APA/APA/DIETMAR STIPLOVSEK/DIETMAR STIPLOVSEK

KHBG-Betrug in Vorarlberg: Weitere Firmen könnten betroffen sein

Die in Vorarlberg am Mittwoch bekanntgewordenen Betrugsvorwürfe betreffen nicht nur die Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG).

Auch beim Unternehmen Hirschmann Automotive in Rankweil (Bez. Feldkirch) gab es eine Hausdurchsuchung, wie am Donnerstag bestätigt wurde. Unterdessen zeigte sich KHBG-Geschäftsführer Gerald Fleisch, der seinen Urlaub in Süditalien abgebrochen hatte, "zutiefst betroffen und bestürzt".

"Hohe kriminelle Energie"

Im Interview mit ORF Radio Vorarlberg sprach Fleisch in Bezug auf zwei Mitarbeiter von "hoher krimineller Energie". Laut seiner Darstellung dürften allem Anschein nach zwei Mitarbeiter über ein eigenes Unternehmen Machenschaften betrieben haben, "die zu überhöhten Rechnungen an die KHBG führten". Weitere Details nannte Fleisch mit Verweis auf das laufende Ermittlungsverfahren nicht. Er stellte aber auch klar fest, dass - sollten die Kontrollsysteme versagt haben - das in seiner Verantwortung liege. "Da stelle ich mich hin", so Fleisch. Für die APA war Fleisch vorerst nicht erreichbar.

Gegenüber dem Rundfunk sagte Brigitte Eggler-Bargehr, Direktorin des Vorarlberger Landes-Rechnungshofs, dass nach einer Prüfung im Jahr 2011 der KHBG unter anderem empfohlen wurde, die Personalkapazität in der internen Revision aufzustocken und diese bei der Geschäftsführung anzusiedeln. Das sei auch geschehen, allerdings habe die Kapazitätserweiterung lediglich ein Viertel einer Vollzeitstelle ausgemacht.

Schadenssumme im Millionenbereich

Nach aktuellem Informationsstand wird gegen mehrere Mitarbeiter der KHBG wegen schweren Betrugs ermittelt. Sie sollen ab 2013 bei Bauprojekten der KHBG - in den vergangenen Jahren wurden jeweils satte zweistellige Millionenbeträge für die Modernisierung der Landesspitäler aufgewendet - mit fingierten Rechnungen gearbeitet haben, wie es Fleisch skizzierte.

Die Schadenssumme geht nach Angaben der Staatsanwaltschaft Feldkirch in den einstelligen Millionenbereich. Nach Razzien wurden am Mittwoch fünf Personen festgenommen, laut Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) waren drei davon aktive KHBG-Mitarbeiter, eine Person hatte bis zur Pensionierung in der KHBG gearbeitet. Für zumindest drei Festgenommene wurde am Donnerstag Untersuchungshaft beantragt.

Offenbar auch Siemens-Mitarbeiter verstrickt

In die betrügerischen Machenschaften sind offenbar auch Mitarbeiter der Firma Siemens verstrickt. Siemens beliefert die KHBG seit vielen Jahren in den Bereichen Technik und Infrastruktur. Es war auch Anzeige von Siemens, die die Basis der Ermittlungen des Landeskriminalamts bildete. "Siemens hat der Staatsanwaltschaft Umstände offengelegt, die im Rahmen einer noch andauernden Compliance-Untersuchung aufgedeckt wurden", stellte das Unternehmen fest. "Wir verfolgen eine strikte Null-Toleranz-Politik gegenüber Korruption und anderen Verstößen gegen anwendbares Recht", wurde betont.

Hausdurchsuchung bei Hirschmann Automotive

Am Donnerstag bestätigte Hirschmann Automotive, dass im Unternehmen ebenfalls eine Hausdurchsuchung durchgeführt wurde. "Es besteht die Vermutung, dass die Hirschmann Automotive GmbH finanziell Geschädigte in einer laufenden polizeilichen Untersuchung ist", hieß es. Auch in dieser Angelegenheit könnten Siemens-Mitarbeiter eine Rolle gespielt haben. Die "Vorarlberger Nachrichten" berichteten, dass auch in diesem Zusammenhang eine Person festgenommen worden sei. Laut "NEUE Vorarlberger Tageszeitung" soll es um einen sechsstelligen Betrag gehen.

Die Landespolitik war am Mittwochvormittag über die Vorwürfe gegen die KHBG-Mitarbeiter informiert worden. Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) sagte, die KHBG habe eine interne Revisionsprüfung veranlasst, auch eine externe Kanzlei sei mit Prüfungen beauftragt worden. Für Freitag wurde eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung einberufen, wie Fleisch mussten einige Mitglieder des elfköpfigen Gremiums dafür ihren Urlaub vorzeitig beenden. Rüscher leitet den Aufsichtsrat. FPÖ-Chef Christof Bitschi und der designierte SPÖ-Landesparteivorsitzende Mario Bitschi forderten in Aussendungen umfassende Aufklärung. "Mit heutigem Stand liegt der Schluss nahe, dass das interne Kontrollsystem der KHBG völlig versagt hat. Das müssen uns der Geschäftsführer und die Landesregierung erklären", so Bitschi.

Die KHBG (Eigentümer: 96 Prozent Land, 4 Prozent landeseigene Vermögensverwaltung) "trifft als Rechtsträger Grundsatzentscheidungen über die Zielsetzung der Krankenhäuser, die Finanz- und Personalplanung, die bauliche Planung, die Grundzüge der Betriebsorganisation und das Berichtswesen", wie es im Internet-Auftritt der KHBG heißt. Der KHBG gehören die fünf Landeskrankenhäuser in Feldkirch, Rankweil, Bregenz, Hohenems und Bludenz sowie die Pflegeschule Vorarlberg an. Das Unternehmen bietet eigenen Angaben zufolge rund 4.500 Arbeitsplätze, pro Jahr werden etwa 450.000 Patienten versorgt.

ribbon Zusammenfassung
  • Die in Vorarlberg am Mittwoch bekanntgewordenen Betrugsvorwürfe betreffen nicht nur die Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG).
  • Auch beim Unternehmen Hirschmann Automotive in Rankweil (Bez. Feldkirch) gab es eine Hausdurchsuchung, wie am Donnerstag bestätigt wurde.
  • Unterdessen zeigte sich KHBG-Geschäftsführer Gerald Fleisch, der seinen Urlaub in Süditalien abgebrochen hatte, "zutiefst betroffen und bestürzt".
  • Im Interview mit ORF Radio Vorarlberg sprach Fleisch in Bezug auf zwei Mitarbeiter von "hoher krimineller Energie".
  • Laut seiner Darstellung dürften allem Anschein nach zwei Mitarbeiter über ein eigenes Unternehmen Machenschaften betrieben haben, "die zu überhöhten Rechnungen an die KHBG führten".