APA/APA/WWF/ANTON VORAUER

"Neue" gefährdete Moore in heimischen Alpen identifiziert

90 Prozent aller österreichischen Moore sind bereits verschwunden, ging aus einem kürzlich publizierten "Mooratlas" hervor. 160 Hektar bisher nicht dokumentierte Moore wurden nun jedoch im Zuge einer WWF-Erhebung in den Alpen ausfindig gemacht. Eine an sich gute Nachricht, doch WWF-Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek warnte am Mittwoch in einer Online-Pressekonferenz, dass dem größten dieser Feuchtgebiete in den Ötztaler Alpen in Tirol ein baldiges Ende drohen würde.

Über 20 Hektar umfasst die Feuchtgebiets-Landschaft im Platzertal - 28 Fußballfelder wären das durchschnittlich -, und laut WWF wäre ein beträchtlicher Teil davon durch die geplante Expansion des Kraftwerks Kaunertal gefährdet: "Im Zuge des Mega-Projekts will der Tiwag-Konzern eine 120 Meter hohe Staumauer im Platzertal errichten und über sechs Hektar der wertvollen Moorflächen fluten", lautet Urbaneks Warnung vor der "größten Moorzerstörung Mitteleuropas".

Laut dem Studienautor Marlon Schwienbacher ist die Gesamtlage der Hochmoore nicht ideal, nur ein Drittel sei noch weitgehend unberührt und nur knapp die Hälfte der Gebiete aktuell geschützt. Noch schlechter ist es um die bestehenden Moorflächen bestellt, von den zehn Prozent, die nicht wie die Mehrheit als "effektiv zerstört" gelten, sind bereits 90 Prozent "stark gestört". Schwienbachers Erhebung der hochalpinen Moorlandschaften liefert seinen Angaben nach eine erste systematische Abschätzung zu deren Bestand und soll eine gezielte Kartierung erleichtern sowie "eine erste systematische Einschätzung über die Verbreitung, Bedeutung und Gefährdung alpiner Moorlandschaften ermöglichen".

Dieses weitere Vorgehen, das auch im Zuge der vor einem Jahr publizierten österreichischen Moorstrategie 2030+ des Landwirtschaftsministeriums vorgesehen ist, sei natürlich nicht möglich, wenn die Moore vorher zerstört werden, warnte Moorexperte Harald Zechmeister von der Universität Wien. Die Zerstörung der Feuchtgebiete führe bekanntlich auch dazu, dass aus den CO2-Speichern dann leistungsstarke CO2-Emittenten werden: "Wollen wir diese Zerstörung wirklich?", so der Experte vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung - dann bliebe von der "sauberen Energie" nicht mehr viel übrig, die für eine "mittelfristige Überbrückung von Energienotständen" entstehen würde.

Aus Sicht des WWF gibt es nur eine Lösung, "den Stopp der geplanten Expansion". Auch ein Umbetten des Moores, also ein Abtragen eines Teils, würde keine Lösung darstellen, laut Zechmeister ist "das Verpflanzen der Moore zum Scheitern verurteilt". In insgesamt elf Tälern wurden Moore mit einer Feuchtgebietsfläche gefunden, die mindestens einen Hektar überschreiten - Zechmeister tritt dafür ein, auch alle elf unter Schutz zu stellen.

Der WWF erinnerte im Zuge der "neuen" Hochmoore Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) an seine eigenen Aussagen Anfang Februar, als er in einer Aussendung "intakte Feuchtgebiete wie Moore, Auwälder oder Sümpfe" unter anderem als "Schlüsselfaktor für den Klimaschutz" bezeichnete und die Wichtigkeit ihres Schutzes unterstrich. Urbanek warnte in Sachen Kaunertal vor dem "Staudamm von der Höhe des Stephansdoms": "Angesichts der Klimakrise und des Artensterbens" sei es "indiskutabel", wenn nun der landeseigene Energieversorger Tiwag und das Land Tirol dieses Projekt vorantreiben würden. Die Tiwag will den Kaunertal-Ausbau jedenfalls wieder vollumfänglich bei der Behörde zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) einreichen. "Es gibt Alternativen zu diesem Kraftwerksprojekt" und "wir finden, dass es gestoppt werden soll und die Tiroler Energiewende neu diskutiert werden muss", meinte hingegen Urbanek einmal mehr.

(S E R V I C E - WWF-Erhebung und Fotos zu alpinen Hochmooren unter: http://shorturl.apa.at/cgi-bin/SuMgr)

ribbon Zusammenfassung
  • 90 Prozent aller österreichischen Moore sind bereits verschwunden, ging aus einem kürzlich publizierten "Mooratlas" hervor.
  • 160 Hektar bisher nicht dokumentierte Moore wurden nun jedoch im Zuge einer WWF-Erhebung in den Alpen ausfindig gemacht.
  • Aus Sicht des WWF gibt es nur eine Lösung, "den Stopp der geplanten Expansion".
  • (S E R V I C E - WWF-Erhebung und Fotos zu alpinen Hochmooren unter: http://shorturl.apa.at/cgi-bin/SuMgr)