Geräuschempfindlich mit lauter Gitarre: Sodl mit Albumdebüt
Dabei ist auf "Sheepman" auch ausreichend Platz für intime Momente. Das Album bietet Abwechslung, wie man es von einem Album erwarten sollte. Die Lieder selbst enthalten Überraschungen, wie es sich für klassisches Songwriting gehört, das nicht einer ausgelutschten Formel folgt. Das liege an ihrer Natur, so Sodl: "Ich mag durchaus Lieder, die einfach runterplätschern, aber auch sehr gerne solche, in denen ein Bruch enthalten ist, bei denen man nicht ganz weiß, was jetzt passiert."
Mit "I Am A Woman" gelang der von Radio FM4 entdeckten Künstlerin, die heuer beim Amadeus Austrian Music Award den FM4-Award entgegennehmen durfte, noch dazu ein Ohrwurm mit Grunge-Appeal. In Schubladen sollte man Sodl also nicht zu stecken versuchen. "Ich merke, dass die Musikbranche mit meiner Musik ein wenig überfordert ist. Weil man muss sich mindestens zwei meiner Lieder anhören, um zu verstehen, dass es weder das eine noch das andere Genre ist", erzählte die Sängerin, Songschreiberin und Gitarristin.
Sodl heißt eigentlich Anja Sodnikar. Ihren Spitznamen bekam sie in ihrer Jugend verpasst. "Gescheite Männer in der Musikindustrie sagen mir oft, Sodl sei kein guter Name, weil da denke man an Dialektmusik, er würde nicht zu meiner Musik passen. Ich soll mir was Cooleres überlegen. Aber ich heiße eben so. Und wer mich erst näher kennt, merkt, dass dieser Name gut zu mir passt", bleibt sie standhaft.
Aufgewachsen in einer musikalischen Familie im Salzkammergut, griff Sodl mit sieben Jahren zum Akkordeon. Mit 17 lernte sie sich selbst das E-Gitarrenspiel. Einen besonderen Anlass dafür gab es für die Jimi-Hendrix-Bewunderin, die den Saitenhexer als Aufnäher auf der Jacke trägt, nicht: "Wahrscheinlich habe ich irgendwas zu sagen gehabt, was mit meinem Akkordeon nicht möglich war."
Ein Kübel als Küche
Mittlerweile lebt Sodl in Wien. Im Proberaum, "einem schimmeligen Keller" im Bezirk Penzing, entstand mit ihrer Band das Album "Sheepman" - im Do-it-yourself-Verfahren über zwei Jahre. "Wir haben eigenhändig ein Studio hineingeklatscht", erinnerte sich die Künstlerin. "Es gibt dort ein Klo ohne Klobrille und eine Wasserleitung, wo ein Hahn direkt aus der Wand kommt. Wir haben einen Kübel daruntergestellt, das war unsere Küche. Dort haben wir tagelang gelebt, musiziert und nie warm gegessen, immer nur Weckerln aus dem Supermarkt. Man spürt beim Hören der Musik, dass alles sehr roh ist, dass die Lieder wirkliche Leute gemacht haben und nichts in einem anderen Raum mit Keyboard eingespielt und kein Computer verwendet wurde."
Ihre Herangehensweise lässt sich mit "organisch" zusammenfassen: "Ich habe generell den Ansatz, an Songs weniger hart zu arbeiten, sondern zu schauen, dass sie zu mir kommen", nickte Sodl. "Was eigentlich ein sehr unsicherer Ansatz ist, weil man kann das ja nicht steuern. Ich feile auch nicht lange an einem Text herum, entweder er trifft sofort den Punkt oder er muss noch reifen."
Sehnsucht nach Hütte im Wald
Schon als Kind habe sie Gedichte geschrieben, sagte Sodl, Lyrik spreche zu ihr. Entsprechend sind ihre Songtexte alles andere als flach und klischeehaft. Die Idee zum Lied "Father's Tears" ward geboren als Sodl, lernend auf den Stiegen zur Hauptbücherei sitzend, von Männern "nicht in Ruhe gelassen wurde", wie sie es ausdrückte. "Sie haben gepfiffen und sich zu mir gesetzt. Ich war frisch in der Stadt, kannte mich in Wien noch gar nicht aus - und diese Männer nahmen mir auch noch diesen kleinen Raum weg." "Don't disturb my silence, don't disturb my space", singt sie.
An einer anderen Stelle im Song heißt es: "Vienna is so fucking loud". "Ich bin einfach sehr geräuschempfindlich. Ich höre den Strom durch die Leitungen fließen, das ist mir schon zu viel", schmunzelte Sodl. "Ich bräuchte manchmal eine Hütte irgendwo im Wald, damit ich meine Ohren auslüften kann. Das geht in Wien halt nicht. Ich würde in der Hütte aber vermutlich keinen Tag überleben, weil ich kein Feuer hinbekommen würd'. Aber im Herzen bin ich auf jeden Fall am Traunsee. Die Stadt ist aufregend und hat viel für Musiker zu bieten, aber ich würde jetzt nicht sagen, ich finde mich hier megagut zurecht."
Zusammenfassung
- Das Debütalbum 'Sheepman' von Sodl vereint scheinbare Widersprüche wie zarte Folksongs und laute Rockgitarren zu einem harmonischen Ganzen.
- Sodl, die eigentlich Anja Sodnikar heißt, wurde mit dem FM4-Award beim Amadeus Austrian Music Award ausgezeichnet.
- Die Musik von Sodl entzieht sich einer klaren Genre-Zuordnung und erfordert das Anhören mehrerer Lieder, um verstanden zu werden.
- Das Album entstand über zwei Jahre in einem improvisierten Kellerstudio in Wien, was zu einem rohen und authentischen Klang führte.
- Sodl beschreibt sich selbst als geräuschempfindlich und sehnt sich manchmal nach der Ruhe einer Waldhütte, obwohl sie die Stadt Wien als aufregend für Musiker empfindet.