Parlamentswahl in Grönland vor geopolitischem Hintergrund
In seiner Rede zur Lage der Nation vor dem US-Kongress betonte Trump, das rohstoffreiche Gebiet "auf die eine oder andere Weise" übernehmen zu wollen. Notfalls mit wirtschaftlichem oder militärischem Druck, hatte er zuvor verkündet. Grönlands Regierungschef Múte Bourup Egede reagierte auf Trumps Ansage, indem er das Selbstbestimmungsrecht der Grönländer hervorhob: "Wir wollen keine Amerikaner oder Dänen sein. Wir sind Grönländer." Grönland stehe nicht zum Verkauf und könne nicht übernommen werden, das müssten die Amerikaner und Trump verstehen. "Über unsere Zukunft entscheiden wir", schrieb er auf Facebook.
Angesichts der geopolitischen Anspruchserhebungen auf Grönland, das auch die größte Insel der Welt darstellt, sollen vorgezogene Parlamentswahlen "internen Spaltungen" entgegenwirken. "Die Zeiten zwingen uns, zusammenzuarbeiten und uns für unser Land zu vereinen" schrieb Egede Anfang Februar ebenfalls auf Facebook.
Die Wahl konstituiert das "Inatsisartut", wie das Parlament in der grönländischen Sprache heißt, neu. Es besteht aus 31 Abgeordneten und wird alle vier Jahre gewählt. Seit der letzten Wahl am 6. April 2021 besteht die Regierung aus der Mitte-Links-Partei "Inuit Ataqatigiit (IA) und der sozialdemokratischen "Siumut (S)". Drei weitere Parteien befinden sich in der Opposition.
Unabhängigkeit als Wahlkampfthema
Das Thema der Unabhängigkeit dominiert aktuell den Wahlkampf. Alle fünf der aktuell im Parlament vertretenen Parteien haben sich bereits gegen eine Annexion durch die USA ausgesprochen. Sie gehen damit auf den Wunsch der Bevölkerung ein. Laut einer im Jänner durchgeführten Umfrage wünschen sich 84 Prozent der Grönländer die Unabhängigkeit von Dänemark - jedoch nur, wenn keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen. Allerdings halten nur acht Prozent ihr Land aktuell dafür bereit. 52 Prozent gehen davon aus, dass die Unabhängigkeit innerhalb der nächsten zehn bis 20 Jahre realisiert werden könnte.
Deutlich ist auch die Ablehnung von Trumps Plänen: 85 Prozent der Grönländer geben an, nicht Teil der Vereinigten Staaten werden zu wollen, während fast die Hälfte Trumps Interesse sogar als Bedrohung empfindet. Die Umfrage wurde von Verian für die dänische Zeitung Berlingske und dem grönländischen Zeitungsverlag Sermitsiaq durchgeführt. Sie basiert auf Webinterviews mit 497 repräsentativ ausgewählten Bürgern Grönlands im Alter von 18 Jahren oder älter.
Die sozialdemokratische Regierungspartei Siumut plant nach den Wahlen ein Unabhängigkeitsreferendum. Parteichef Erik Jensen geht davon aus, dass die Abstimmung über die Unabhängigkeit "innerhalb der nächsten Wahlperiode" stattfinden werde. Auch der noch amtierende Premierminister stimmt dem zu. "Es ist notwendig, wichtige Schritte zu unternehmen. (..) Die bevorstehende neue Wahlperiode muss zusammen mit den Bürgern diese neuen Schritte schaffen", sagte Egede.
Warnungen vor Einflussnahme und Desinformation
Geheimdienste warnten jüngst vor möglichen Beeinflussungsversuchen aus dem Ausland. Die aktuelle geopolitische Lage könne von fremden Staaten genutzt werden, um ihre Interessen voranzutreiben, hieß es in einer gemeinsamen Einschätzung der dänischen Inlands- und Auslandsnachrichtendienste PET und FE. Besonders über soziale Medien werde gezielt Desinformation verbreitet. Russland habe ein starkes Interesse daran, die NATO zu spalten und westliche Staaten zu destabilisieren. Ein größerer US-Einfluss auf Grönland sei nicht im russischen Interesse.
Im Vorfeld hatte das grönländische Parlament bereits ein Gesetz verabschiedet, das es politischen Parteien verbietet, Spenden "von ausländischen oder anonymen Spendern" anzunehmen. Das neue Gesetz, dessen Ziel es ist, "Grönlands politische Integrität" zu schützen, trat am 4. Februar 2025 in Kraft. In der Gesetzesvorlage selbst heißt es, dass das Gesetz "vor dem Hintergrund der geopolitischen Interessen in Grönland und der aktuellen Situation, in der Vertreter einer verbündeten Großmacht ihr Interesse an der Übernahme und Kontrolle Grönlands bekundet haben, zu sehen ist". Auch inländische Parteispenden wurden in ihrer Höhe begrenzt.
Geopolitisches Interesse der EU und der USA
Die EU bekräftigte zuletzt ihre Unterstützung für Dänemark und Grönland. Beim Treffen der EU-Außenminister Ende Jänner erklärte EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas, dass Brüssel nicht über Grönland verhandle und hinter Dänemarks Autonomiepolitik stehe.
Grönland verfügt über riesige unerschlossene Bodenschätze. Die Wirtschaft hängt derzeit von der Fischerei und Zuschüssen aus Dänemark ab, doch die Insel besitzt 25 der 34 kritischen Rohstoffe, die von der EU als strategisch wichtig eingestuft wurden. Ende 2023 unterzeichneten die EU und die grönländische Regierung eine Absichtserklärung zur Entwicklung nachhaltiger Wertschöpfungsketten für Rohstoffe. Wenige Monate später eröffnete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Grönlands Hauptstadt Nuuk das erste EU-Büro in dem Land.
Auch die USA sind auf der Insel vertreten. Grönland beherbergt bereits eine US-Militärbasis. Die "Pituffik Space Base" dient unter anderem zur Überwachung von Raketenstarts und Weltraumaktivitäten in der nördlichen Hemisphäre.
Grönland gehört geografisch zu Nordamerika und war im 18. Jahrhundert von Dänemark kolonisiert worden. Die Insel hat seit dem Jahr 1979 einen Autonomiestatus, der 2009 erweitert wurde. Heute hat Grönland etwa 56.000 Einwohner, die 20 Prozent des Landes bevölkern. Der Rest ist von Eis und Schnee bedeckt.
(Von Daniela Pirchmoser/APA)
Zusammenfassung
- Am 11. März finden in Grönland vorgezogene Parlamentswahlen statt, um Stabilität angesichts geopolitischer Spannungen zu sichern.
- US-Präsident Trump bekräftigte sein Interesse an Grönland, was von der grönländischen Regierung entschieden abgelehnt wird.
- Laut Umfragen wünschen sich 84% der Grönländer Unabhängigkeit von Dänemark, jedoch nur ohne wirtschaftliche Nachteile.
- 85% der Grönländer lehnen eine Annexion durch die USA ab, und fast die Hälfte empfindet Trumps Interesse als Bedrohung.
- Geheimdienste warnen vor ausländischer Einflussnahme, und es wurde ein Gesetz gegen ausländische Parteispenden erlassen.