Quaggamuschel ist gekommen, um zu bleiben
Der Name leitet sich vom ausgestorbenen Quagga Zebra ab, dessen Muster den Ringen auf der Schale der wenige Zentimeter großen Muschel ähnelte. Heimisch ist die Quaggamuschel (Dreissena rostriformis) im Aralsee und in den Zuflüssen des Schwarzen Meeres. Von dort wurden ihre winzig kleinen Larven durch Boote, Wassersportausrüstung, aber auch Vögel mittlerweile bis Mitteleuropa und Nordamerika verschleppt. Ihre hohe Toleranz gegenüber Temperatur, Nährstoffarmut oder Salzgehalt erleichtert ihr, in neuen Lebensräumen Fuß zu fassen und dort heimische Arten zu verdrängen.
Die invasive Muschel hat längst den Bodensee für sich in Beschlag genommen. 2016 erstmals nachgewiesen, hat sie sich seither massiv ausgebreitet und ist heute praktisch überall im See zu finden. Für das Ökosystem Bodensee hatte und hat das drastische Auswirkungen: Weil sich die Quaggamuschel u.a. von Plankton ernährt, das sie aus dem Seewasser herausfiltert, kommen andere Arten - etwa der Bodenseefelchen - zu kurz.
Das und auch andere Gründe haben dazu geführt, dass sich die Situation für die Bodenseefischerei enorm verschlechtert hat. Wurden bis 2015 rund um den Obersee noch 400 bis 600 Tonnen an Speisefischen gefangen - zwei Drittel davon Felchen - so waren es seither im Mittel 270 Tonnen. Im vergangenen Jahr belief sich der Fangertrag auf 153 Tonnen Fisch. Damit sich der Felchenbestand erholen kann, gilt ab 2024 ein dreijähriges Fangverbot. Auch in Bezug auf die Trinkwasserversorgung - etwa vier Millionen Menschen in Baden-Württemberg trinken Wasser aus dem Bodensee - ist die Ausbreitung der Quaggamuschel "problematisch, da diese sich an den Entnahmebauwerken und in den Leitungen ansiedeln kann", wie es auf der Homepage der Bodensee-Wasserversorgung heißt. Die Reinigung von Leitungen und Filteranlagen ist aufwendig und entsprechend teuer.
In Oberösterreich dürfte die Quaggamuschel 2020 Attersee und Traunsee besiedelt haben. Mittlerweile wurde sie auch im Mondsee, den Feldkirchner Badesee sowie den Flüssen Donau, Traun und Ager nachgewiesen, informierte Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) über die Ergebnisse eines Monitorings, das im Juni mittels eDNA (environmental DNA/Genmaterial aus organischen Rückständen, Anm.) an 23 oberösterreichischen Seen durchgeführt wurde. "Das schreitet massiv voran", kennt auch Landesfischermeister Siegfried Pilgerstorfer das Problem, machen könne man nur wenig dagegen. Die Muschel hafte extrem fest am Grund des Sees und könne kaum entfernt - und auch nicht für kulinarische Zwecke gepflückt - werden, Fischernetze verfangen sich in ihr und werden beschädigt.
In Kärnten ist die Quaggamuschel 2022 zum ersten Mal nachgewiesen worden. Entdeckt wurden Exemplare bisher nur im Ossiacher See. Im Wörthersee und im Keutschacher See wurde die Muschel per DNA-Test nachgewiesen. "Wir stehen ganz am Beginn der Ausbreitung. Wie schnell das geht, ist nicht ganz prognostizierbar", sagte Martin Konar, Biologe am Kärntner Institut für Seenforschung auf APA-Anfrage. Um der Ausbreitung entgegenzuwirken, werden die Menschen aufgerufen, Wassersportgeräte und Badesachen nach dem Gebrauch sorgfältig mit heißem Wasser zu reinigen. Problematisch sind laut Experten auch Boote, die von einem Gewässer in ein anderes verlegt werden.
Wenn sich die Quaggamuschel vermehrt, breitet sie sich flächig auf jedem möglichen Untergrund aus. Rohre oder Filter können so leicht verstopfen, aber auch Schiffsrumpfe und Uferbereiche können betroffen sein. Die scharfen Kanten der Muscheln könnten etwa Badende verletzen. Für Boote und Stege dürfte der Wartungsaufwand steigen. Wie sich die Ökosysteme der Seen durch den Vormarsch der Quaggamuschel verändern, lässt sich schwer sagen, so Konar. "Bestimmte Fischbestände werden vielleicht zurückgehen, andere Fischarten könnten profitieren." Wegbekommen werde man die invasive Art jedoch nicht mehr.
In Niederösterreich und Salzburg wurden zwar noch keine Quaggamuscheln festgestellt, wohl aber eine Schwesternart, die ebenfalls invasive Zebramuschel: Diese ist laut Land Niederösterreich mittlerweile in der Donau und in einigen Zubringern weit verbreitet. Sie siedle sich ebenfalls an der Oberfläche von Steinen, Kies sowie Totholz an und könne beim Badebetrieb Probleme wie Schnittverletzungen verursachen, da auch sie sehr scharfkantig sei. "Eine ökologische Beeinträchtigung der Wasserpflanzen und Fische ist bisher jedoch nicht aufgetreten", wurde betont.
In Salzburg dürfte heuer ebenfalls die Zebramuschel wieder große Populationen in den meisten Seen bilden. Quagga-Nachweise gab es aber bisher noch keine. Laut der Abteilung Gewässerschutz des Landes werden Anfang September Wasserproben an den Uferbereichen der großen Seen entnommen. Anhand von DNA-Untersuchungen soll dann festgestellt werden, ob die Quaggamuschel bereits Einzug im Bundesland gehalten hat. Ein positiver Nachweis lässt jedoch keine Rückschlüsse darüber zu, in welcher Menge sie in den jeweiligen Seen auftritt.
In der Steiermark wurde die Quaggamuschel - vorerst - noch nicht nachgewiesen, aber es wurden laut Auskunft des Referates für Gewässeraufsicht und Gewässerschutz im Rahmen eines österreichweiten Monitorings Proben von den drei großen steirischen Seen Grundlsee, Altausseer See und Toplitzsee an das Landwirtschaftsministerium zur eDNA-Analyse eingeschickt. Ergebnisse seien bis Ende des Jahres zu erwarten. Auch in Tirol ist derzeit kein Vorkommen der Quaggamuschel bekannt. Allerdings wird im Sommer bzw. Herbst das Artinventar sowohl heimischer als auch gebietsfremder Fisch-, Krebs- und Muschelarten in 40 ausgewählten Tiroler Seen erhoben. In diesem Zug soll geprüft werden, ob die Quaggamuschel in Tirol bereits vertreten ist, hieß es seitens des Landes. Auch im Burgenland wurde die invasive Art noch nicht nachgewiesen.
Zusammenfassung
- Die aus dem Schwarzmeerraum eingewanderte Quaggamuschel breitet sich in österreichischen Gewässern zunehmend aus.
- Der Bodensee-Fischerei macht sie schon lange zu schaffen, mittlerweile hat sie auch Gewässer in Oberösterreich und Kärnten erreicht.
- Ihre scharfkantigen Schalen sind nicht nur sehr unangenehm für Badende, sie können auch Rohre verstopfen, Stege und Boote beschädigen.
- Auch im Burgenland wurde die invasive Art noch nicht nachgewiesen.