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Kollegen solidarisieren sich mit entlassener Marina Davydova

08. Dez. 2024 · Lesedauer 3 min

Drei prominente Vertreter des osteuropäischen Theaters haben sich in den vergangenen Tagen öffentlich mit der überraschend entlassenen Schauspielchefin der Salzburger Festspiele, Marina Davydova, solidarisiert: Der russische Starregisseur Kirill Serebrennikov, sein polnischer Kollege Krystian Lupa sowie der litauische Theaterdirektor Audronis Liuga übten in sozialen Netzwerken Kritik an der Kündigung der russischen Theaterkuratorin durch das Festspielkuratorium.

Diese Entscheidung habe ihn geschockt, und die Begründung des Festivals - "Vertragsbruch" - klinge für ihn nicht überzeugend", schrieb Serebrennikov am Mittwoch auf Instagram. Sollte Davydovas ehrenamtliche Tätigkeit für das kleine Berliner Festival Voices, das im Exil lebende Künstlerinnen und Künstler unterstütze, wirklich der Grund gewesen sein, dann erscheine ihm diese Entscheidung als überhastet und ungerecht. "Das wirft auch einen Schatten auf den Ruf eines geschätzten Festivals, für das ich 'Der Schneesturm' zur Aufführung vorbereite - maßgeblich dank Marina Davydova", erklärte der im deutschen Exil lebende Regisseur. Er illustrierte seine Veröffentlichung mit der offiziellen Ankündigung des auf einem Roman von Vladimir Sorokin basierenden Theaterstücks, das am 16. August 2025 in Salzburg Premiere feiern soll. Von einer etwaigen Absage dieser Festspielproduktion war in Serebrennikovs Veröffentlichung keine Rede.

"Ich habe mit Wut und Schrecken über die Details der Entlassung von Marina Davydova als Schauspielchefin der Salzburger Festspiele gelesen", kommentierte der polnische Theaterregisseur Krystian Lupa in einer mit Freitag datierten und am Samstag auf Facebook veröffentlichten Erklärung. Er charakterisierte gleichzeitig die Festspiele als ein kulturelles Event mit internationaler Reputation insbesondere in der Opernwelt sowie beeindruckender historischer Tradition, das nunmehr jedoch in einer "wohlverdienten Stagnation" verharre. Der Pole schrieb von der Vision Davydovas, ein sich langsam verknöcherndes Kulturphänomen wieder zu beleben. Dies dürfte jedoch alle jene mit Sorgen erfüllt haben, die mit einer "sicheren traditionellen Selbstzufriedenheit ohne Risken" einigermaßen glücklich gewesen seien. "Die Geschwindigkeit und die Methoden dieser bizarren Entlassung scheinen das anzudeuten. So agiert jemand mit Angst und ohne reines Bewusstsein", schrieb der Pole, der heuer selbst "Zauberberg" nach Thomas Mann in einer fünfeinhalbstündigen litauischen Fassung für die Festspiele inszeniert hatte.

Der Direktor des Jaunimo Teatras in Vilnius, Audronis Liuga, kritisierte am Mittwoch auf Facebook nicht nur die konkrete Personalentscheidung, sondern verriet auch Hintergründe. Die Entlassung sei das Resultat prinzipieller Differenzen von Davydova mit Festspielintendant Markus Hinterhäuser gewesen, schrieb er. Noch schockierender als die Kündigung selbst sei aber ihre Form gewesen - Hinterhäuser habe eine seiner Programmmacherinnen gefeuert, ohne mit ihr darüber zu sprechen. "Die ganze Prozedur dauerte 15 Minuten und fand vor einer Sitzung des Kuratoriums statt, bei der Davydova ihr Programm hätte vorstellen sollen. Was soll das sein außer eine demonstrative Abrechnung?", erläuterte Liuga, dessen Theater 2024 als Koproduzent von Lupas Inszenierung in Salzburg agiert hatte.

Zusammenfassung
  • Drei prominente Theatervertreter aus Osteuropa, darunter Kirill Serebrennikov und Krystian Lupa, kritisieren die überraschende Entlassung von Marina Davydova, der Schauspielchefin der Salzburger Festspiele.
  • Serebrennikov plant weiterhin die Premiere seines Stücks 'Der Schneesturm' am 16. August 2025 in Salzburg, trotz seiner Kritik an der Kündigung.
  • Audronis Liuga beschreibt die Entlassung als Ergebnis von Differenzen mit Festspielintendant Markus Hinterhäuser und kritisiert die 15-minütige Prozedur ohne vorherige Kommunikation.