Zecken-Saison: Sprunghafter Anstieg bei FSME-Fällen
Im Vorjahr hatte es im Vergleichszeitraum erst 15 Erkrankungen gegeben, berichtete Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Verbands der Impfstoffhersteller (ÖVIH) im Gespräch mit der APA. Kommt es zu einem Zeckenstich, sollte eine verpasste Impfauffrischung nachgeholt werden.
Bei den FSME-Fallzahlen ist in den vergangenen zehn Jahren insgesamt ein Trend nach oben zu erkennen. Waren es 2012 noch 52 Erkrankungen, so kam es 2020 pandemiebedingt durch mehr Urlaube im Risikogebiet Österreich zu einem Rekordjahr mit 216 Fällen. 128 FSME-Betroffene im Vorjahr bedeuteten ebenfalls einen Wert über dem langjährigen Mittel. Dabei gibt es ein Ost-West-Gefälle mit praktisch keinen Infektionen in Wien und im Burgenland sowie vielen Fällen in den "Hotspots" Oberösterreich, Tirol, Salzburg und der Steiermark, erläuterte Gallo-Daniel.
"Mehr als 50 Prozent der FSME-Erkrankungsfälle treten in der Altersgruppe 50-Plus auf", berichtete ÖVIH-Generalsekretär Christoph Jandl. Das zeige, dass auch Ältere trotz zehn oder mehr Auffrischungen in ihrem bisherigen Leben weiterhin "regelmäßig auffrischen gehen müssen", sagte Gallo-Daniel, ab dem 60. Lebensjahr alle drei statt fünf Jahre. Das Risiko einer Schädigung des Gehirns und des Rückenmarks steigt mit zunehmendem Alter auf bis zu 86 Prozent aller FSME-Fälle bei Über-75-Jährigen. Aber auch bei Kindern gibt es Erkrankungsfälle und schwere Verläufe, betonte Jandl.
Was ist FSME?
FSME ist eine Viruserkrankung, die zur Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute und des Zentralnervensystems führen kann. Rund 30 Prozent der infizierten Personen werden tatsächlich krank. Die Symptome können Wochen bis Monate andauern und bei schweren Verläufen zu Lähmungen der Arme, der Beine oder der Gesichtsnerven und zu bleibenden Schäden führen. Bei rund einem Prozent der Betroffenen verläuft die Erkrankung tödlich.
Die FSME-Viren befinden sich im Speichel der Zecke und können beim Stich sofort übertragen werden. Daher schützt das schnelle Entfernen des Tiers nicht vor FSME, aber vor der häufiger durch Zecken übertragenen Borreliose. Hier dauert es einige Stunden, bis die die Entzündung auslösenden Bakterien - sogenannte Borrelien - nach einem Stich in das Blut des Wirtes gelangen. Nach Grippesymptomen sind ein Ausschlag an der Einstichstelle und ebenfalls ein Befall des Zentralen Nervensystems möglich. Die Erkrankung lässt sich mit Antibiotika behandeln und heilt bei rechtzeitiger Therapie meist ohne Folgen aus. Eine Impfung gegen Borreliose gibt es noch nicht, sie ist aber beim heimischen Impfstoffhersteller Valneva in Entwicklung.
Impfung mit hoher Effektivität
Die FSME-Impfung schützt nur vor der Frühsommer-Meningoenzephalitis - bei nach dem empfohlenen Schema geimpften Personen zu 95 bis 99 Prozent. "Es gibt kaum eine Impfung, die so eine hohe Effektivität hat wie die FSME-Impfung", betonte Gallo-Daniel. Bei der Grundimmunisierung liegt die Durchimpfungsrate in Österreich über 80 Prozent, sagte die ÖVIH-Präsidentin. "Was die Booster und Auffrischungen betrifft, kann man natürlich noch immer ein bisschen anziehen", merkte Jandl an. Eine Titer-Bestimmung ist bei FSME übrigens nur eine Momentaufnahme und "sagt über die Dauer des Schutzes nicht viel aus", sagte der ÖVIH-Generalsekretär.
Wann impfen?
Sollte bei einem Zeckenstich die Grundimmunisierung noch nicht abgeschlossen oder eine Auffrischung zu lang her sein, kann eine zeitnahe weitere Impfung auch noch Wirkung gegen FSME zeigen. Bei einem Stich bis zu 14 Tage nach der ersten Dosis sollte beispielsweise laut Österreichischem Impfplan die zweite Dosis vier Wochen nach dem Zeckenbefall verabreicht werden, bei einem Stich ab dem 15. Tag nach der Erstimpfung sogar sofort. Bei bereits zwei oder mehr erhaltenen Dosen sollte nach einem Zeckenstich die nächste Impfung erfolgen, wenn diese nach dem Impfplan fällig oder überfällig ist. Bei gänzlich Ungeimpften kann eine zeitnahe FSME-Impfung nach einem Zeckenstich "keine Wirkung mehr erzielen", warnte Gallo-Daniel.
Zusammenfassung
- Die Zecken haben wieder Saison - und damit die von ihnen übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME).
- Von Mitte Mai bis Mitte Juni stiegen die heurigen FSME-Fälle von zuvor zwei sprunghaft auf 27 an.
- Im Vorjahr hatte es im Vergleichszeitraum erst 15 Erkrankungen gegeben, berichtete Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Verbands der Impfstoffhersteller (ÖVIH) im Gespräch mit der APA.