Twitter verärgert Nutzer und Werbekunden mit Lesebeschränkungen
Mit seinem neusten Update schwächt er zudem die Position der frisch gebackenen Chefin des US-Kurznachrichtendienstes, Linda Yaccarino. Die ehemalige Werbechefin des Medienkonzerns NBCUniversal war angetreten, das schwächelnde Anzeigengeschäft wiederzubeleben.
Um gegen ein "extremes Ausmaß" von Datensammlungen und Systemmanipulationen vorzugehen, begrenzte Musk die Zahl der lesbaren Nachrichten pro Tag auf 600 für unverifizierte Twitter-Nutzer. Bei unverifizierten Neukunden sind es sogar nur 300 Tweets. Wenige Stunden später hob er die Grenzwerte auf 1.000 beziehungsweise 500 an.
Yaccarino Musks "letzte Hoffnung"
"Das Vertrauensdefizit, das Linda Yaccarino ausgleichen muss, ist gerade noch größer geworden", sagt Mike Proulx, Manager der Marktforschungsfirma Forrester. "Dies kann nicht allein durch ihre Glaubwürdigkeit in der Branche behoben werden."
Lou Paskalis, dem Gründer der Werbeberaters AJL, zufolge ist Yaccarino Musks "letzte Hoffnung", um die Werbeeinnahmen und den Wert von Twitter zu retten. Mit der Lesebeschränkung beraube er Yaccarino der Möglichkeit, Musk "vor sich selbst zu schützen".
"Katastrophal" bis "wirksam"
Analystin Jasmine Enberg vom Research-Haus Insider Intelligence bezeichnete die Lesebeschränkungen als katastrophal für das Anzeigengeschäft. "Das macht es sicherlich nicht leichter, Werbekunden zur Rückkehr zu bewegen. Es war vorher schon schwer genug, sie zurückzugewinnen."
Für Kai-Cheng Yang, Forscher an der Indiana University, sind die Lesebeschränkungen ein wirksames Mittel, um die Datensammelei einzuschränken. "Es ist zwar wohl noch immer möglich, aber die Methoden sind aufwendiger und weniger effizient."
Mastodon-Gründer stichelt gegen Musk
Zahlreiche Nutzer posten Screenshots von ihren Konten, die ihnen nach Erreichen des Limits keine Nachrichten mehr anzeigen. Dies umfasst auch Tweets von Werbetreibenden. Twitter war für eine Stellungnahme zur Dauer der Beschränkungen zunächst nicht zu erreichen.
Der deutsche Kurznachrichtendienst Mastodon freut sich über die Aufregung um die Lesebeschränkung. "Es sieht so aus, als ob die Zahl der aktiven Nutzer von Mastodon in den letzten Tagen um 110.000 gestiegen ist", schrieb Eugen Rochko, der Gründer des deutschen Kurznachrichtendienstes, in der Nacht zum Montag. "Ich würde es vorziehen, wenn Elon Musk seine Internet-Seite während der Arbeitswoche zerstören würde. Dies ist nicht das erste Mal."
Zusammenfassung
- Twitter-Eigner Elon Musk hatte am Wochenende die Zahl der Nachrichten, die Nutzer pro Tag lesen können, limitiert.
- Damit bringt er einmal mehr die Werbekunden gegen sich auf, aber auch die Nutzer:innen sind unzufrieden.
- Der deutsche Kurznachrichtendienst Mastodon verzeichnete unterdessen in den vergangenen Tagen rund 110.000 Neuanmeldungen.