Mobilitätswende ist laut Forschern Einstellungssache
Die Verkehrswende muss sich zuerst in den Köpfen der Menschen abspielen, man sollte sich von der Obsession lösen, sie durch technische Umstellungen lösen zu können, erklärte Jens Dangschat von der Technische Universität (TU) Wien vor Journalisten. Nachdem man über 70 Jahre lang Strukturen förderte, die das Selbstbewusstsein der Leute von ihren Autos abhängig machte, wäre das nicht leicht.
"Wir verfehlen gerade im Verkehrsbereich die Klimaziele trotz aller technischer Fortschritte weit", sagte Dangschat, der an der Fakultät für Architektur und Raumplanung der TU Wien forscht. Während in allen anderen Bereichen die schädlichen Emissionen seit den 1990er Jahren zurückgingen, stiegen sie im Verkehrssektor. Dafür sei vor allem der "Rebound-Effekt" verantwortlich, also dass Verhaltenseffekte die technischen Fortschritte kompensieren. "Die Leute fahren immer mehr, immer weiter, immer länger und bewegen immer mehr Tonnen durch die Gegend, weil die Autos immer größer werden und der Anteil der SUVs steigt", sagte er in einer Online-Pressekonferenz des "Diskurs-Wissenschaftsnetz".
Derzeit würde dem Auto zu viel Bedeutung zugemessen, es ist die wichtigste Investition für die Leute gleich nach dem Wohnen, was aber unter anderem auch daran liegt, dass man über 50 Jahre lang "autoaffine Siedlungsstrukturen" aufgebaut hat. Deswegen bräuchte es eine unterstützende "Wohnwende", sagte Astrid Gühnemann vom Institut für Verkehrswesen der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien.
Es gäbe einen massiven Trend zu Einfamilienhäuser-Siedlungen in Stadtnähe, die schlecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Rad oder zu Fuß erreichbar sind. Sie plädiert dafür, bei solchen Siedlungen die Verbindungen zu Knotenpunkten des öffentlichen Verkehrs zu fördern, etwa durch Elektrofahrräder und einer sicheren, gut vernetzten Radinfrastruktur sowie Geschwindigkeitsreduktionen.
Aktuell droht der Autoverkehr wieder mehr zu werden, weil die Leute den öffentlichen Verkehr aufgrund der Ansteckungsgefahr mit SARS-CoV-2 eher meiden. Immerhin nutzten viele Städte wie Wien die Krise, um neue Dinge auszuprobieren wie Pop-up-Radwege, um die Nahmobilität verstärkt zu fördern, sagte Harald Frey vom Institut für Verkehrswissenschaft der Technischen Universität (TU) Wien.
Zusammenfassung
- Die Verkehrswende muss sich zuerst in den Köpfen der Menschen abspielen, man sollte sich von der Obsession lösen, sie durch technische Umstellungen lösen zu können, erklärte Jens Dangschat von der Technische Universität (TU) Wien vor Journalisten.
- Nachdem man über 70 Jahre lang Strukturen förderte, die das Selbstbewusstsein der Leute von ihren Autos abhängig machte, wäre das nicht leicht.