Studie: Bis zu 4,7 Millionen Flüchtlinge bis 2030
Nach einem Corona-bedingten Einbruch steigen die Fluchtbewegungen, vor allem aus Afrika, wieder an. Geht es nach einer neuen Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw), wird dies auch bis 2030 so sein. Auch im Falle einer positiven Wirtschaftsentwicklung Afrikas und des Nahen Ostens rechnet das wiiw in den nächsten zehn Jahren mit rund 2,9 Millionen Ankünften aus diesen Regionen in Europa, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Studie.
Klimawandel wird noch wichtigerer Faktor für Flucht
Bei einer Lockerung der Einwanderungspolitik könnten es rund 4,7 Millionen Menschen sein. "Daraus allerdings abzuleiten, weiter an der Festung Europa zu bauen, wäre ein Trugschluss", so Michael Landesmann, Co-Studienautor und Ökonom am wiiw. Denn auch bei strengeren Zuwanderungsbestimmungen dürften sich laut den Studienergebnissen immer noch 2,5 Millionen Menschen auf den Weg machen. Gründe dafür (Stichwort Push-Faktoren) sehen die Autoren in der weiter auseinanderklaffenden Wohlstandsverteilung, in Kriegen und bewaffneten Konflikten sowie in Folgen des Klimawandels. Der letzte Punkt werde vor allem in Zukunft ein noch wichtigerer Faktor werden, insbesondere für Menschen aus Afrika.
Im Falle vermehrter politischer Instabilität und eines verschärften Klimawandels in den Herkunftsländern rechnete das Forscherteam mit fast vier Millionen, Richtung Europa Flüchtenden - "unabhängig davon, wie restriktiv wir die Zuwanderung bei uns gestalten", wie die wiiw-Ökonomin Isilda Mara betont.
Pull-Faktor alternde Bevölkerung Europas
Größter Pull-Faktor für Migration ist laut wiiw die alternde Bevölkerung Europas, die weiterhin eine Nachfrage nach Arbeitskräften schaffen und damit junge Menschen anziehen werde. Arbeitskräftemangel sei in vielen Staaten schon jetzt ein Problem und werde sich in den kommenden Jahren noch intensivieren.
Angesichts der Prognosen empfiehlt das wiiw der EU, enge Partnerschaften mit afrikanischen Staaten zur Steuerung von Migration und der Schaffung legaler Migrationswege zu schließen. Die Volkswirtschaften der EU bekämen so die Arbeitskräfte, die sie brauchen, während ein kontrollierter Zuzug die Bevölkerung nicht überfordere. Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten müsse zudem die Möglichkeit gegeben werden, sich in Europa aus- und weiterzubilden, um nach einer bestimmten Zeit zurückzukehren und so die Wirtschaft in der Heimat anzukurbeln. Auch Geldüberweisungen sollten erleichtert werden, so die Ökonomen.
Vorbereitung auf zukünftige Konflikte und Umweltkatastrophen
Darüber hinaus plädieren die Autoren der Studie für eine bessere Vorbereitung auf zukünftige Konflikte und Umweltkatastrophen in den Nachbarregionen der EU. "Die EU sollte mehr Geld für menschenwürdige Lebensbedingungen von Flüchtlingen in der Nähe von Konfliktgebieten zur Verfügung stellen", forderte der stellvertretende Direktor des wiiw, Richard Grieveson. Sie müsse außerdem bessere Kapazitäten aufbauen, um ärmere Länder im Falle unvorhergesehener Ereignisse schneller unterstützen zu können.
Zur Studie
Die Studie "Migration from Africa, Middle East and EU Eastern Partnership countries towards the EU-27: Challenges and prospects ahead" stellt eine unabhängige Forschungsarbeit des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) dar und wurde vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank finanziert.
Zusammenfassung
- Nach einem Corona-bedingten Einbruch steigen die Fluchtbewegungen, vor allem aus Afrika, wieder an.
- Geht es nach einer neuen Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw), wird dies auch bis 2030 so sein.
- Auch im Falle einer positiven Wirtschaftsentwicklung Afrikas und des Nahen Ostens rechnet das wiiw in den nächsten zehn Jahren mit rund 2,9 Millionen Ankünften aus diesen Regionen in Europa, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Studie.
- Bei einer Lockerung der Einwanderungspolitik könnten es rund 4,7 Millionen Menschen sein.
- "Daraus allerdings abzuleiten, weiter an der Festung Europa zu bauen, wäre ein Trugschluss", so Michael Landesmann, Co-Studienautor und Ökonom am wiiw.
- Denn auch bei strengeren Zuwanderungsbestimmungen dürften sich laut den Studienergebnissen immer noch 2,5 Millionen Menschen auf den Weg machen.