit tiefen, wuchtigen Bassfiguren, deren Dramatik stellenweise an Wagners "Walküre"-Ouvertüre erinnerte. Der Dirigent durchleuchtete jede Schicht, machte selbst das Nebensächliche hörbar und scheute nicht vor markanten Effekten zurück. So klangen die Streicher wie eine marschierende Armee von Totengerippen, als sie mit den Bögen auf die Saiten schlugen. Danach trat Salonen erst einmal vom Pult – nicht, weil der eben absolvierte Höllenritt den erfahrenen Dirigenten so gefordert hätte, sondern weil Mahler das ausdrücklich verlangte. Mindestens fünf Minuten Pause, so Mahlers Anweisung. Ganz so lange wartete Salonen nicht.
Diese Werktreue bestimmte den gesamten Abend. Der zweite Satz erklang als gemächlicher Ländler, exakt wie von Mahler gefordert: "nie eilend" und "so leise wie möglich". Das Orchester ließ sich darauf ein, spielte zurückgenommen und dennoch raumfüllend, mit durchscheinender Klangfarbe und stilistischer Eleganz. Auch im dritten Satz, der auf dem Wunderhorn-Lied "Des Antonius von Padua Fischpredigt" basiert, zeigten sich diese Stärken. Altistin Jasmin White gestaltete ihre Partie mit großer Ruhe, rundem, tragendem Ton und einer beinahe meditativen Präsenz. Wie die Fische in der Predigt dem Heiligen mit offenen Mündern lauschten, so hing das Publikum an ihren Lippen. Umso stärker wirkte danach der Kontrast zu den eruptiven Ausbrüchen des Satzes, die Salonen ebenso klar zeichnete wie dessen ruhiges Ende.
Im Finale steigerte sich das Werk noch einmal zur musikalischen Verherrlichung. Sopranistin Julie Roset erhob sich aus dem Chor des Bayerischen Rundfunks, sang mit anmutiger Klarheit und feinem Strahl. Der Chor selbst überzeugte mit präziser Linienführung, ausgezeichneter Textverständlichkeit und homogener Klangbalance. Die beiden Solistinnen wirkten nicht als dramatische Gegenpole, sondern als Teil eines vokalen Gesamtkörpers – organische Verschmelzung statt Kontraste, so das Rezept.
Ein Abend für den Kopf, der das Herz nur streifte
Insgesamt blieb Esa-Pekka Salonen auch im größten Klangrausch dem Prinzip der Kontrolle treu. Wenn es laut wurde, dann mit voller Wucht, aber stets gezielt. Zwischen zurückhaltender Konzentration und strahlender Expansion fand Salonen genau die Balance. Und doch: Bei aller Meisterschaft, bei aller klanglichen Perfektion – ein wenig mehr Persönlichkeit oder gar Irritation hätte dieser Interpretation gutgetan. So blieb sie in Erinnerung als ein überwältigend schöner, hochkonzentrierter Abend, der den Kopf berührte, das Herz aber nur streifte. Das Publikum war dennoch begeistert. Am Ende: großer Jubel und viele Bravorufe. Verdient für ein Konzert von herausragender musikalischer Qualität.
(Von Larissa Schütz/APA)
(S E R V I C E - Das Konzert wird am 20. April wiederholt. www.osterfestspiele.at)
Zusammenfassung
- Esa-Pekka Salonen dirigierte das Finnish Radio Symphony Orchestra in Mahlers Zweiter Symphonie bei den Osterfestspielen Salzburg am Palmsonntag.
- Die Aufführung beeindruckte mit Detailarbeit und Dynamik, obwohl die emotionale Erschütterung fehlte, was das Publikum dennoch mit Jubel belohnte.
- Das Konzert wird am 20. April wiederholt, was den Zuhörern eine weitere Gelegenheit bietet, diese musikalische Darbietung zu erleben.