Massive Kritik an "Haftanstalt" in Flüchtlingscamp Lipa
Der Minister für Menschenrechte und Flüchtlinge, Sevlid Hurtić, hat sich diese Woche klar gegen die Inbetriebnahme der Anstalt ausgesprochen. Man dürfe nicht zulassen, dass irgend jemand in der "Haftanstalt" untergebracht werde, erklärte der Minister am Dienstag für das Internetportal "faktor.ba".
Haft für 72 Stunden
Die Einrichtung wurde im Auftrag der EU-Kommission vom Wiener Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) errichtet. Laut ICMPD-Generaldirektor Michael Spindelegger kostete die Containeranlage 500.000 Euro und soll Platz für zwölf Personen bieten. Untergebracht werden sollen Personen, die andere Bewohner des Lagers gefährden, und zwar für höchstens 72 Stunden, so Spindelegger im APA-Gespräch. Das ICMPD sei beim Bau zum Zug gekommen, weil eine direkte Beauftragung durch die EU-Kommission möglich gewesen sei und eine rasche Errichtung gewünscht wurde. Die Anlage sei seit Jänner fertig, und man warte nun auf die Übergabe an die bosnischen Behörden.
Für Hurtić ist das größte Problem der Anlage, dass sie sich im Rahmen des Flüchtlingscamps befindet. Flüchtlinge sollten "keinen Kontakt mit Kriminellen" haben, so der Minister. Laut früheren Angaben des bosnischen Innenministers Nenad Nesić sind in Lipa 254 Flüchtlinge untergebracht.
In den ersten drei Monaten des Jahres seien auf Basis eines Rückführungsabkommens 768 Personen aus Kroatien nach Bosnien abgeschoben worden, sagte der Minister. Weitere 1.816 Rückführungsanträge wurden abgelehnt. Unter den Personen sei keine, die die "Sicherheit von Bürgern Bosniens und ihrem Eigentum" gefährden würde.
Keine Baugenehmigung?
In einzelnen bosnischen Medien war Anfang April zu lesen, dass die Haftanstalt im Flüchtlingscamp Lipa ohne Baugenehmigung errichtet worden sei. Diese hätte die Stadtverwaltung von Bihać erteilen müssen. Das ICMPD habe sich diesbezüglich aber nie an die Behörden von Bihać gewandt, hieß es.
Spindelegger sagte dazu im APA-Gespräch: "Bevor wir einen Handgriff gerührt haben, haben wir den Eigentümer, das ist das bosnische Ministerium für Sicherheit, gefragt und (...) mitgeteilt bekommen, dass alle erforderlichen Bewilligungen vorliegen und wir zu bauen beginnen können." Er unterstrich auch, dass das ICMPD nur Errichter der Anlage sei, nicht aber Eigentümer und Betreiber. Auch der bosnische Innenminister Nesić erklärte kürzlich im Parlament, dass "alles im Einklang mit dem Gesetz" verlaufen sei.
EU-Kommission bestätigt Freiheitsentzug
Unterdessen nahm auch die EU-Kommission zu der umstrittenen Anlage Stellung. Ein Sprecher der Brüsseler Behörde sagte der Tageszeitung "Der Standard" bestätigte, dass es in Lipa auch zu Freiheitsentzug kommen könne. Die Anlage sei ein "Mehrzweckzentrum", in dem Migranten versorgt und identifiziert würden. "In spezifischen Fällen sind bis zu einer endgültigen Entscheidung über Asyl oder Rückführung auch Freiheitseinschränkungen und Festnahmen möglich", hieß es in der Stellungnahme.
Zusammenfassung
- In Bosnien-Herzegowina reißt die Kritik an der Internierungseinrichtung im Flüchtlingslager Lipa bei Bihać nicht ab.
- Der Minister für Menschenrechte und Flüchtlinge, Sevlid Hurtić, hat sich diese Woche klar gegen die Inbetriebnahme der Anstalt ausgesprochen.
- Man dürfe nicht zulassen, dass irgend jemand in der "Haftanstalt" untergebracht werde, erklärte der Minister am Dienstag für das Internetportal faktor.ba.
- Die Einrichtung wurde im Auftrag der EU-Kommission vom Wiener Zentrum für Migrationspolitik (ICMPD) errichtet.