Gmundner Keramikkunst auf 23 Präsentiertellern
"Das nächste Jahr ist für uns seit Projektstart ein Sonderjahr", erklärte Kuratorin Genoveva Rückert-Sommerauer der APA. Bisher gab es jedes Jahr etliche Artists in Residence, internationale Keramik-Künstlerinnen und -Künstler, die in der Gmundner Keramikmanufaktur arbeiteten und sich mit den Keramikern und den 25 Malerinnen und einem Maler austauschten. "Ein cooles Format, das nicht wenig Geld kostet, aber das ist es uns wert", meinte Prokurist Alexander Köck. "Wir lernen selber viel, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben den Ehrgeiz, zu zeigen, was wir können und werden kreativer." Die Keramikmanufaktur präsentiert sich im Kulturhauptstadtjahr von Grüngeflammt bis zur afrikanischen San-Edition.
2024 wird es keine Residencies der AoCG geben, sondern als assoziierte Projekte der Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 zwei Einzelausstellungen renommierter Künstler und zu Jahresbeginn die Schau "23 x Salzkammergut am Präsentierteller". Dafür gestalteten die Gmundner Malerinnen 23 einzigartige Teller, deren Ornamente oder Muster mit den 23 Gemeinden der Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024 in Verbindung stehen und aus der Sammlung des Landes Oberösterreich stammen. "Es ist klar, dass wir als Leitbetrieb der Region dabei sind", so Köck.
"Dann geht es weiter im April mit dem finnischen Künstler Kim Simonsson, der Feen oder auch Trolle, wie sie im finnisch-nordischen Kontext beheimatet sind, neu interpretiert hat", kündigte die Kuratorin seine mit einer grünen Faser beflockte Keramiken, 'moss people', an. Der ganze Ausstellungsraum des OÖLKG in der Keramik-Manufaktur werde zur Installation. Im September folgt mit "Skulpturen" des Österreichers Elmar Trenkwalder "ein Brückenschlag zwischen einer Ornamentik oder Motivik, durchaus renaissanceartig, der aber eben auch ins Phantastische geht, bis hin zum Asiatischen".
"Ohne die Manufaktur, ohne diese Firma gäbe es diesen Schwerpunkt nicht", streute Rückert der Gmundner Keramik und dem Eigentümer - seit 2018 Markus Friesacher - Rosen. "Es ist in Mitteleuropa wirklich fast einzigartig, dass es noch so eine Manufaktur gibt, die am ursprünglichen Standort produziert." Wie geht sich das aus? "Schwierig, weil der Handarbeitsteil 85 Prozent der Produktionskosten ausmacht", verdeutlichte Köck, der seit 2019 im Unternehmen ist. "Das geht nur über das Verständnis bei den Kunden für den Endpreis." Immerhin werde alles hier erzeugt, der am weitesten transportierte Rohstoff stamme aus dem Schwarzwald und auch verschickt würden 95 Prozent der Ware in Europa.
1492 wurde Keramik in Gmunden erstmals urkundlich erwähnt, im 17. Jahrhundert begann die künstlerische Gestaltung des Werkstoffes Ton, "da wurde das heutige grüngeflammte Geschirr noch getropft", erzählte Rückert. Weiter ging es mit den Gmundner Fayencen, der Familie Schleiß und der 1968 gegründeten Gruppe H des damaligen Besitzers Johannes Fürst von Hohenberg und Keramikkünstlerinnen und -künstler wie Gudrun Wittke-Baudisch und Franz Josef Altenburg. Vor der Übernahme Friesachers seien die Kreationen "künstlerisch abgeflacht". Das hat sich durch die Academy of Ceramics gedreht - Keramik ist auch "ein Herzensthema" von OÖLKG-Chef Alfred Weidinger - "von Tradition zu Trend, Grüngeflammt und Streublume sind die Basis, aber wir können mehr und zeigen das auch", führt der Oberösterreicher Köck etliche Kooperationen, die Regenbogen-, Afrika- und die in Workshops in der Kalahari gestaltete San-Edition an.
Ein neues "Kult-Objekt" ist die seit Mitte Dezember 2023 erhältliche Bong, die nach einer Meldung auf dem Satireportal "Die Tagespresse" im Sommer vom Kunstobjekt zum Serienprodukt wurde. "Wir sind ausverkauft", alle 600 Stück der ersten Tranche seien weg, würden bereits am Schwarzmarkt im Internet gehandelt, zu weit mehr als dem Kaufpreis von 120 Euro, staunte Köck. Es wird nachproduziert, noch im ersten Quartal 2024 sollten alle Bestellungen abgearbeitet sein. "Dinge, die beim Kunden ankommen, nicht zu machen, können wir uns nicht leisten", meinte der Prokurist, dass die Nachfrage nach der Satiremeldung so hoch war, dass man es einfach machen musste, auch wenn das Stück oft als Gag gesehen werde.
Rückert sieht auch international einen neuen Stellenwert für die Keramikkunst. "Unser Interesse ist es, die Geschichte aufzuarbeiten, das macht großteils unsere neue Sammlungsleiterin Veronika Schreck", so Rückert, die selbst an der Linzer Kunstuni auch Plastische Konzeption Keramik lehrt. Sie freut sich auf dieses Jahr, vor allem auch auf die Aufbereitung des Kunstprogramms und der 2022 recht flott, "ohne große Vorlaufzeit" gestarteten Residencies der Academy of Ceramics.
Köck ist zufrieden mit der Entwicklung bei Gmundner Keramik. Als Friesacher 2018 die Manufaktur übernahm, habe es keinen Lehrling gegeben, heute seien es wieder 16 im ganzen Haus. "Die Lehrlinge sind eine Bereicherung für den Betrieb", insgesamt arbeiten 110 Menschen bei Gmundner Keramik. Auch die Herstellung des weithin bekannten Grüngeflammten werde von vier Mitarbeiterinnen wieder an zwei Lehrlinge weitergegeben. Bis sie alle Muster beherrschen, dauere es immerhin drei bis vier Jahre. Die Diskussion um einen neuen Standort sei eingeschlafen, doch "es muss etwas passieren", denn die Gebäude am alten Standort seien nicht mehr zeitgemäß - Stichwort Isolierung und Heizkosten.
(S E R V I C E - "23 x Salzkammergut am Präsentierteller", 12.1. - 30.3., "Kim Simonsson" 19.4. - 31.8., "Elmar Trenkwalder: Skulpturen", 27.9. - 11.1. 2025, Ausstellungen der Academy of Ceramics Gmunden in der Gmundner Keramik, Keramikstraße 24, 4810 Gmunden, Mo bis Fr 10 - 17 Uhr, Sa 10 - 16 Uhr; http://www.aocg.at, http://www.gmundner.at)
Zusammenfassung
- Wenn man in Oberösterreich Gmundner sagt, denkt der Kopf Keramik dazu.
- Seit 2021 ist das Flammen der Keramik immaterielles Kulturerbe der Unesco, 2022 stieg die oberösterreichische Landes-Kultur GmbH (OÖLKG) mit der Academy of Ceramics Gmunden (AoCG) in den künstlerischen Diskurs ein.
- Die Keramikmanufaktur präsentiert sich im Kulturhauptstadtjahr von Grüngeflammt bis zur afrikanischen San-Edition.