Ukraine: Europäische Bahnen erklären sich solidarisch
Die "Ukraine-Deklaration", die die Unterstützung zum Ausdruck bringt, soll am Samstag im Rahmen der in Wien stattfindenden jährlichen Tagung des Europäischen Eisenbahnverbands CER unterzeichnet werden. ÖBB-Chef Andreas Matthä sprach am Freitag in einer Pressekonferenz von einem "sichtbaren Zeichen".
Respekt an Ukrainische Bahn
"Die Kolleginnen und Kollegen bei der Ukrainischen Bahn arbeiten tagtäglich unter unvorstellbaren Umständen und riskieren ihr Leben. Sie brauchen unsere Unterstützung, damit der Bahnverkehr in der Ukraine weiterlaufen kann. Daher ist es nur logisch und richtig, dass wir als europäische Bahnen ein starkes Zeichen setzen und uns - über alle Landesgrenzen und Spurbreiten hinweg - gemeinsam zur Hilfe verpflichten", erklärte Matthä, derzeit Präsident des CER.
Botschafter sieht Relevanz der Erklärung
Die Deklaration zur Ukraine wurde im Vorfeld des zweitägigen Gipfeltreffens von Matthä, Krzysztof Mamiński, CEO der Polnischen Staatsbahn und Präsident des internationalen Eisenbahnverbandes UIC sowie CER Vice-Chair und Richard Lutz, CEO der Deutschen Bahn und CER Vice-Chair, präsentiert. Der ukrainische Botschafter in Österreich, Vassyl Khymynets, betonte in der Pressekonferenz die Relevanz der Erklärung.
Die gemeinsame Erklärung unterstreicht die Solidarität der Partnerbahnen in Europa und die gemeinsamen europäischen Werte. Die Bahnchefs verwiesen darauf, dass die ukrainische Bahninfrastruktur Rückgrat des humanitären Korridors für Vertriebene und Hilfslieferungen wie etwa Lebensmittel und medizinische Produkte ist. Bis Juni wurden mit der Bahn vier Millionen Menschen evakuiert. "In Krisenzeiten ist Verlass auf die Bahn", so Matthä.
Fokus auf Wiederaufbau
Die europäischen Bahnen wollen sich nach dem Ende des Krieges am Wiederaufbau der Bahn und ihrer Infrastruktur beteiligen. Sie appellieren an die EU, einen "Rebuild Ukraine"-Fund einzurichten, um Finanzmittel für die Bahn und die Bahninfrastruktur der Ukraine schnell und unbürokratisch verfügbar zu machen. Lutz sagte, die ukrainische Bahn benötige parallel zum Aufnahmeprozess in die EU eine Integration in das transeuropäische Verkehrsnetz. Laut CER wurden 21 Bahnhöfe, 49 Eisenbahnbrücken und 7.000 Kilometer an Schienen-Infrastruktur zerstört.
Die russische Invasion in der Ukraine hat auch internationale Bahnprojekte mit österreichischer Beteiligung jäh gestoppt. Vor neun Jahren hatten in Wien noch die Bahnchefs aus Russland, der Ukraine, der Slowakei und Österreich ein "Memorandum of Understanding" zur geplanten Verlängerung der Transsib-Breitspurbahn bis Wien unterzeichnet. Die ÖBB traten heuer im Frühjahr infolge des Krieges aus der Projektgesellschaft aus, diese werde nun aufgelöst, sagte Matthä am Freitag.
Integration der Ukraine ins Bahnnetz
Die Weichen stehen nun auf Integration der Ukraine in das europäische Bahnnetz. Die Schieneninfrastruktur sei ein wichtiger Hebel für das Zusammenwachsen, sagte DB-Chef Lutz. Auch Matthä meinte, es hätte eine "gewisse Logik", wenn die ukrainische Eisenbahn, die Ukrsalisnyzja, im Zuge des Wiederaufbaus von der russischen Breitspur auf die in Europa verbreitete Normalspur von 1.435 mm wechselt.
Spurweiten verzögern Getreidetransport
Die unterschiedlichen Spurweiten verzögern auch den Getreidetransport von der Ukraine zu Seehäfen im Westen. Im Moment würden rund 800.000 Tonnen pro Monat über den Landweg transportiert, Tendenz steigend, sagte Lutz. Aber um die insgesamt 22 Mio. Tonnen in Länder wie Ägypten zu bringen, brauche es zusätzliche Kapazitäten. Es könnte Jahre dauern, bis der Seeweg durch das Schwarze Meer wieder aktiviert werden könne, verwies Lutz auf die Minen in den ukrainischen Häfen.
Zusammenfassung
- Während in der Wirtschaftskammer der Rückhalt für die Ukraine bröckelt, bekräftigen rund 30 europäische Bahnchefs dieses Wochenende in Wien ihre Solidarität mit der Ukraine.
- Die "Ukraine-Deklaration", die die Unterstützung zum Ausdruck bringt, soll am Samstag im Rahmen der in Wien stattfindenden jährlichen Tagung des Europäischen Eisenbahnverbands CER unterzeichnet werden.
- ÖBB-Chef Andreas Matthä sprach am Freitag in einer Pressekonferenz von einem "sichtbaren Zeichen".