K-Pop EventsPULS 24

Angekündigt, verschoben, abgesagt: Das deutsche K-Pop-Dilemma

In den vergangenen Jahren wurden mehrere K-Pop-Festivals in Deutschland angekündigt. Tatsächlich stattgefunden hat nur eines – die restlichen wurden erst mehrmals verschoben, dann abgesagt. Neue Events - teils von denselben Veranstaltern – poppen ständig auf, Fans sind zunehmend misstrauisch. Was steckt dahinter?

Südkoreanische Boy- und Girl-Groups erobern längst die Welt. K-Pop, wie das Phänomen genannt wird, hat auch im deutschsprachigen Raum viele Fans. Die Freude bei ihnen war groß, ein K-Pop-Festival nach dem anderen wurde in Europa angekündigt. Lange hielt die Begeisterung aber nicht an, denn alle wurden wieder abgesagt - oftmals sehr kurzfristig.

In den vergangenen Jahren kam es zu einer regelrechten Kette an Verschiebungen, die in Absagen mündeten:

  • "K-Pop Lux Frankfurt": Angekündigt für 13. und 14. Oktober 2023, verschoben auf 12. und 13. Juli 2024 - kurz davor abgesagt. Involvierte Veranstalter: PK Events GmbH.
  • "K-Pop Lux London": Angekündigt als dreitägiges Festival von 22. bis 24. September 2023, kurzfristig auf zwei Tage verkürzt. Erst Mitte September davor abgesagt. Involvierte Veranstalter: PK Events GmbH.
  • "K-Pop Bang" in Gelsenkirchen: Angekündigt für 9. September 2023, zuerst verschoben auf 20. April 2024, dann erneut verschoben auf 6. September 2024. Ende August abgesagt. Involvierte Veranstalter: Main Entertain.

Nach der Fülle an Absagen werden die Fans immer skeptischer, besonders wenn sie den Namen PK Events in Zusammenhang mit einem der Events lesen.

Der Grundtenor unter Fans: "Das wird eh abgesagt", schildert Misa. Die 31-Jährige hatte Karten für das "K-Pop Lux Frankfurt", gab diese aber nach der Terminverlegung zurück. Es hilft auch nicht, dass Tickets für das "K-Pop Lux" nun für die "K-Pop Fusion Tour" gelten - hinter der ebenfalls PK Events steckt.

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Angst vor Betrug

"Tickets habe ich nicht und ich kenne auch niemanden, der sie kaufen würde", sagt Maja zu PULS 24 hinsichtlich der Tour. Die 27-Jährige aus Nordrhein-Westfalen hatte Tickets für das "K-Pop Bang", die ließ sie sich aber rückerstatten, als klar wurde, dass eine Band, die sie sehen wollten, doch nicht kommen konnte. 

Die vielen und vor allem kurzfristigen Absagen machen Sorge, dass es sich bei den Konzerten um eine Betrugsmasche handeln könnte. Die Fans sind misstrauisch und informieren sich schon, bevor sie überhaupt daran denken, eine Karte zu erwerben. 

"Inzwischen machen alle Research, bevor sie Karten kaufen und prüfen z.B. das Impressum der Website, gucken sich den Firmensitz der Veranstalter bei Google Maps an oder schreiben die Venue an", erzählt Maja.

Sogar nach einem Verkehrskonzept erkundigten sich Fans, um sich von der Planung des "K-Pop Bang" zu überzeugen. Man wurde zu oft enttäuscht, um einem angekündigten Konzert noch zu vertrauen.

K-Pop Fusion Tour VerkehrskonzeptScreenshot / "K-Pop Fusion Tour"

Auf Instagram fragen Fans die Veranstalter der "K-Pop Fusion Tour" nach einem Verkehrskonzept, um herauszufinden, ob die Veranstalter Erfahrung haben.

Überforderte Veranstalter?

Dass sich hinter den abgesagten Events wirklich betrügerische Absichten verstecken, scheint allerdings unwahrscheinlich. Ticketkosten für abgesagte Konzerte wurden problemlos rückerstattet, berichten sowohl Misa als auch Maja.

Zudem ging ein Festival, an dem PK Events ebenfalls beteiligt war, tatsächlich über die Bühne: Das "K-Pop Flex" in Frankfurt füllte im Mai 2022 an zwei Tagen den Deutsche Bank Park

Viel eher dürfte es sich um Unerfahrenheit bei den Veranstaltern handeln. "Man bekommt den Eindruck, dass diese Events von Menschen geplant werden, die nicht in der Szene sind", vermutet Misa. Das dürfte zumindest bei Main Entertain zutreffen. Laut Website handelt es sich um eine junge Agentur mit "Erfahrung", diese wird jedoch nicht näher beschrieben. 

Dabei brauche es besonders für große Konzerte viel Know-how und finanzielle Mittel, denn sie zu stemmen, sei ein "totales Risikogeschäft", erklärt Johannes Everke, Geschäftsführer des deutschen Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV). B

ereits im Vorfeld fallen massenhaft Kosten an: So müssen Veranstalter Garantien an die gebuchten Künstler:innen sowie an die Austragungsorte zahlen, damit diese reserviert werden. Erst dann werden die Namen der Acts verkündet und der Ticket-Verkauf startet.

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Verschiebung als "Rettungsversuch"

Dieser "Vorverkauf ist für die Veranstalter ein wesentlicher Gradmesser des Erfolgs", so Everke. Expert:innen beobachten seit Jahren, dass Tickets immer spontaner und somit auch knapper vor dem eigentlichen Event gekauft werden. Bis also wirklich Geld in die Tasche der Veranstalter fließt, kann es dauern. Und das kann für die Veranstalter zu einem Wettlauf gegen die Zeit werden - schließlich brauchen sie Geld, um die getätigten Vorinvestitionen wieder einzutreiben.

Der BDKV beobachtet, dass mehrmaliges Verschieben eine Art "Rettungsversuch" von Veranstaltern sein kann, "um den Verlust zu minimieren", so Everke.

Im Fall von K-Pop-Events könnte dieser Verlust besonders hoch ausfallen: Denn einerseits ist der Reiseaufwand aus Korea teuer, andererseits haben die Künstler:innen potenziell auch hohe Gagenerwartungen. Dabei sind sie in Deutschland womöglich nicht in der Lage, ein Stadion zu füllen.

Den Ankündigungen der verschiedenen Festivals ist zu entnehmen, dass die Veranstalter zudem gleich mehrere Bands in ihrem Line-up haben, die in Korea mittelgroße Arenen füllen, in Deutschland aber nur ein einzelnes Stadion.

Solche Umstände seien generell ein Problem für Veranstalter, denn sie müssten so mehrere "Stadionbands bezahlen, aber haben nur Eingaben aus einem Stadion", erzählt Everke.

Wenn man kein Vertrauen hat, dann kauft man auch nicht. Das kann dann zum Teufelskreis für die Veranstalter werden.

Johannes Everke, Geschäftsführer BDKV

Zu große Hallen?

Dass bei den Events hoch gepokert wird, zeigt auch die aktuelle Auslastung der "K-Pop Fusion Tour", die ausschließlich in Deutschland stattfindet. Bei den neun geplanten Konzerten liegt die Kapazität pro Arena zwischen 9.000 und 20.000 Plätzen. Dabei hat einer der Headliner – die Band AB6IX – auf ihrer eigenen Tour nur Hallen für etwa tausend Zuschauer:innen befüllt.

Bei allen Tour-Stopps sind noch reihenweise Plätze frei, laut Fans seien einige Tickets sogar schon im Resale aufgetaucht.

Wenig überraschend, meint Everke. "Wenn man kein Vertrauen hat, dann kauft man auch nicht", betont er. Das könne sich zu einem "Teufelskreis" für die Veranstalter entwickeln.

Vage Gründe für Absagen

Was nicht hilft: Offizielle Bestätigungen der Acts gibt es oftmals keine oder sehr spät. Mehrere PULS 24 Anfragen an das Management von Hwasa, AB6IX und KARD – alles Headliner für die "K-Pop Fusion Tour" – blieben unbeantwortet, obwohl die Tour ihre Teilnahme heftig bewirbt.

Wie kompliziert die Zusammenstellung eines Line-ups offenbar ist, zeigt eine seltene Erklärung von Eventkoordinator Jens Wedell von PK Events. Gegenüber "Ippen Media" erklärte er, dass die Absage des "K-Pop Lux Frankfurt" darauf zurückzuführen sei, dass es "dem Produzenten nicht gelungen ist, für die in Deutschland geplanten Termine ein dem Anlass entsprechendes Künstler-Line-up zusammenzustellen". 

Oftmals bleiben die Erklärungen aber vage, das "K-Pop Bang" etwa sei aus "produktionstechnischen Gründen" abgesagt worden. 

Auf Anfragen von PULS 24 reagierten weder PK Events noch Main Entertain oder die britische Live Company Group, die ebenfalls an den "K-Pop Lux"-Veranstaltungen beteiligt ist.

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Wird die "K-Pop Fusion Tour" stattfinden?

Ob das Konzept einer ganzen K-Pop-Tour die Wende in dem Veranstaltungschaos bringen wird, wird sich erst zeigen. Auf Instagram wird die Tour fleißig beworben, dass die Stimmung der Fans aber bereits "wahnsinnig aggressiv" ist, wie Misa es schildert, wird schnell deutlich.

Die Veranstalter bitten um "Respekt und Höflichkeit", während Fans in den Kommentaren ihrem Unmut Luft machen, weil noch immer der versprochene Rookie-Act nicht verkündet wurde.

K-Pop Fusion Tour Rookie ActScreenshot / Instagram / @kpopfusion.eu

Auf Instagram bitten die Veranstalter der "K-Pop Fusion Tour" um Respekt, in den Kommentaren wüten Fans und rechnen bereits mit einer Absage.

Dass die Tour stattfindet, bezweifelt Maja. Sie wünsche sich "echt für alle, die Karten haben", dass sie falsch liege, aber lange haben die Veranstalter nicht mehr Zeit, um die Organisation zu finalisieren.

Das erste Konzert soll bereits am 2. November in Hannover stattfinden. Doch selbst eingefleischte Fans wie Misa und Maja haben keine Tickets dafür gekauft. 

Die Hoffnung auf das nächste K-Pop-Mega-Event wollen aber weder Fans noch Veranstalter aufgeben.

ribbon Zusammenfassung
  • In den vergangenen Jahren wurden mehrere K-Pop-Festivals in Deutschland angekündigt.
  • Tatsächlich stattgefunden hat nur eines – die restlichen wurden erst mehrmals verschoben, dann abgesagt.
  • Neue Events - teils von denselben Veranstaltern – poppen ständig auf.
  • Fans sind zunehmen misstrauisch, sie vermuten Betrug oder schlechte Organisation.
  • Was steckt dahinter?