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Kosmos Theater mixt Penthesilea-Mythos und Kardashian-Clan

Das Leben ist ein Schaukampf. Zumindest wenn man Kardashian oder Jenner heißt und im Licht der TV-Scheinwerfer um die größtmögliche Aufmerksamkeit des Publikums buhlt. Auch Penthesilea und ihre Amazonen sind im Kampf erprobt, müssen sie dort doch ihre Männer rekrutieren. Und so steht im Wiener Kosmos Theater folgerichtig ein Boxring im Zentrum, wenn Thomas Köck und Mateja Meded in "Keeping up with the Penthesileas" zwei Mythen aufeinandertreffen lassen.

Das Programm dieses ungewöhnlichen Mash-ups, das am Dienstagabend in der Regie von Anna Marboe seine österreichische Erstaufführung feierte, findet sich im Untertitel: "From white feminism to neoliberal feminism", heißt es da, und die zweistündige Reise von einem Feminismus zum nächsten gerät ebenso turbulent wie kurzweilig, wenn Figuren wie "Kim Penthesilea", "Kris Otrera" oder "Khloe Prothoe" in den Ring steigen, um zu beweisen, dass es zur Emanzipation weder Männer braucht noch ein Gespür für die Grenzen des Geschmacks.

Eingepeitscht von Moderator Letterman (Martin Hemmer) geht es in mehreren Runden - oft auf Englisch - um verlorene Diamantohrringe, Haarverlängerungen oder den lukrativsten Werbevertrag. Besonders gelungen ist jene Szene, in der sich Kendall Jenner (Christoph Radakovits) für ihre missglückte Pepsi-Werbung rechtfertigen muss und nicht versteht, wo eigentlich das Problem liegt (nämlich in der Verharmlosung von Polizeigewalt gegenüber Schwarzen). Schließlich hätten ja alle Schwestern - "außer Kourtney, aber die ist ja vegan" - "Black Baby Daddies". Dennoch heißt es hier mitnichten "Black Lives Matter", sondern "Attractive Lives Matter". Wie hart das Leben als Reality-Star ist, versucht Edwarda Gurrola als Kim in Worte zu fassen: Anders als bei Schauspielern "müssen uns die Leute mögen wie wir sind". Nachsatz: "Und wir sind authentisch."

Die Übergänge zu Motiven aus Kleists "Penthesilea" sind fließend, die Amazonen sprechen dabei bevorzugt im Chor und stellen sich auch schon mal die Frage, was andere Göttinnen - "all diese out of nowhere warriors" - wie Beyoncé, Pink oder Cindy Crawford "zu starken, unabhängigen Godesses" macht. Eine Antwort finden sie dabei allerdings nicht. Viel wichtiger als die Frage, was die Amazonen und die Kardashians eint oder trennt, sind jene Überlegungen, wo Frauensolidarität endet und wie viel Pink-Washing der Feminismus verträgt.

Wo liegt die Grenze zwischen erfolgreichen Selfmade-Women und gnadenloser Ausbeutung der Followerschaft? Darf man über Mental Health reden und im selben Atemzug "Vagina Drops" verkaufen, damit die weiblichen Geschlechtsorgane "nicht mehr traurig" sein müssen? Am Ende wurden die Zuckerln vom Publikum jedenfalls freudig aufgefangen. Lang anhaltender Applaus für einen turbulenten Abend, der deutlich macht: Die Kämpfe gehen weiter.

(Von Sonja Harter/APA)

(S E R V I C E - "Keeping up with the Penthesileas" von Thomas Köck und Mateja Meded. Regie: Anna Marboe, Ausstattung: Mirjam Stängl. Mit Pilar Borower, Nina Fog, Edwarda Gurrola, Martin Hemmer, Hannah Joe Huberts, Isabella Knöll und Christoph Radakovits. Weitere Termine: 15., 16., 17., 21., 22., 23., 24., 28. und 29. Februar sowie am 1. und 2. März. www.kosmostheater.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Das Wiener Kosmos Theater feierte die österreichische Erstaufführung des Stücks 'Keeping up with the Penthesileas', inszeniert von Anna Marboe.
  • Die Aufführung verbindet den antiken Mythos der Penthesilea mit der modernen Welt des Kardashian-Clans und hinterfragt Feminismus und Reality-TV.
  • Weitere Vorstellungen des kritisch bejubelten Stücks finden zwischen dem 15. Februar und 2. März statt.