Nach Sprung vom Balkon wegen fortgesetzter Gewalt verurteilt
Er zog sich dabei schwere Beinverletzungen zu und wurde noch auf der Straße liegend festgenommen. Mit einem eingegipsten linken Bein und auf zwei Krücken angewiesen, humpelte der gebürtige Algerier nun von zwei Justizwachebeamten eskortiert zum Verhandlungssaal. Dort legte er ein umfassendes Geständnis ab und machte darüber hinausgehend von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch: "Ich bin schuldig, ohne dass ich Weiteres aussagen möchte."
Verteidiger Alexander Philipp, der den Akt eingehend studiert hatte, betonte, sein Mandant sei an sich ein liebevoller Partner gewesen. Er sei immer dann handgreiflich geworden, wenn er zu viel Alkohol intus hatte. Das bestätigte im Anschluss die Betroffene, die bereits unmittelbar nach der Festnahme ihres Ex-Lebensgefährten erklärt hatte: "Wenn er nichts getrunken hat, war er ein sehr lieber, netter Mensch. Sobald er drei, vier Bier gehabt hat, hat er die Sau rausgelassen."
Die 55-Jährige war rund eineinhalb Jahre mit dem Angeklagten liiert. Seit dem Sommer soll er sie regelmäßig mit Faustschlägen traktiert, geohrfeigt und an den Haaren gerissen haben. Per WhatsApp bekam die Frau auch Drohungen wie "Heute wird Blut fließen" oder "Ich zünde die Wohnung an". Der betagten Mutter der 55-Jährigen schrieb der Mann, er werde "deiner Schlangentochter den Kopf abschneiden".
Betroffene: "Die Angst war groß"
Auf die Frage, warum sie nicht früher die Polizei verständigt hätte, erwiderte die 55-Jährige: "Die Angst war groß." Sie hätte monatelang "große Schmerzen" gehabt, schilderte die Zeugin: "Jetzt geht es mir wieder besser. Ich fühle mich etwas befreiter. Ich war sehr eingeengt, sehr unter Druck."
Der 42-Jährige wurde am Ende wegen fortgesetzter Gewaltausübung, Nötigung und gefährlicher Drohung zu einem Jahr Haft verurteilt, das dem bisher Unbescholtenen unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Er war damit einverstanden, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Die 55-Jährige bekam 1.000 Euro Schmerzengeld zugesprochen.
Am Balkon sechs Kilogramm Cannabis sichergestellt
Aus der U-Haft entlassen wurde der Algerier trotz der über ihn verhängten Bewährungsstrafe aber nicht - die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn nämlich wegen des Verdachts auf Suchtgifthandel im größeren Stil. Diese Geschäfte dürften auch der Grund dafür gewesen sein, weshalb sich der Mann in Panik vom Balkon in die Tiefe gestürzt hatte, als die Polizei bei ihm anklopfte. Am Balkon wurde ein Trolley entdeckt, in dem sich sechs Kilogramm Cannabis befanden.
(S E R V I C E - In Österreich finden Frauen, die Gewalt erleben, u. a. Hilfe und Informationen bei der Frauen-Helpline unter: 0800-222-555, www.frauenhelpline.at; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter www.aoef.at; Gewaltschutzzentrum Wien: https://www.gewaltschutzzentrum.at/wien/ und beim 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 sowie beim Frauenhaus-Notruf unter 057722 und den Österreichischen Gewaltschutzzentren: 0800/700-217; Polizei-Notruf: 133)
Zusammenfassung
- Ein 42-jähriger Mann wurde in Wien wegen fortgesetzter Gewalt gegen seine 55-jährige Partnerin zu einem Jahr Haft verurteilt, das unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.
- Der Mann sprang bei der Festnahme vom Balkon und verletzte sich schwer, während auf dem Balkon sechs Kilogramm Cannabis sichergestellt wurden.
- Die Frau erhielt 1.000 Euro Schmerzengeld zugesprochen, und die Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen den Mann wegen Verdachts auf Suchtgifthandel.