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In Gottes Namen: Das Jüdische Museum nähert sich dem Großen

01. Apr. 2025 · Lesedauer 4 min

Wer ist Gott? Und wie riecht er? Diesen für die Menschheit so zentralen Fragen - zumindest was die erstere betrifft - geht das Jüdische Museum Wien in seiner neuen Ausstellung auf den Grund. Die Orientierung am Höchsten hat seine Berechtigung, stellt "G*tt. Die großen Fragen zwischen Himmel und Erde" doch die offizielle Jubiläumsschau zum 130-jährigen Bestehen der Institution dar. Darin nähert man sich den großen Dingen aus jüdischer Perspektive - anhand von sieben Fragen.

"Wie zeigt sich G*tt?", "Was macht G*tt?" oder "Wozu G*tt?" lauten die Kapitel, welche die Besuchenden durch die persönliche Gottessuche geleiten. Für das Kuratorenduo stellte sich dabei zunächst aber eine ganz andere Frage: "Wie geht man an ein Ausstellungsthema heran, das eigentlich nicht gezeigt und benannt werden kann - und dessen Namen man eigentlich nicht aussprechen darf?", verwies Domagoj Akrap auf die jüdische Tradition.

Gelöst hat man diese Problemstellung mit einer durchaus komplexen, umfassenden Ausstellung - und dem *, um Gott ein wenig unkenntlich zu machen. Da wäre etwa die scheinbar praktische Frage "Wo wohnt Gott?" Im Himmel? Im feingliedrigen Modell des zerstörten Tempels von Jerusalem aus dem barocken Hamburg, das in der Schau zu sehen ist? Oder hat er seine kleine Heimstatt im jeweiligen Gehirn der Gläubigen, wie es die Neurowissenschaft annimmt?

Wie riecht Gott?

Letztlich wirft die Schau Fragen auf, deren Antwort der Gast selbst finden muss. Dazu gehört auch "Wie erreicht man G*tt?". Vielleicht mittels Ekstase, Rauschmittel, was sich an Objekten wie einer Schnupftabakdose oder einem Gewürzturm zeigt. Und damit wäre auch die Frage beantwortet, wie Gott riecht: Nach Myrte, wenn man der jüdischen Mystik folgt. Dank eines kleinen Duftbehältnisses kann man einen kräftigen Zug Gott nehmen.

Dies ist ein Beispiel für die vielfältigen Zugangsweisen an das Thema in der Ausstellung. Diese reichen von der ehelichen Vereinigung mit Gott in Form eines symbolischen Ehevertrages zwischen dem jüdischen Volk und Gott über zahlreiche Judaica wie Toravorhang oder Schabbat-Leuchter bis hin zu zeitgenössischen Kunstwerken. Dazu zählt Anselm Kiefers "Merkaba - Die sieben Himmelspaläste" ebenso wie Belu-Simion Fainarus Hühnerei samt in Miniaturformat aufgemaltem Schöpfungsbericht. Und auch eine feministische Arbeit von Helene Aylon, die in einer Bibel die zahlreichen Stellen markiert hat, die als misogyn oder gewalttätig gelesen werden können, dient als Zugang zur Gott.

Ziegel als Symbol für den Baumeister

Bei aller spirituellen Orientierung ganz handfest präsentiert sich hingegen die Ausstellungsarchitektur, durchziehen doch Ziegelmauern die Räume, die auch als Sitzmöglichkeit dienen. Gott kann eben auch als Baumeister der Welt gelesen werden ... Und nachdem die Numerologie in der jüdischen Spiritualität eine große Rolle spielt, hat man sich auch bei der Kuratierung daran orientiert, wie Co-Kuratorin Daniela Schmid unterstrich. So finden sich in der Ausstellung 72 Objekte - in Anspielung auf die 72 Namen Gottes. Ein guter Teil der Exponate stammt dabei aus der hauseigenen Sammlung, was kein Zufall ist.

Literaturnobelpreisträger im Rahmenprogramm

"Diese Ausstellung ist nicht nur eine Ausstellung - sie steht für ganz viel", machte in diesem Zusammenhang Direktorin Barbara Staudinger deutlich. Zum einen sei man erst das zweite jüdische Museum der Welt, das sich des Themas annehme. Unter anderem feiert man damit das 130-jährige Bestehen des Hauses. Entsprechend umfangreich fällt auch das Rahmenprogramm aus, zu dem etwa am 22. Juli ein Gespräch mit dem Literaturnobelpreisträger Jon Fosse über sein Werk "A Shining" gehört. Die Suche nach Gott geht noch bis 5. Oktober weiter.

(S E R V I C E - "G*tt. Die großen Fragen zwischen Himmel und Erde" von 2. April bis 5. Oktober im Jüdischen Museum Wien, Wien 1, Dorotheergasse 11, www.jmw.at)

Zusammenfassung
  • Das Jüdische Museum Wien feiert sein 130-jähriges Bestehen mit der Ausstellung 'G*tt. Die großen Fragen zwischen Himmel und Erde', die vom 2. April bis 5. Oktober zu sehen ist.
  • Die Ausstellung stellt sieben zentrale Fragen über Gott und umfasst 72 Objekte, darunter zeitgenössische Kunstwerke und traditionelle Judaica.
  • Ein Highlight ist der Duft nach Myrte, der Gott symbolisiert, und ein Rahmenprogramm mit Literaturnobelpreisträger Jon Fosse begleitet die Schau.