Doku "Framing Britney Spears" bei Amazon: "Rettet Britney!"
Seit ihrer Ausstrahlung in den Vereinigten Staaten am 5. Februar hat diese Dokumentation eine enorme Sympathie für Britney Spears hervorgerufen. Justin Timberlake hat auf Instagram eine Entschuldigung veröffentlicht, in der er zugegeben hat, dass er "versagt" habe und er nicht länger von Sexismus profitieren wolle. Die Doku wirft kein gutes Licht auf den Sänger. Sie wirft ihm unter anderem vor, die Trennung von Spears genutzt zu haben, um seine Solokarriere anzuheizen. Die Fans von Spears beschuldigen ihn auch, seiner Ex-Freundin 2002 vorgeworfen zu haben, ihn zu betrügen, und dann für das Video zu seiner Single "Cry Me A River" bewusst eine Frau engagiert zu haben, die der blonden Sängerin verblüffend ähnlich sah.
Aber Spears berühmter Ex ist nicht wirklich der Hauptschurke in dieser Geschichte. Vielmehr kritisiert die Doku den scheußlichen Boulevardjournalismus der Neunzigerjahre und die frauenfeindliche Kultur, die es überhaupt erst ermöglichte, dass die Popsängerin ihre Autonomie verlor: Sie ist eine erfolgreiche 39-jährige Frau, die vom amerikanischen Gesetz her als unfähig angesehen wird, die Kontrolle über ihr eigenes Leben zu haben. Warum das so ist, dem versucht die Dokumentation nachzugehen. Ein weiblicher Fan sagt an einer Stelle: "Dies würde einem Mann in Amerika niemals passieren."
Anfang 2008 hatte das Leben von Britney Spears eine verzweifelte Wendung genommen. Ihre Ehe mit Kevin Federline war zu Ende gegangen. Sie hatte das Sorgerecht für ihre zwei Kinder verloren, und im Blitzlichtgewitter der Paparazzi hatte sie sich eine Glatze geschoren. In der Doku wird uns ein schockierender Clip aus demselben Jahr gezeigt, in dem ein Teilnehmer einer Spielshow gebeten wird, "etwas zu nennen, das Britney Spears verloren hat". Zu den richtigen Antworten auf einer riesigen Anzeigetafel gehören "ihr Ehemann", "ihre Haare" und "ihr Verstand".
Ihr Vater Jamie Spears (laut Film eine weitgehend abwesende Figur in ihrem Leben, bis es um Geld ging) ist seit damals, inzwischen dreizehn Jahren, für das Vermögen seiner Tochter verantwortlich. Sogenannte Konservatorien, die in erster Linie als letztes Mittel für ältere Menschen mit Demenz oder schwerer Krankheit eingesetzt werden, können kaum rückgängig gemacht werden. Inzwischen soll Spears mehrfach verlangt haben, dass jemand anderes als ihr Vater ihr gesetzlicher Vormund ist. Doch weder ihr Vater noch das Gericht haben diesem Wunsch bis jetzt entsprochen. Daraus entstand die #FreeBritney-Bewegung, eine Gruppe von leidenschaftlichen Fans, die Spears von ihren rechtlichen Verstrickungen "befreien" will und jedes Instagram-Posting der Sängerin auf versteckte Hilferufe analysiert.
Die 75-minütige Dokumentation unter der Regie von Samantha Stark führt uns durch die bescheidenen Anfänge der Künstlerin in Louisiana, ihre Tage als Teil des "Mickey Mouse Clubs" und schließlich zu ihrem ersten Plattenvertrag. Mit Hilfe von Fans, Freunden, Journalisten und vielem mehr bekommen wir ein gutes Verständnis dafür, wie Britney zu einem weiblichen Popphänomen im Zeitalter der Boybands aufsteigt und von klein auf objektiviert wird. Im Alter von nur zehn Jahren wird sie von einem älteren, grauhaarigen TV-Moderator gefragt, ob sie einen Freund hat. Wenn sie Nein sagt, bietet er sich freiwillig an. Aber die Doku beschönigt Spears nicht nur als Opfer. Sie war auch eine Frau, die wusste, welche Art von Shows sie veranstalten wollte, die sich wie eine verführerische Lolita vermarktete, die sich mit einer gelben Schlange auf der Bühne rekelte, die Dinge für sich selbst schuf.
Die "New York Times" kann nicht alle Gründe, warum Spears entmündigt wurde, vollständig aufdecken oder analysieren, aber durch Interviews und Archivmaterial veranschaulicht die Doku wirklich sehr gut das frauenfeindliche Medienklima, in dem es anscheinend zulässig war, eine junge Frau bei einer Pressekonferenz zu fragen, ob sie noch Jungfrau ist.
Letztendlich wirft der Film mehr Fragen auf, als er beantworten kann. An keiner Stelle hören wir von der Sängerin selbst, und das gibt natürlich zu denken. Im Abspann heißt es: "Die 'New York Times' hat versucht, Britney Spears direkt zu erreichen. Es ist unklar, ob sie die Anfragen erhalten hat." Dann meldete sich Britney Spears am 9. Februar selbst zu Wort und schrieb auf Instagram: "Vergesst nicht, egal was wir über das Leben einer Person zu wissen glauben, es ist nichts im Vergleich zu der tatsächlichen Person, die hinter der Linse lebt!!!!"
Am 30. März erschien dann ein neuer Beitrag auf Instagram. Spears habe nach Erscheinen der Doku "zwei Wochen lang" geweint, schrieb die Sängerin unter einem Video, in dem sie tanzt. "Ich habe die Dokumentation nicht gesehen", so Spears, "aber für das, was ich davon gesehen habe, schäme ich mich wegen des Lichts, in das ich darin gerückt werde."
Viele Nutzerinnen und Nutzer äußerten daraufhin Zweifel, ob das Posting tatsächlich von Spears stammt. Letztendlich trägt auch der Film selbst dazu bei, dass der Mythos Britney weiterhin angekurbelt wird. Viele Fans glauben ohnehin, dass sie ihre Probleme mit berühmten Songs wie "Overprotected ", "Pieces of Me" und "I'm a Slave 4U" schon immer lieber laut gesungen hat.
INFO: https://www.instagram.com/britneyspears/; https://www.instagram.com/justintimberlake/
Zusammenfassung
- Die "New York Times" hat einen heftig diskutierten Dokumentarfilm über Britney Spears produziert, der für allerlei Wirbel sorgt: "Framing Britney Spears".
- Denn er macht den Anschein, dass die entmündigte 39-jährige Sängerin durch die Vormundschaft ihres Vaters Jamie Spears bereits seit 13 Jahren ihres Vermögens beraubt wird.
- Anfang 2008 hatte das Leben von Britney Spears eine verzweifelte Wendung genommen.