Die "Azteken" im Weltmuseum Wien
In der Vorbereitung der Ausstellung sei es wichtig gewesen, "nicht aus der Perspektive Europas über die anderen zu sprechen, sondern gemeinsam mit Kollegen aus Mexiko ein Bild entstehen zu lassen, das auf neuesten Erkenntnissen beruht", erläuterte Weltmuseumsdirektor Christian Schicklgruber am Dienstag. Klar sei, dass die europäischen Eroberer damals von "Gier, Hass und Dummheit" getrieben wurden. Was diese Eigenschaften immer noch anrichten, "sehen wir jeden Tag in den Nachrichten", so Schicklgruber. In diesem Sinne sei es wichtig, die Folgen unseres Handelns zu betrachten und zu erkennen. "Genau hierin liegt eine grundlegende Verantwortung eines ethnografischen Museums. So gesehen ist die Ausstellung brandaktuell."
Konzipiert wurde die Schau vom Linden-Museum Stuttgart in Kooperation mit dem Nationaal Museum van Wereldculturen in den Niederlanden und dem Instituto Nacional de Antropologia e Historia in Mexiko. Das Wiener Herzstück - der "Penacho" - ist allerdings nicht in der Ausstellung im Erdgeschoß, sondern an seinem angestammten Platz im ersten Stock zu sehen. Erst kürzlich hat die Ehefrau des mexikanischen Präsidenten Andres Manuel Lopez Obrador bei einem Besuch bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen um eine Leihgabe der Federkrone gebeten, die nun vom Kulturministerium geprüft werden soll. Allerdings sind die Aussichten aus konservatorischen Gründen gering.
Aber auch ohne den direkten Blick auf den berühmten Federschmuck weiß die Schau, die sich in sechs Module gliedert, zu beeindrucken. Vor allem, weil die Kolonialgeschichte am Beginn steht. So nennt sich der erste Raum "Die Azteken: 500 Jahre nach der Invasion": Hier zeichnen die Kuratoren das Eindringen des Spaniers Hernan Cortes und seiner Truppen in das aztekische Reich nach, das 1521 mit dem Untergang des Imperiums endete. So sind auf einer zentralen Leinwand Bilder des heutigen Mexico City zu sehen, Objekte aus der Hofjagd- und Rüstkammer des KHM demonstrieren symbolisch die kriegerische Übermacht der Europäer.
Mit "Gesellschaft: Alltag und heilige Natur" spürt man der multiethnischen Zusammensetzung des Reichs von damals nach (die den Besatzern in die Hände spielte) und zeigt etwa Keramiken, Werkzeuge und einen Überblick über für die Bewohner wichtige Pflanzen wie Mais, Kakao oder Chili.
Auch das kriegerische Wirken der Azteken, das Prinzip von Eroberung und Tribut oder das Luxusleben der Eliten werden beleuchtet, bevor es von der "Peripherie" ins "Zentrum des Universums" - den Templo Mayor - geht. Hier stehen die Rituale und Opfergaben im Fokus, wie etwa "personifizierte Opfermesser" oder Schädelmasken aus echten Totenköpfen, die wohl zu den gruseligsten Objekten der Schau zählen.
Am Ende des Parcours steht die "Erschaffung der Welt", die eng mit dem Sonnenaufgang zusammenhängt. So findet sich hier etwa eine Statue des Sonnengotts Tonatiuh, der die Sonnenscheibe auf seinem Rücken trägt oder ein reich verzierter Sonnenstein. Ein Bild, das Schicklgruber auf die aktuelle Situation umlegte. Nach dem Ausbleiben der Besucher während der Coronakrise erhofft er sich mit der Schau nun regen Besucherzustrom: "Das ist unser Lichtstreifen am Horizont, der das düstere Bild unserer budgetären Lage erhellt. Auch die Azteken haben durch Opfer die Sonne immer wieder aufgehen lassen."
Um neue Besucher anzulocken, gibt es ab sofort eine neue Familienjahreskarte um 79 Euro, mit der zwei Erwachsene mit ihren Kindern (unter 19 Jahren) ein Jahr lang das Haus besuchen können. Dazu gibt es eine "Museumswundertüte", wie KHM-Generaldirektorin Sabine Haag ausführte. Darin finden sich Angebote wie ein Gutschein für die Teilnahme an einem Familienprogramm sowie ein Stickersammelheft für Kinder, die sich beim sechsten Besuch ein Geschenk aus dem Museumsshop abholen können.
Zusammenfassung
- Am Ende des Parcours steht die "Erschaffung der Welt", die eng mit dem Sonnenaufgang zusammenhängt.