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"Billy's Joy" als herausfordernder Ritt durchs Märchenland

Was tun, wenn man eine Komödie auf Basis von Shakespeares Werken schreiben soll, aber feststellt, dass diese gar nicht lustig sind? Victor Afung Lauwers hat es trotzdem gemacht und ein absurdes, aus allen Nähten platzendes Märchenland geschaffen, wo Romeo sich nicht umbringen darf und Schneewittchen beinahe vergewaltigt wird. Die Uraufführung von "Billy's Joy" beim ImPulsTanz-Festival geriet für das Akademietheater-Publikum am Dienstagabend zum herausfordernden Ritt.

Das Stück kann als eine Art Fortsetzung von "Billy's Violence" - das ebenfalls beim ImPulsTanz-Festival zu sehen ist - gelesen werden, für das Lauwers sich Shakespeares Tragödien annahm. Darin versuchte er zu ergründen, was so spaßig daran ist, Gewaltszenen zu schreiben. Nach dem Ausflug ins Reich der Gewalt wollte sich die Needcompany des belgischen Choreografen Jan Lauwers aber der Versöhnung hingeben und bat Victor Afung Lauwers erneut, für sie tätig zu werden. Dadurch landeten die Performerinnen und Performer nun in einem absurden Reich, das mit unzähligen Referenzen gespickt ist.

Fluido tritt mit Silikonmaske und Esel in der Hand auf. Bald schon hüpfen, laufen und springen Romeo, Julia, Oberon, Martha oder auch der Bär Pourquoi auf der weitgehend karg ausgestatteten Bühne herum. Martha essen oder nicht? Das ist die Frage, die sich der riesige Bär zu stellen hat. Vielleicht nur den Finger? Auch das ist ihr zu viel - und damit verzupft sich Pourquoi an einen Grill am Rand der Bühne, wo er schwitzend und mit reichlich Olivenöl bis zum Ende des 105-minütigen Abends ein Mahl für die bunte Truppe zubereiten wird.

Indes begibt sich Romeo als glitzernde Discokugel oder wahlweise auch Spiegelschrank auf die Suche nach seiner Julia. Dabei belauscht er etwa an einem Hering lutschend und Knochen nagend das sexuell-pikante Gespräch dreier Frauen und erklärt aufkommende, komplexe Begriffe und Referenzen. Dass Julia es gar nicht sexy findet, sich gemeinsam mit ihm das Leben zu nehmen, kann Romeo nicht so recht verstehen. Muss wohl eine Sprachbarriere sein.

Auch der Klimawandel, Generationenkonflikte, Cancel Culture, Rassismus und weitere Themen des 21. Jahrhunderts werden mit Shakespeare verwoben, wobei nach der anfänglichen Tanzeinlage hauptsächlich gesprochen wird. Garniert ist das Stück mit zahlreichen Kostümwechseln, repetitiver, phasenweise nervtötender Musik und schlussendlich viel nackter Haut, die am Schluss auch nass werden darf.

"Billy's Joy" ist Theater für die Wenigen, eine "Zermürbungsschlacht", wie es Lauwers nennt. Wer den Trip durch das schräge, tragikomische Märchenland des 21. Jahrhunderts bis zum Schluss stand hielt, spendete Applaus, manche gar Jubel.

(S E R V I C E - "Billy's Joy" im Rahmen des ImPulsTanz-Festivals im Akademietheater. Produktion der Needcompany mit Jan Lauwers, Grace Ellen Barkey, Emily Hehl, Nao Albet, Gonzalo Cunill, Romy Louise Lauwers, Juan Navarro, Maarten Seghers, Meron Verbelen, Martha Gardner. Text: Victor Afung Lauwers. Musik: Maarten Seghers. Technische Leitung und Licht: Koen De Saeger. Requisiten und Kostüme: Charlotte Seeligmüller. Weitere Aufführungen am 13. Juli um 19 Uhr und 14. Juli um 21.30 Uhr jeweils im Akademietheater. www.impulstanz.com/performances/pid1529/)

ribbon Zusammenfassung
  • Victor Afung Lauwers hat es trotzdem gemacht und ein absurdes, aus allen Nähten platzendes Märchenland geschaffen, wo Romeo sich nicht umbringen darf und Schneewittchen beinahe vergewaltigt wird.
  • Die Uraufführung von "Billy's Joy" beim ImPulsTanz-Festival geriet für das Akademietheater-Publikum am Dienstagabend zum herausfordernden Ritt.
  • Weitere Aufführungen am 13. Juli um 19 Uhr und 14. Juli um 21.30 Uhr jeweils im Akademietheater.