Massive Kritik an Wiener Grenze für "OP-Touristen"

Die Wartezeiten in den Wiener Krankenhäusern werden immer länger, die Kosten im Gesundheitssystem explodieren. Das liegt laut der Stadt Wien an sogenannten "OP-Touristen" also Menschen, die sich in der Hauptstadt operieren lassen, weil die Versorgung im eigenen Bundesland nicht ausreicht. Für diese OP-Touristen führt Gesundheitsstadtrat Peter Hacker jetzt eine Obergrenze ein.

Über 4 Monate Wartezeit für eine Knie-OP in der Klinik Penzing. Sogar über ein halbes Jahr im Ordensklinikum Speising. Für die langen Wartezeiten in Wiener Spitälern findet Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) nun einen Schuldigen. "In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Patienten aus anderen Bundesländern in den Wiener Spitälern stark gestiegen", zitiert ihn die "Krone".

"Die Kosten dafür muss Wien stemmen. Es kann auch nicht sein, dass Wiener auf dringend benötigte Operationen ewig warten müssen, weil auf den Wartelisten 20, 30 oder sogar 40 Prozent Gastpatienten stehen", so Hacker.

Ludwig rudert zurück

Für Wien entsteht dadurch laut Hacker ein Mehraufwand von einer Milliarde Euro. Das würden auch die Ausgleichszahlungen der Bundesländer nicht kompensieren. Der Wiener Bürgermeister dürfte dem verbalen Vorstoß seines Stadtrats nicht so viel abgewinnen.

Er versucht, so kurz vor den Nationalratswahlen, zu beruhigen. "Nein also, es wird niemand nicht angenommen in den Spitälern", meint Ludwig. "Der Wiener Gesundheitsstadtrat hat nur hingewiesen, dass die anderen Bundesländer auch eine Verantwortung haben für Ihre Bevölkerung".

Herzoperation - Risiken & Zukunft

Belegung durch Gastpatienten bereits reduziert

Tatsächlich ist die Causa aber keine Neue. Bereits im Jahr 2019 erließ der Wiener Gemeinderat Vorgaben zur Senkung von Gastpatienten in Spitälern des Wiener Gesundheitsverbundes: Im stationären Bereich von 26 Prozent aller Patient:innen auf 17 Prozent und in den Ambulanzen von 26 auf 19 Prozent.

Die Folge: Da Kliniken der Stadt Wien weniger "OP-Touristen" aufnehmen, wandern diese zu den Ordenskliniken. Dort steigen die Zahlen der Gastpatient:innen im selben Zeitraum nämlich: stationär von 14 auf 25 Prozent, ambulant von fünf auf 21 Prozent.

Und deshalb beschloss der Wiener Gemeinderat im April: Die Zahl der Gastpatient:innen in Wiener Ordensspitälern muss auf 17 Prozent gesenkt werden. Ein Beschluss, den auch der Wiener Bürgermeister genehmigt hat.

Zahlen sinken, Patienten leiden

Schon jetzt klagen deshalb dutzende Österreicher:innen ohne Wiener Meldezettel über noch längere Wartezeiten. In manchen Fällen wurde die OP in Wien sogar abgesagt. Das trifft sogar Menschen, die zwar in der Hauptstadt arbeiten, aber ihren Hauptwohnsitz in einem anderen Bundesland haben.

Und diese Situation könnte sich laut dem Sprecher der Wiener Ordensspitäler auch noch zuspitzen. Denn man halte sich "selbstverständlich an diese Vorgabe seitens der Stadt Wien bzw. des Wiener Gesundheitsfonds, die unsere Leistungen finanzieren und in deren Auftrag wir arbeiten".

Allerdings werde man, "sollte es keine anderslautende Einigung mit Wien, Niederösterreich oder dem Burgenland in Hinblick auf die Finanzierung geben, ab Jänner deutlich weniger Menschen, die nicht in Wien wohnen, behandeln können".

Auch wenn das für einige Wiener:innen kürzere Wartezeiten bedeutet – für Burgenländer, Niederösterreicher und Speckgürtler hat das eine massive Verschlechterung von medizinischen Leistungen zur Folge.

Die Bundesländer protestieren

Einer der zentralen Regelungen für das Verhältnis zwischen den Ländern ist der Finanzausgleich. Laut dem Wiener Gesundheitsstadtrat Hacker bekomme Wien hier zwar "ein wenig mehr" als es dem Wiener Anteil der Gesamtbevölkerung entspricht – aber das würde trotzdem nicht ausreichen. Die Kosten durch die Gastpatient:innen seien einfach zu hoch.

Auf die Wiener Vorwürfe reagieren sowohl die für Gesundheit und Spitäler zuständigen Landespolitiker, Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP), verstimmt. Seitens der beiden Politiker heißt es, es werde "nicht hingenommen, dass es zu einer Abkehr von dieser vertraglichen Vereinbarung und damit zu einer Verschlechterung für Patienten aus den beiden Bundesländern kommt".

Streit um's Geld

Doskozil gehe davon aus, dass "Verträge in Österreich eingehalten werden" und er sei strikt dagegen, dass man Kämpfe über Steuergelder auf dem Rücken von Patienten austrägt. Auch das Argument für den unzureichenden Finanzausgleich lässt er nicht gelten.

"Immerhin hat es vor kurzem auch eine Einigung über einen neuen Finanzausgleich gegeben, die von Wien mitgetragen wurde". Wenn man jetzt Grenzen zwischen Bundesländern zieht, die auf Lasten von kranken Menschen geht, "dann müssen wir unser grundlegendes Zusammenleben in Österreich überdenken".

Unterm Strich streiten hier gerade drei Bundesländer um Geld und wie man das jeweilige Gesundheitssystem finanziert. Die Leidtragenden sind die Patienten in den Wartezimmern der Krankenhäuser. Sie müssen momentan viel länger auf dringende Operationen warten, die sie eigentlich sofort brauchen.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Wartezeiten in den Wiener Krankenhäusern werden immer länger, die Kosten im Gesundheitssystem explodieren.
  • Das liegt laut der Stadt Wien an sogenannten "OP-Touristen" also Menschen, die sich in der Hauptstadt operieren lassen, weil die Versorgung im eigenen Bundesland nicht ausreicht.
  • Für diese OP-Touristen führt Gesundheitsstadtrat Peter Hacker jetzt eine Obergrenze ein.
  • Akut- oder Notfälle sind dabei ausgenommen, in diesen Fällen spiele der Wohnsitz keine Rolle.