Krisenzentren für Kinder und Jugendliche problematisch
Demnach erfolgten von 68 Monitoringbesuchen von Mitarbeitern der KJA 15 in Krisenzentren (KRIZ), 53 in Wohngemeinschaften der MA11 bzw. von privaten Trägern. Dabei habe man sich überproportional viel mit den KRIZ beschäftigen müssen, es "gab zahlreiche Beschwerden von Kindern, Jugendlichen und deren Angehörigen, aber auch von Personen aus dem professionellen Umfeld". Die Besuche in den Kriz hätten dabei ein meist ähnliches Bild ergeben: "viele herausfordernde Kinder, zu wenig und stark belastetes Personal sowie der immer schwerer zu erfüllende Auftrag der Krisenabklärung".
Für die betreuten Kinder und Jugendlichen bedeutet das "Matratzen auf dem Boden, fehlende Schreibtische zum Lernen und einen eklatanten Mangel an Platz, Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten". Die KJA weiter: "Außerdem birgt der Überbelag Gefahren, da in einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichsten traumatischen Erfahrungen, die auf engem Raum zusammenleben, Übergriffe und Unfälle passieren können - auch weil immer wieder Gruppenkonstellationen auftreten, die nicht dem Kindeswohl entsprechen (z. B. Kleinkinder neben psychiatrisch auffälligen Kindern oder delinquenten Jugendlichen)."
DIe KJA forderte eine Verringerung der Altersspannen - derzeit wird demnach nur zwischen Drei- bis 15-Jährigen einerseits und 16- bis 17-jährigen Jugendlichen andererseits differenziert. Nach Möglichkeit sollte die Unterbringung in KRIZ überhaupt vermieden werden, dies dürfe "nur das letzte Mittel sein". Entsprechend müsse es für Rückstellungen aus Wohngemeinschaften und Pflegeverhältnissen andere Lösungen geben.
Auch in den Wohngemeinschaften sah die KJA neben viel Positivem Anlass für Kritik, wobei es hier vor allem um die Personalsituation geht. Nachbesetzungen würden schwieriger, die Teams seien bei den Monitoringbesuchen unterbesetzt gewesen, die Fluktuation sehr hoch. Daneben wurden starre Hausordnungen, Übergriffe durch andere Kinder und Jugendliche, Fehlplatzierungen, Weglaufen aus der Einrichtung und strenge, nicht auf Augenhöhe kommunizierende Sozialpädagoginnen und -pädagogen beobachtet.
Die KJA wies darüber hinaus in ihrem Bericht auf die herausfordernden Folgen der Pandemie hin. Die Umsetzung der Kinderrechte habe noch immer zu wenig Beachtung gefordert. Es gebe eine "weiterhin unzureichende Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kinderarmut, psychische, physische und sexuelle Gewalt, Wohnungslosigkeit bei jungen Erwachsenen und Leistungsdruck in der Schule oder die massiven Lücken im integrativen Schulbereich".
"Die Betrachtung der schwerwiegenden Auswirkungen der Covid-19-Pandemie macht insbesondere eines deutlich: Kinderschutzkonzepte sind gerade in Krisenzeiten unverzichtbar", betonte die KJA Wien. "Geregelte und funktionierende Leitlinien zum Schutz von Kindern, die an spezifische Organisationen angepasst und auf individuelle Bedürfnisse betroffener Kinder zugeschnitten sind, fehlen größtenteils".
Zusammenfassung
- Die Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft (KJA) ortet "problematische Zustände in den Krisenzentren" und eine" prekäre Personalsituation in den Wohngemeinschaften". Das geht aus dem am Donnerstagnachmittag veröffentlichten Jahresbericht 2021 der KJA hervor. Diese habe "als externe, unabhängige Kontrollstelle die Aufgabe, präventive Maßnahmen zu setzen und bei Missständen einzuschreiten".