"Capriccio": Feines musikalisches Gewirk bei den Festspielen
"Er hat eine unglaubliche Orchestrierungsvirtuosität", sagte Thielemann über Strauss: "Der Reichtum, den er aus einem Orchester herauszuholen in der Lage ist, hat mich schon immer fasziniert." Die Partituren seien aber auch voller Fallen, in die man tappen könne. Auch er habe alle Fehler gemacht, die man im Umgang mit Strauss machen könne, erzählte der Dirigent. Eine Gefahr sei, bei jeder schönen Kadenz langsamer oder zu sentimental zu werden. Er habe aber gelernt, sich zu zügeln.
"Capriccio" ist das letzte Bühnenwerk von Strauss, es geht auf eine Idee von Stefan Zweig zurück. Das zwischen Herbst 1939 und Februar 1941 entstandene Stück kreist um das Verhältnis von Wort und Ton in der Oper, um die Rivalität des Dichters Olivier und des Musikers Flamand, die im Paris des Jahres 1775 um die Gräfin Madeleine werben. Die Partitur zeichne sich durch ein unglaubliches Raffinement aus, sagte Thielemann. Wenn man sie öfter höre, entdecke man immer neue, versteckte Motive. "Capriccio" sei "ein sehr feines musikalisches Gewirk".
Gerade bei diesem Stück müsse man den Mut haben, mit den leisen Tönen zu spielen, meinte Thielemann. Die Stimmen – Strauss benötige eine Mozartstimme plus - sollten immer über der Musik schweben, das Orchester die Singstimmen nicht übertönen. Das Strauss'sche Parlando erfordere außerdem ein sehr feines Gespür für den Text. Wohl auch deshalb hat Strauss in seinem Vorwort zur Oper auch Leseproben mit den Sängern verlangt. "Es ist so etwas unglaublich fein Serviertes", ist Thielemann begeistert von dem Werk. Grundsätzlich sei sehr wichtig, dass Sänger auch gut sprechen können.
Mit der gestrigen Generalprobe ist Thielemann zufrieden. "Ein Orchester wie die Wiener Philharmoniker reagieren seismografisch auf die Stimmen. Wenn die Sänger leise singen, dann spielen sie auch leise", sagte der Dirigent. Zudem sei das Orchester hochgefahren, was die Lautstärke reduziere.
Die Premiere der konzertanten Aufführung von "Capriccio" findet morgen, Freitag, im Großen Festspielhaus statt. Im September erscheint ein Buch von Christian Thielemann mit dem Titel "Richard Strauss – Ein Zeitgenosse", in dem er sich mit dem vielgestaltigen Werk von Strauss befasst.
(S E R V I C E - "Capriccio" von Richard Strauss, konzertante Aufführung mit den Wiener Philharmonikern unter Christian Thielemann mit Elsa Dreisig (Die Gräfin), Bo Skovhus (Der Graf, ihr Bruder), Sebastian Kohlhepp (Flamand, ein Musiker), Konstantin Krimmel (Olivier, ein Dichter), Mika Kares (La Roche, der Theaterdirektor), Ève-Maud Hubeaux (Die Schauspielerin Clairon), Jörg Schneider (Monsieur Taupe), Tuuli Takala (Eine italienische Sängerin), Josh Lovell (Ein italienischer Tenor), Torben Jürgens (Der Haushofmeister), Kieran Carrel (1. Diener), Jonas Jud (2. Diener), Fabio Dorizzi (3. Diener), Ian Rucker (4. Diener), Christian Tschelebiew (5. Diener), Jan Petryka (6. Diener), Lucas van Lierop (7. Diener), Philipp Schöllhorn (8. Diener); Termine: 26. Juli, 31. Juli, 4. August, Großes Festspielhaus, www.salzburgerfestspiele.at)
Zusammenfassung
- Die Salzburger Festspiele 2024 eröffnen mit Richard Strauss' 'Capriccio', dirigiert von Christian Thielemann und den Wiener Philharmonikern.
- Thielemann betont die Orchestrierungsvirtuosität von Strauss und die Herausforderungen der Partituren, die zwischen 1939 und 1941 entstanden.
- Die Premiere der konzertanten Aufführung findet am Freitag im Großen Festspielhaus statt, und im September erscheint Thielemanns Buch 'Richard Strauss – Ein Zeitgenosse'.