Ukrainerin: "Ich wollte nicht sofort fliehen"
Pryanikova kommt aus der Stadt Kramatorsk, welche sich in der Oblast Donezk im Osten der Ukraine befindet. Die Region Donezk ist zwar bereits seit 2014 umkämpft, Kramatorsk hat sich allerdings immer unter ukrainischer Kontrolle befunden, erklärt sie.
Flucht erst nach einer Woche
Am 24. Februar wurde Pryanikova gegen fünf Uhr von einem lauten Geräusch geweckt. Erst als Sie vom Fenster aus eine weitere Explosion beobachten konnte, begannt sie zu realisieren, was gerade passiert.
An diesem Tag wollte sie "nicht sofort fliehen". "Ich dachte, es sei eine einmalige Sache, dass es nicht weiterkommt – aber es ist weitergekommen", erklärt Pryanikova. Erst am zweiten oder dritten Tag habe sie den Entschluss gefasst, sie musste allerdings noch ihre Mutter überreden.
Das Verlassen der Heimat
"Sie wollte ihre Heimatstadt nicht verlassen. Sie sagte: 'Ich habe das damals irgendwie überlebt und ich werde das jetzt auch.'", berichtet Pryanikova. Nach einer Woche sind beide aber "losgestartet". Alle Bekannten, Freunde und Verwandten sind in der Ukraine verblieben. Man halte Kontakt über das Telefon und verschiedene Messenger, erzählt sie.
Die Situation in Kramatorsk ist "weitgehend ruhig", man hört zwar regelmäßig "Explosionen und Schüsse", aber die Versorgungssituation ist "in Ordnung – es gibt Brot, Strom und alles". Ihr Bruder engagiert sich auch in diesem Bereich. So hilft er zum Beispiel Älteren und Bedürftigen in der Stadt bei der Lebensmittelbeschaffung.
Flucht "sehr anstrengend"
Die Flucht beschreibt Pryanikova als "sehr anstrengend". Statt wie üblich "in zwei Stunden mit dem Flugzeug" haben die beiden Frauen drei Tage bis nach Wien gebraucht. "Zuerst mussten wir achteinhalb Stunden stehend auf den Zug am Bahnhof warten, danach sind wir eineinhalb Tage zur slowakischen Grenze gefahren.", erzählt Pryanikova. Von dort ging es dann zu Fuß weiter, bis sie ein Bus nach Bratislava gebracht hätte.
"Nun bin ich wieder hier"
In Österreich fühlt sich Pryanikova sicher – sie hat auch bis vor kurzem in Wien gelebt, erst Anfang Februar musste sie in die Ukraine zurückkehren, da ihr "Aufenthaltstitel abgelaufen ist". "Nun bin ich wieder hier", meint sie. Auf die Frage, was die Zukunft bringen wird, meint Pryanikova: "Meine Mutter will auf jeden Fall zurück in die Ukraine – ihr Leben ist dort." Sie wünscht sich außerdem, dass "das alles sehr schnell vorbei geht – dass alles aufhört".
Starke Ukrainerinnen und Ukrainer
Für Pryanikova war es keine große Überraschung, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer sich so stark gegen die russischen Truppen zur Wehr setzen können. "Wir sind halt so. Ich wusste immer, dass wir sehr stark sind, Männer und Frauen, das wundert mich nicht.", meint sie abschließend.
Zusammenfassung
- Nataliia Pryanikova ist gemeinsam mit ihrer Mutter aus dem Osten der Ukraine nach Österreich geflohen.
- Über die Stärke und den Verteidigungswillen ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger ist sie nicht überrascht: "Wir sind halt so."
- Die Situation in Kramatorsk ist "weitgehend ruhig", man hört zwar regelmäßig "Explosionen und Schüsse", aber die Versorgungssituation ist "in Ordnung – es gibt Brot, Strom und alles".