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"Bring's ans Licht" als MeToo-Weckruf an die Filmbranche

29. März 2025 · Lesedauer 3 min

Im nebelverhangen-regnerischen Graz hat am Samstagmorgen der Fachverband der Film- und Musikwirtschaft (FAMA) der Wirtschaftskammer "Bring's ans Licht" präsentiert - eine neue Kampagne, mit der man das Bewusstsein um Missbrauch, Mobbing und Diskriminierung in der Branche weiter heben möchte. "Wir haben ganz lange keine Sprache für die Phänomene unter dem Begriff MeToo gehabt", machte Verena Altenberger als Präsidentin der Akademie des Österreichischen Films deutlich.

"Stellen Sie sich vor, Sie haben Kopfweh, aber es gibt noch kein Wort für Kopfweh", griff Altenberger zu einem Vergleich. Vor dieser Situation seien Betroffene von Missbrauch noch vor wenigen Jahren gestanden, was es beinahe unmöglich gemacht habe, sich anderen mitzuteilen. "Wir lernen erst gerade, dieses System zu verstehen." Das Ziel sei nach wie vor, gegen systematischen und strukturellen Machtmissbrauch vorzugehen: "Wir müssen in einer Branche arbeiten, in der jeder an jedem Punkt Nein sagen kann und gehen, ohne dass man Konsequenzen fürchten muss. Und an diesem Punkt sind wir noch nicht." Zugleich müsse auch konstatiert werden: "Es hat sich wirklich viel verbessert."

Motto: Hinschauen

"Das Motto muss sein: hinschauen, nicht wegschauen", unterstrich FAMA-Obmann Alexander Dumreicher-Ivanceanu bei der Präsentation im Rahmen der laufenden Diagonale. Die Awareness müsse größer werden, weshalb die auf Animationsfilmen und einer weiterführenden Homepage basierende Kampagne branchenintern breit ausgerollt werden soll.

Die Kreativbranche sei von Zeit- und Gelddruck geprägt, machte Claudia Wohlgenannt, Vorsitzende im Berufsgruppenausschuss für Geschlechtergerechtigkeit und Inklusion, deutlich, dass gewisse strukturelle Voraussetzungen für missbräuchliches Verhalten branchenimmanent seien: "Wir haben in der Filmbranche Faktoren, die derlei begünstigen." Umso wichtiger sei, diese Kultur zu ändern.

Als Basis für die Kampagne diente der ausgearbeitete Leitfaden der FAMA, der sowohl die Aufgaben und Verpflichtungen auf Arbeitgeberseite wie die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer adressiert. Entsprechend richtet sich auch "Bring's ans Licht" an beide Seiten. Ein Anlass für den aktuellen Vorstoß war nicht zuletzt die große Nachfrage bei der 2019 eingerichteten Anlaufstelle #we_do!.

Starker Anstieg der Meldungen bei Anlaufstelle

Die Zahl der Meldungen hat sich hier demnach weiter erhöht, wie zuletzt auch bei der Präsentation des we_do-Jahresberichts am Rande der Diagonale deutlich wurde. So sei das Ausmaß der Tätigkeiten bereits im ersten Quartal so hoch gewesen, dass das Jahresbudget mit Mai praktisch zur Neige ging und auf Notbetrieb umgestellt wurde. Nachdem Bereiche wie die Öffentlichkeitsarbeit drastisch reduziert wurden, sei die Zahl der Meldungen auch nur bedingt mit jener der Vorjahre vergleichbar, machten die Verantwortlichen deutlich.

Dennoch stieg diese 2024 im Vergleich zu 2023 von 79 auf 99. Davon kamen 65 von Frauen, 19 von Männern und 15 von Personen, die als divers gelesen werden wollen. Die Hälfte der Meldungen bezog sich dabei auf sexistisches Verhalten, sexuelle Belästigung und Gewalt, ein Drittel auf Machtmissbrauch und Ausbeutung.

We_do wird neu aufgestellt

Heuer steht indes ein großer Umbruch für #we_do! an, ist doch eine komplette Neuaufstellung der Anlaufstelle angekündigt. Diese soll als gänzlich unabhängige Ombudsstelle aufgesetzt werden, die nicht mehr direkt beim Dachverband der österreichischen Filmschaffenden angesiedelt ist. Dazu wurde ein unabhängiger und gemeinnütziger Verein unter dem Titel "we-do. Ombudsstelle für Film & TV" gegründet, der im Laufe des Jahres die neue Struktur präsentieren möchte. Von den beiden bisherigen Aktiven bleibt Daniel Sanin weiterhin an Bord, während sich Meike Lauggas zurückzieht.

(S E R V I C E - www.bringsanslicht.at/ ; www.we-do.info/)

Zusammenfassung
  • Die Kampagne 'Bring's ans Licht' wurde in Graz vorgestellt, um das Bewusstsein für Missbrauch und Diskriminierung in der Filmbranche zu stärken. Verena Altenberger betonte, dass es lange keine Sprache für MeToo-Phänomene gab.
  • Die Anlaufstelle #we_do! verzeichnete 2024 einen Anstieg der Meldungen von 79 auf 99, wobei die Hälfte auf sexistisches Verhalten und Gewalt entfiel. Dies führte zu Budgetengpässen.
  • Eine Neuaufstellung der Anlaufstelle #we_do! ist geplant, um als unabhängige Ombudsstelle zu agieren. Ein neuer gemeinnütziger Verein wurde gegründet, um die Struktur zu präsentieren.