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Regierung will durchgreifen

Krankenstände: Strengere Kontrollen nur "Populismus"?

Heute, 11:03 · Lesedauer 3 min

Die Regierung will bei Krankenständen härter durchgreifen. Europaweit steigt die Zahl der Krankenstandstage, auch in Österreich. Eine Belastung für die schwächelnde Wirtschaft, so die Begründung. Die Arbeiterkammer sieht in strengeren Kontrollen der Krankenstände allerdings Populismus. Auch die Österreichische Gesundheitskasse teilt die Alarmstimmung nicht.

Den "Blaumachern" will die neue Bundesregierung einen Riegel vorschieben. So liest es sich zumindest im Regierungsprogramm. Darin ist nämlich festgeschrieben, dass man Krankenstände effizienter kontrollieren will und dafür auch das nötige Personal aufgestockt werden soll. 

Der Vorwurf, der zuletzt europaweit, etwa in Deutschland, immer lauter wurde: Viele Arbeitnehmer nehmen sich gern einmal montags oder freitags mithilfe von Krankenstandstagen frei. 

Problem: Für die schwächelnde Wirtschaft ist das eine Krux. Die wöchentliche Arbeitszeit geht verloren. In Österreich etwa um 5,1 Prozent, wie das "European Labour Force Survey" eruierte. 

Auch im Fehlzeitenreport des WIFO zeigt sich ein Anstieg der durchschnittlichen Krankenstands-Tage in Österreich. 15,4 Tage waren die Österreicher 2023 durchschnittlich im Krankenstand. 2022 waren es noch 14,9, 2023 nur 12,3 Tage. 

Für die türkis-rot-pinke Bundesregierung ein Grund, die Gangart in der Thematik zu verschärfen.

Was geplant ist, bleibt unklar 

Im Regierungsprogramm sind die strengeren Kontrollen jedoch sehr vage formuliert. Auch auf PULS 24 Nachfrage im Büro von Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) bleibt man Details schuldig. 

"Sozialversicherungsträger können schon jetzt punktuelle Überprüfungen von Krankmeldungen einleiten. Das Ziel muss sein, gesundes Arbeiten zu ermöglichen, damit weniger Krankenstände nötig sind", heißt es. Auch auf Nachfrage bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) konnte man zur Ausgestaltung wenig sagen. Die Details kenne man nicht, so eine Sprecherin. 

Fakt ist aber, dass die ÖGK schon jetzt punktuelle Kontrollen durchführt, sollte der Verdacht auf Missbrauch bestehen. Der Arbeitgeber kann diese Kontrollen anordnen.

Dass die Zahl der Menschen, die blaumachen, steigen würde, konnte man allerdings nicht bestätigen. Zumal eine ärztliche Krankschreibung in den meisten Unternehmen erst nach dem dritten Krankenstandstag benötigt wird.

AK ortet "populistische Maßnahme" 

Glaubt man indes der Wiener Arbeiterkammer (AK), ist eine Verschärfung der Kontrollen eine "reine populistische Maßnahme", so Arbeiterkammer-Jurist Alexander Tomanek. 

Die AK beobachte einen umgekehrten Trend: Viele Menschen würden krank in die Arbeit gehen, weil sie Kündigungen fürchten.

"Menschen, die mal blaumachen und sich montags oder freitags freinehmen, wird's immer geben. Das ist kein gesellschaftliches Problem", so Tomanek. Ein viel größeres Problem sei es, dass viele Menschen von der Arbeit ausgebrannt seien.

Die Arbeitslast sei gestiegen, weshalb psychische Erkrankungen vermehrt auftreten. "Arbeitsunfähig ist man nicht nur, wenn man eine Lungenentzündung hat oder sich das Bein bricht", sagt der Experte.

Alternde Gesellschaft und lange OP-Wartezeiten 

Und tatsächlich: Die Gründe für längere und häufigere Krankenstände sind vielseitig. Die ÖGK nennt auf Anfrage etwa psychische Krankheiten und längere Wartezeiten auf Operationen, die für Langzeitkrankenstände sorgen. Zudem wird die Bevölkerung immer älter. Die Zahl der chronischen Erkrankungen steigt. 

Tomanek glaubt daher schon, dass "unsere Arbeitnehmer im Großen und Ganzen ehrliche Menschen sind". Die einigen wenigen seien die Diskussion nicht wert. 

Video: Gesundheitssystem in Gefahr?

Zusammenfassung
  • Die Regierung will bei Krankenständen härter durchgreifen.
  • Europaweit steigt die Zahl der Krankenstandstage, auch in Österreich. Eine Belastung für die schwächelnde Wirtschaft, so die Begründung.
  • Die Arbeiterkammer sieht in strengeren Kontrollen der Krankenstände allerdings Populismus.
  • Auch die Österreichische Gesundheitskasse teilt die Alarmstimmung nicht.