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Forsythe lädt das ImPulsTanz-Publikum im MAK zum Pendeln ein

Es ist definitiv eine angenehmere Art des Pendelns, als in der brütenden Sommerhitze im Stau zu stehen: Dank Choreografielegende William Forsythe kann das Publikum bei der ImPulsTanz-Eröffnung im Wiener MAK am Donnerstagabend durch die Räume gehen, schweben, tanzen - und eben auch pendeln. Eine der zentralen Arbeiten seiner Ausstellung "Choreographic Objects" umfasst nämlich Hunderte von der Decke hängende Pendel, durch die sich jeder seinen eigenen Weg bahnen kann.

Es ist die erste Kooperation zwischen dem Tanzfestival und dem Museum am Ring. ImPulsTanz zeige seit mittlerweile 40 Jahren, "was ein erweiterter Tanzbegriff sein kann", unterstrich MAK-Generaldirektorin Lilli Hollein bei der Presseführung. Gerade die vier Installationen von Forsythe würden perfekt in ihr Haus passen. "Sie alle sind Performerinnen und Performer", gab sie den Anwesenden, die sich durch den abwechslungsreichen Parcours wagten, mit. ImPulsTanz-Intendant Karl Regensburger sprach von "einem großen Moment für mich".

Einen Monat lang kann man nun unterschiedliche Formen der (kreativen) Bewegung selbst erkunden. Das aus 2013 stammende "Nowhere and Everywhere at the Same Time, Nr. 2" ist dabei das eindruckvollste, weil weiträumigste Beispiel: Ein weiter, leerer Raum wurde geschaffen, der mit drei Bänken zum Verweilen einlädt. Aber eigentlich wird er von unzähligen Fäden durchschnitten. An ihren Enden: Kleine, silberne Pendel. Immer wieder kommen sie in Bewegung, sei es durch die leise surrende Mechanik der Hängung oder eine versehntliche Berührung, wodurch das Durchschreiten der Fläche stets neu wirkt.

Eine ganz direkte Aufforderung ist wiederum "Attempt to walk without rhythm": Vier Absperrbänder markieren einen Bereich, in dem die zuvor genannte Anleitung ausgeführt werden darf und soll. Erinnert ein bisschen an den Sand-Walk der rebellischen Fremen aus Frank Herberts jüngst fürs Kino verfilmten Sci-Fi-Klassiker "Dune". Nur dass die mit ihrer unberechenbaren Gehweise vermeiden wollten, riesige Sandwürmer anzulocken. Diese Gefahr dürfte sich im MAK eher nicht einstellen, stattdessen lässt sich beobachten, wie andere Leute Forsythes Worte auslegen - und was einem selbst dazu einfällt.

Wem das zu frei ist, der fühlt sich womöglich bei "Putting one foot in front of the other" wohl, wofür der US-Künstler mehr als 30 klare Anweisungen auf dem Parkett anbringen ließ - etwa "opening the fingers", "jumping to one foot" oder "straightening the elbows", alles schön der Reihe nach. Die "City of Abstracts" wiederum ist eine optisch wie zeitlich verzerrte Videoübertragung dessen, was sich vor einer großen LED-Wand abspielt - man wähnt sich also im digitalen Spiegelkabinett, wodurch man als Gruppe zu einer gemeinsamen Choreografie heranwächst, ohne sich dessen zunächst wirklich bewusst zu sein.

Das 41. Wiener ImPulsTanz-Festival läuft bis 11. August und hält in dieser Zeit 51 Produktionen an 15 Spielstätten bereit. Nicht verzichten müssen Tanzbegeisterte natürlich auf das umfangreiche Workshop-Programm, das wie üblich heißt begehrt ist. Mehr als 250 Angebote gibt es heuer im Arsenal. Regensburger, der diesen Sommer 70 wird, denkt überdies bereits an die Zukunft des Festivals. So gebe es derzeit Gespräche mit der Stadt Wien und dem Bund zu einer ImPulsTanz-Stiftung, wie er dem "Kurier" verriet. "Ich denke, wir könnten Ende des Jahres so weit sein." Bis dahin gibt es jedenfalls noch viel zu entdecken.

(S E R V I C E - ImPulsTanz: William Forsythe, "Choreographic Objects", von 12. Juli bis 18. August im MAK - Museum für angewandte Kunst, Stubenring 5, 1010 Wien; www.impulstanz.com; www.mak.at)

ribbon Zusammenfassung
  • William Forsythe lädt das Publikum bei der ImPulsTanz-Eröffnung im Wiener MAK ein, durch seine 'Choreographic Objects' zu pendeln. Die Ausstellung umfasst Hunderte von der Decke hängende Pendel, durch die sich die Besucher bewegen können.
  • Das 41. Wiener ImPulsTanz-Festival läuft bis 11. August und bietet 51 Produktionen an 15 Spielstätten sowie über 250 Workshop-Angebote. ImPulsTanz-Intendant Karl Regensburger denkt bereits an die Zukunft des Festivals und eine mögliche Stiftung.
  • Eine der beeindruckendsten Installationen ist 'Nowhere and Everywhere at the Same Time, Nr. 2' aus dem Jahr 2013, die einen weiten, leeren Raum mit unzähligen Fäden und silbernen Pendeln schafft.