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Tauber Bub (11) dank Gentherapie geheilt - trotzdem sprachlos

Ein elfjähriger Bub, der von Geburt an taub war, kann nach US-Berichten dank einer speziellen Gentherapie wieder hören. Sprechen wird er trotzdem nicht mehr erlernen – Sprache kann nach den ersten Lebensjahren nicht mehr erlernt werden.

Der Bub aus Marokko habe in einem Kinderkrankenhaus in der Ostküstenmetropole Philadelphia als erster Mensch in den USA eine noch im Erforschungsstadium befindliche Gentherapie bekommen, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf das Krankenhaus und beteiligte Unternehmen.

Zu spät für Sprachentwicklung

Die Therapie bedeutet allerdings nicht, dass der Bursche nun Sprache versteht und selbst spricht: Womöglich werde er das nie können, hieß es im Bericht. Das Gehirn hat demnach ein Fenster für das Erlernen von Sprache, beginnend im zweiten oder dritten Lebensjahr. Nach dem fünften Lebensjahr ist es für immer geschlossen.

Seltener Gendefekt als Ursache

Der Elfjährige hat dem Bericht zufolge einen sehr seltenen Gen-Defekt, von dem weltweit nur rund 200.000 Menschen betroffen sind. Dabei verursache ein einzelnes verändertes Gen die Taubheit, was im Zuge der Behandlung durch eine intakte Version ersetzt werde.

Nach Abschluss der mehrmonatigen Therapie habe der Elfjährige nun ein so gut wie normales Hörvermögen, hieß es bei der "New York Times". Wenn auch nicht beim Sprechen oder Sprache verstehen, könne das zumindest beim Erfassen von Verkehr oder in ähnlichen Situationen, bei denen es um Aufmerksamkeit für Geräusche geht, hilfreich sein. Auch Musik könne er nun hören.

Therapie Kleinkinder geplant

Derzeit seien weltweit rund ein halbes Dutzend Studien mit einer solchen Therapie im Gang oder angesetzt, hieß es weiter. Nach dem Erfolg mit dem Elfjährigen wollen die Wissenschafter die Therapie bei jüngeren Kinder einsetzen.

Das Innenohr sei ein kleiner, geschlossener Raum, so dass eine dort eingesetzte Gentherapie keine Auswirkungen auf Zellen in anderen Teilen des Körpers habe, sagte Manny Simons, Geschäftsführer der beteiligten Firma Akouos, der "New York Times".

Einen geeigneten Kandidaten zu finden, war dem Bericht zufolge aus einem bestimmten Grund nicht leicht: Die meisten Babys, die mit dieser Form der Taubheit geboren werden, erhielten im Säuglingsalter sogenannte Cochlea-Implantate, um hören zu können, und kämen dann für solche Therapiestudien nicht mehr in Frage. Der behandelte Bub hatte in Marokko keine Schule besucht, erst nach einem Umzug nach Spanien lernte er in einer speziellen Schule in Barcelona die Gebärdensprache, wie es in der "New York Times" hieß.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein elfjähriger Junge aus Marokko, der von Geburt an taub war, kann dank einer speziellen Gentherapie in den USA wieder hören.
  • Trotz der erfolgreichen Therapie kann der Junge, der einen sehr seltenen Gen-Defekt hat, von dem weltweit nur rund 200.000 Menschen betroffen sind, möglicherweise nicht sprechen oder Sprache verstehen.
  • Nach Abschluss der mehrmonatigen Therapie hat der Junge nun ein fast normales Hörvermögen, und derzeit sind weltweit rund ein halbes Dutzend Studien mit einer solchen Therapie im Gange oder geplant.