Österreichischer Künstler missbrauchte Frauen - mögliche weitere Opfer
Bekannt ist Helmut K. für seine surrealistischen Werke - in der Wiener Hofmühlgasse ziert ein Wandgemälde etwa eine Häuserfassade, in seinem Heimatort Bruck an der Mur führt kaum ein Weg an seinen Skulpturen vorbei. International stellte der 77-Jährige u.a. bereits in Berlin, Paris, Rom, Sydney und sogar auf Bali aus.
In der Öffentlichkeit wird er gefeiert, privat wurde K. jedoch vergangenen November am Wiener Straflandesgericht rechtskräftig verurteilt: Er hat zwei junge Frauen sexuell missbraucht, berichtet "Die Zeit".
Fake-Kalender als Vorwand
Die zwei Frauen in ihren Zwanzigern hätten über eine Jobplattform für Studierende mit K. Kontakt aufgenommen. Dort habe der Künstler ein Inserat geschaltet, er suchte nach weiblichen Foto-Modellen für einen Bodypainting-Kalender. Als Honorar versprach er 100 Euro. Die beiden Frauen bewarben sich unabhängig voneinander und kennen einander nicht, vor Gericht seien ihre Schilderungen der Vorfälle aber praktisch ident gewesen, so "Die Zeit".
Beide trafen K. im Dezember 2022 in seiner Villa im 19. Bezirk, die dem Maler als Wohnhaus und Atelier dient. Eine der Frauen erzählte vor Gericht, dass K. sie bei ihrem Termin angewiesen habe, sich auf ein Sofa im Erdgeschoß - statt im Atelier - zu legen und sich auszuziehen. Zuerst habe er danach ihren Oberkörper bemalt, dann habe er begonnen, sie zu streicheln und ihren Intimbereich bemalt.
Geld für sexuelle Handlungen
Sie habe "nein, bitte nicht" gesagt und seine Hand weggeschoben. K. habe aber nur kurz aufgehört, bevor er ihr auch Glaskugeln und einen Pinselstiel in ihren Intimbereich eingeführt sowie Oralverkehr an ihr vollzogen habe.
Zudem habe er ihr für weitere sexuelle Handlungen Extra-Geld angeboten. Von den Fotos, die während des Vorfalls entstanden seien, hätte K. gesagt, dass sie "nur für uns sind".
Diesen Satz habe auch die zweite junge Frau gehört, auch sonst schilderte sie Ähnliches. K. habe ihren Intimbereich gegen ihren Willen bemalt, ihr Geld für sexuelle Handlungen geboten und sie vaginal penetriert, obwohl sie immer wieder "Nein" gesagt habe.
Beide Frauen meldeten die Übergriffe unabhängig voneinander dem Wiener Frauennotruf und brachten sie so zur Anzeige.
Künstler weist Vorwürfe zurück
Vor Gericht bestritt K., den Models Geld für sexuelle Handlungen geboten zu haben. Das Einsetzen der Glaskugeln habe zwar stattgefunden, doch sei es einvernehmlich geschehen. Für die meisten Fragen wusste K. aber keine Antwort, etwa wieso die Fotos in beiden Fällen nie veröffentlicht wurden, obwohl es sich angeblich um ein professionelles Kalenderprojekt handelte.
Die Richterin urteilte, dass der Auftritt der Frauen "unfassbar glaubwürdig" gewesen sei. Wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung wurde K. rechtskräftig zu neun Monaten bedingter Gefängnisstrafe auf drei Jahre Bewährung verurteilt.
Weiteres Opfer meldete sich
Die Recherche der "Zeit" deckte aber auf, dass K. die Bodypainting-Masche nicht erst 2022 verwendet haben soll, um Frauen in sein Atelier zu locken. Eine weitere Frau, die heute 35 Jahre alt ist, schilderte der "Zeit" ihre Erfahrungen aus dem Jahr 2006. Die damals 18-Jährige habe den Künstler ebenfalls im Rahmen eines Jobinserats für ein angebliches Kalenderprojekt kennengelernt.
Bei dem Bodypainting-Shooting habe K. ihren Intimbereich bemalt und ihr vaginal Pinsel eingeführt, obwohl sie sich verbal und nonverbal gewehrt hätte. Wie die anderen beiden Frauen habe sie furchtbare Angst gehabt: "Ich war allein mit ihm im Atelier. Ich wusste nicht, wie ich mich aus der Situation befreien kann und wie er reagieren würde."
Die Bilder von ihr wurden ebenfalls nie veröffentlicht.
Langzeitfolgen der Opfer
Jahrzehntelang habe sie den Vorfall traumabedingt und aus Scham verdrängt, im November 2023 brachte sie ihn schließlich zur Anzeige. Das Verfahren wurde aber bereits Ende desselben Monats wegen Verjährung eingestellt. Mit den Folgen des Übergriffs habe die 35-Jährige immer noch zu kämpfen: Sie leide u.a. unter Depressionen und einer posttraumatischen Belastungsstörung, weswegen sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne.
Auch eines der beiden anderen Opfer leide weiterhin unter dem Vorfall. Wenn jemand sie berühre, zucke sie zusammen, selbst, wenn es eine ihr vertraute Person sei.
Künstler wirbt weiter für seine Werke
Gegenüber der "Zeit" übermittelte der Anwalt des Künstlers ein allgemeines Statement zu den Vorfällen. Sein Mandant habe "zu keinem Zeitpunkt in deren Recht (das der Frauen. Anm.) auf sexuelle Bestimmung eingegriffen, respektive gegen deren Willen sexuelle Handlungen vorgenommen".
Während die Vorfälle die Frauen weiterhin verfolgen, scheint K. kaum beeinträchtigt zu sein. Ungeachtet des Schuldspruchs bewirbt er auf Instagram bereits seine nächste Kunstinstallation Anfang Februar.
Angesichts der Tatsache, dass die bekannten Fälle zeitlich so weit auseinander liegen, könnte es möglicherweise noch weitere Opfer geben.
Anlaufstellen bei Gewalt:
- Frauen-Helpline: 0800/222 555
- 24-Stunden-Frauennotruf der Stadt Wien: 01/71719
- Frauenhaus-Notruf: 05 77 22
- Männerberatung Wien: 01/603 28 28
- Rat auf Draht - Hilfe für Kinder & Jugendliche: 147
- Im Fall von akuter Gewalt: Polizei-Notruf: 133
Zusammenfassung
- Der steirische Künstler Helmut K. soll zwei Frauen mit Jobinseraten in sein Atelier gelockt und sexuell missbraucht haben.
- Dafür wurde er Ende 2023 schuldig gesprochen und rechtskräftig verurteilt.
- "Die Zeit" berichtet, dass sich mindestens ein weiteres Opfer gemeldet hat.
- Möglicherweise gibt es aber noch viel mehr.