Electric Callboy lassen es auf neuem Album krachen
"Die haben das Gleiche gefühlt wie wir", lachte Sallach nach dem Gig im APA-Interview. Nach zwei Jahren, in denen coronabedingt für Moshpits und gemeinsames Springen kaum Platz war, merke man nun wieder die Lust am gemeinsamen Konzerterlebnis. Das unterstrich auch Kollege Ratajczak: "Normalerweise hast du eine größere Distanz zwischen Künstler und Zuschauer. Aber diese Zeit, in der nichts ging, hat uns in diesem Gefühl geeint. Für uns heißt das zu machen, was wir lieben - und für die Leute, genau das zu sehen." Und das sorge schon mal für "Gänsehaut und Pipi in den Augen", schmunzelte Sallach.
Einziger Nachteil für Electric Callboy aktuell: Kaum Zeit zum Durchschnaufen. Die Band hat sich in den vergangenen Monaten mit etlichen neuen Videos und digitalen Interaktionen mit ihren Fans über Wasser gehalten, feierte im Frühsommer dann große Erfolge mit der ersten Tour nach langer Zeit und lieferte in der Folge auch bei den diversen Festivals ab. Nun steht das neue Album in den Startlöchern, Zeit zu genießen bleibe da relativ wenig. Immerhin: Nachdem zuletzt ein Blick auf Zahlen das höchste der Gefühle war, gebe es nun wieder das direkte Aufeinandertreffen mit den Anhängern.
"Zwei Jahre lang haben wir von trockenen Zahlen gelebt", nickte Sallach. "Der Song wurde so und so oft geklickt, diese Tickets wurden verkauft. Zahlen, Zahlen, Zahlen. Zwischendurch liest du ein paar Kommentare, bist in deiner digitalen Bubble unterwegs. Aber das ist alles nichts zum Anfassen! Ab dem ersten Tourtag und vor allem ab den ersten großen Gigs in Deutschland lagen wir abends im Nightliner und dachten uns: Verdammt! Wir haben gemerkt, was diese Zahlen physisch ausmachen." Gleichzeitig müsse man sich bewusst sein, dass nicht alles eins zu eins umsetzbar ist. "Es war total krass zu sehen, ob das funktioniert", warf Ratajczak ein. "Du wirst schnell auch mal überrascht."
Knackige Tracks wie "Pump It" oder "We Got The Moves" machen es dem Sextett jedenfalls leicht, vor allem live abzuräumen. Electric Callboy halten sich nämlich nicht lange mit Umwegen auf, sondern kommen schnell zur Sache, was bedeutet: schräge Ideen, spektakuläre Breakdowns und eingängige Melodien. Nicht selten kokettiert die Gruppe dabei mit einer Ballermann-Ästhetik, so etwa im "Tekkno Train", versorgt ihre Songs aber mit genügend metallischer Härte, um ihre eigene Stellung nicht in Frage zu stellen. Oder man biegt bei "Hurrikan" gar zum Schlager ab. Trotzdem: "Tekkno" ist definitiv Futter für Headbanger, selbst wenn die Tanzschuhe geschnürt sein sollten.
Sich an Trends und Erwartungen orientieren wollen sich die Musiker jedenfalls nicht. "Wir müssen eher schauen, den Leuten unseren Schuh anzuziehen und die Dinge zu machen, auf die wir Bock haben", betonte Sallach. "Mit all der Intensität und dem Herzblut. Ich persönlich habe Ziele, die noch weit über alles, was wir bisher erreicht haben, hinausgehen - sonst wäre ich nicht hier." Das bedeute mittlerweile aber auch, dass die Band gewisse Dinge in andere Hände legen muss. "Wir haben immer alles selber gemacht. Aber jetzt ist es anders kaum möglich", so Ratajczak. Vom um sich versammelten Team zeigten sich die beiden Sänger jedenfalls überzeugt. "Du musst niemandem etwas sagen, die sagen eher uns was", lachte Sallach. "Also hast du ein weiches Kissen unterm Arsch, du kannst gar nicht fallen." Nachsatz: "So wie es gerade läuft, sind wir einfach nur glücklich." Am 14. April 2023 ist die Band im Wiener Gasometer zu erleben.
Zusammenfassung
- Electric Callboy spielen zwar keinen "Tekkno", sorgen aber definitiv für viel Bewegung bei ihren Fans.
- Insofern ist der Titel des neuen Albums der deutschen Metalcore-Band gut gewählt.
- Einziger Nachteil für Electric Callboy aktuell: Kaum Zeit zum Durchschnaufen.
- Nun steht das neue Album in den Startlöchern, Zeit zu genießen bleibe da relativ wenig.
- "Zwei Jahre lang haben wir von trockenen Zahlen gelebt", nickte Sallach.