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Kolumbien legt bei COP16 Kompromissvorschlag vor

01. Nov. 2024 · Lesedauer 4 min

Knapp vor dem geplanten Abschluss der UN-Artenschutzkonferenz COP16 hat Gastgeber Kolumbien einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Der am Freitag bei der Konferenz in Cali präsentierte Text umfasst neue Vorschläge zu den drei umstrittensten Punkten - der Kontrolle der bereits vereinbarten Maßnahmen zum Artenschutz, der Finanzierung dieser Maßnahmen und der Gewinnaufteilung von Unternehmen, die mit den Gendaten von Pflanzen und Tieren aus Entwicklungsländern Profite machen.

Seit dem 21. Oktober verhandeln in Cali rund 23.000 Delegierte über Möglichkeiten zur Eindämmung des weltweiten Artensterbens sowie über die Umsetzung der bei der vorangegangenen COP15 in Montréal vereinbarten Ziele. So sollen bis 2030 etwa 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz gestellt werden, zudem sollen die Risiken durch Pestizide reduziert und Subventionen für intensive Landwirtschaft und die Gewinnung von Brennstoffen drastisch reduziert werden.

Die Verhandlungen gingen Freitag früh auf der Grundlage der von Kolumbien vorgelegten Vorschläge weiter. Ziel war es, am Abend (Ortszeit) eine Abschlusserklärung zu verabschieden. Zahlreiche Teilnehmer gingen allerdings davon aus, dass die Konferenz am Samstag in die Verlängerung geht.

Die kolumbianische Konferenz-Präsidentschaft schlägt in ihrem neuen Papier unter anderem den Beginn eines Verhandlungsprozesses vor, um bis zur nächsten COP im Jahr 2026 in Armenien einen neuen Fonds zu schaffen, mit dem reiche Staaten die ärmeren Länder beim Artenschutz unterstützen. Die reichen Staaten haben sich bereits verpflichtet, ihre jährlichen Hilfen zum Naturschutz bis zum Jahr 2030 auf 30 Milliarden Dollar zu erhöhen.

Zudem schlägt Kolumbien vor, dass Unternehmen ab einer bestimmten Größe, die genetische Daten von Pflanzen und Tieren aus Entwicklungsländern etwa bei der Herstellung von Medikamenten oder Kosmetika nutzen, künftig 0,1 Prozent ihres Gewinns in einen Fonds einzahlen. Das dabei gesammelte Geld soll dann denjenigen Ländern und Bevölkerungsgruppen zugute kommen, die diese Pflanzen- und Tierarten über Jahrhunderte erhalten haben.

Auf der Zielgeraden vor dem Abschluss der UNO-Artenschutzkonferenz (CBD COP16) zur biologischen Vielfalt hatten zuvor Umweltschutzverbände die Vertreter von rund 200 Ländern zu einem Kompromiss aufgerufen. Bei den zweiwöchigen Verhandlungen im kolumbianischen Cali standen die technische Umsetzung des vor zwei Jahren in Montreal beschlossenen Weltnaturvertrages sowie Finanzierungsfragen im Mittelpunkt.

"Hier wird gestritten, während auf der ganzen Welt unsere Lebensgrundlagen erodieren. Extremwetter zerstören Ernten und machen Landstriche unbewohnbar. Fischbestände kollabieren, sauberes Wasser wird knapp, Lieferketten brechen zusammen. Kein Budget der Welt kann die Leistungen der Natur kompensieren, wenn sie einmal verloren sind", sagte der Experte für internationale Politik bei der Umweltschutzorganisation WWF Deutschland, Florian Titze.

Vor zwei Jahren hatten sich die Staaten auf 23 Ziele geeinigt, die bis 2030 erreicht werden sollen. Beispielsweise wurde vereinbart, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Zudem sollen die Industrieländer bis 2025 jährlich rund 20 Milliarden Dollar für den Schutz der Artenvielfalt bereitstellen.

Streit gab es in Cali vor allem über die Frage, wie die finanzielle Unterstützung für die Länder des Globalen Südens verteilt werden soll. "Die Weltgemeinschaft hält die Zukunft unserer Gesellschaft in den Händen. Doch die Staaten streiten sich über Dinge, die nicht im Verhältnis zu dieser enormen Verantwortung stehen. Um einen Kompromiss im Sinne des großen Ganzen kommen die Staaten hier in Cali nicht herum", sagte WWF-Experte Titze.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) gab am Rande der Weltnaturkonferenz bekannt, dass die österreichischen Schutzgebiete in den kommenden Jahren nochmals um 600 Hektar wachsen werden. Möglich wurde das durch die die diesjährige Ausschreibung des Biodiversitätsfonds, über die Ausweitungen finanziert werden können, hieß es vom Ministerium. Im Zuge dieses Calls wurden mehrere Projekte aus ganz Österreich eingereicht. Zur Umsetzung stehen insgesamt 27 Millionen Euro zur Verfügung.

Damit wolle Österreich auch in den schwierigen Verhandlungen auf der Weltnaturkonferenz ein Zeichen setzen. "Wir sind gefordert in Kolumbien die nächsten Schritte zu setzen. Ein Ergebnis ist erreichbar, aber noch nicht erzielt. Ich rufe alle meine Kolleginnen und Kollegen auf: Finden wir einen Kompromiss. Denn am Ende geht es beim Naturschutz um die Welt, in der wir Menschen leben. Naturschutz ist Menschenschutz", so die Ministerin.

Im Jahr 2022 hatten sich in Montreal rund 200 Staaten verpflichtet, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Davon sind sie allerdings noch weit entfernt. Derzeit stünden weltweit gerade einmal 17,6 Prozent der Landflächen und 8,4 Prozent der Meeresflächen unter Schutz, teilte das UN-Umweltprogramm (UNEP) bei der Vorstellung des "Protected Planet Report 2024" mit.

Zusammenfassung
  • Kolumbien hat bei der COP16 einen Kompromissvorschlag zur Kontrolle und Finanzierung von Artenschutzmaßnahmen vorgelegt.
  • Rund 23.000 Delegierte verhandeln in Cali über Maßnahmen zur Eindämmung des Artensterbens und die Umsetzung der COP15-Ziele.
  • Ein neuer Fonds soll geschaffen werden, um ärmere Länder beim Artenschutz zu unterstützen, finanziert durch Beiträge reicher Staaten und Unternehmen.
  • Die Verteilung der finanziellen Unterstützung für den Globalen Süden ist ein Streitpunkt, der die Verhandlungen verlängern könnte.
  • Österreich plant, seine Schutzgebiete um 600 Hektar zu erweitern, finanziert durch 27 Millionen Euro aus dem Biodiversitätsfonds.