Oberösterreicher in Graz wegen Mordes verurteilt
Der Angeklagte - er ist selbst Jurist - war während aller vier Verhandlungstage bei seiner Notwehr-Schilderung geblieben. Staatsanwältin Patricia Weber unterstrich aber in ihrem Schlussplädoyer das ausführliche Beweisverfahren, das "alle Fragen geklärt" habe. Für sie war es klar Mord: "Das Opfer hatte nicht den Hauch einer Chance." Und der Angeklagte habe auch in Richtung des Bruders geschossen, weshalb auch der Mordversuch angeklagt ist.
Der Oberösterreicher hatte erst nach sieben Monaten in Untersuchungshaft angegeben, dass es Notwehr gewesen sein soll. "So einen Umstand bringt man doch nicht erst nach sieben Monaten ins Spiel", meinte sie. Es sei "einfach eine Geschichte, wie schon so vieles zuvor", das der Angeklagte etwa seinen Ex-Freundinnen vorgelogen habe.
"Es ist sein gutes Recht, sich seine eigene Geschichte zusammenzudichten, aber irgendwann muss man die Verantwortung übernehmen", sagte die Anklägerin weiter. Er habe sich an jenem 23. Februar 2020 im Haus seiner Ex in Großwilfersdorf zu "Herr über Leben und Tod gemacht". Die Steirerin sei die erste gewesen, die ihn zurückgewiesen und sein Lügenkonstrukt aufgedeckt habe. "Er reagierte mit Gewalt." Der Verteidiger versuche eine "klassische Täter-Opfer-Umkehr", doch "lassen Sie sich davon nicht blenden", sagte sie in Richtung der Geschworenen.
Noch eindringlicher in der Wortwahl war Bernhard Lehofer, der Anwalt der Brüder und Hinterbliebenen: Die Verantwortung des Beschuldigten in den vier Tagen sei eine "nahezu bis an die Unerträglichkeit reichende Verhöhnung des Opfers und der Brüder". Für diese "lächerliche Notwehr-Version" brauche er seine vielen Anwälte. "Es ist eine Frechheit und Dreistigkeit, wie er das Opfer verhöhnt."
Lehofer hält den Angeklagten - im Gegensatz zu den Gutachtern - für "brandgefährlich": "Ein Narzisst in Reinkultur." Die Steirerin habe ihn aber durchschaut und sich gewehrt: "Das war ihr Todesurteil." Der Anwalt geht davon aus, dass der 35-Jährige einen "perfiden Plan" hatte, um sein Opfer zu töten. "Er hält uns alle für dumm und er will Sie, Geschworene, für dumm verkaufen. Er wollte den perfekten Mord", doch der Bruder kam dazwischen. Es sei "erbärmlich, dass er nicht einmal jetzt gesteht, sondern auf das Grab seines Opfers spuckt".
Der Verteidiger, Gerald Ruhri, dagegen betonte die Ergebnisse der Gutachten zur Persönlichkeit des Angeklagten: "Sie sagten, dass künftig keine Gefahr mehr von ihm ausgeht." Die Kernfrage sei, ob das Opfer nicht selbst eine Waffe gehabt haben könnte, so wie es der Beschuldigte sagt. Aus Telefonmitschnitten, die auch im Gerichtssaal vorgespielt wurden, habe er "Aggression und Abneigung" seitens der Steirerin gegenüber seines Mandanten herausgehört. Daher hält er es für möglich, dass sie eine Waffe hatte. Und der Bruder habe die Möglichkeit gehabt, diese verschwinden zu lassen. Weiters gebe es "eine Reihe von offenen Fragen" rund um das ballistische Gutachten. "Die Lücken dürfen nicht zum Nachteil des Angeklagten sein." Es würden Zweifel am Sachverhalt bestehen, den die Geschworenen berücksichtigen sollten. "Es war kein Mord, sondern eine Situation, wo Dinge ausufern", so Ruhri abschließend.
Zusammenfassung
- Ein 35-jähriger Oberösterreicher ist Donnerstagabend im Grazer Straflandesgericht wegen Mordes an seiner Ex-Freundin sowie versuchten Mordes an deren Bruder zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
- Die Geschworenen glaubten nicht an die Notwehr-Version des Beschuldigten und entschieden einstimmig, dass er schuldig des Mordes ist.
- Der Angeklagte bat um drei Tage Bedenkzeit.
- Für sie war es klar Mord: "Das Opfer hatte nicht den Hauch einer Chance."