Hitzige Rammstein-Debatte: "Geht's Ihnen eigentlich noch gut?"

Beim Thema Rammstein und ob das Wien-Konzert der Band verboten werden soll, gingen bei "Pro und Contra" die Meinungen weit auseinander und die Wogen hoch.

Die Nordirin Shelby Lynn machte den Anfang: Sie vermutet, dass ihr bei einer Backstage-Party nach einem Rammstein-Konzert in Vilnius K.O.-Tropfen verabreicht worden seien. Ihren Vorwürfen folgten die Aussagen mittlerweile Dutzender Frauen aus verschiedenen Ländern - teils anonym - gegen die Band und vor allem Frontmann Till Lindemann in mehreren Medien. Die Rede ist von Rekrutierungen, Alkohol, Drogen, sexuellen Handlungen und Missbrauchsvorwürfen. Die Band und Lindemann dementieren, Ermittlungen in Vilnius wurden nicht aufgenommen. 

Die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski, verlangt eine Absage der Wien-Konzerte von Rammstein. Man dürfe einem Täter keine Bühne geben, seine "Vergewaltigungsfantasien vor großem Publikum auszubreiten". 

Anwalt: Keine rechtliche Grundlage

Dafür sieht Rechtsanwalt Werner Tomanek in "Pro und Contra" keine rechtliche Grundlage. Es gebe keine Nachweise, man wisse nicht, "was die für einen Chemiekasten vorher schon intus hat", unterstellte er den Frauen, die die Übergriffe publik machten. Es gebe keine Anzeigen. "Wie die armen Rammstein jetzt dazukommen, als erstes Schwein geschlachtet zu werden", verstehe er nicht. 

Bei Tomaneks Aussage, dass es beim Aussehen der Opfer "keine Castingagentur" brauche, platzte der Grünen der Kragen. "Gehts ihnen eigentlich noch gut, was soll das?", kritisiert Disoski den Anwalt. "Es steht ihnen nicht zu, das Aussehen von Frauen auf eine derart despektierliche Art und Weise zu kommentieren. Das ist letztklassig." Es war nicht die letzte Aussage, die die Grüne "unglaublich" fand.

Widersprüchliche Argumentation

In eine ähnliche Kerbe schlug auch Musikjournalist und DJ Samir Köck, der dann auch gleich aufzeigte, wie inhaltlich widersprüchlich die Argumentation gegen die Opfer meist ist.

Er zweifelte zunächst an den Aussagen der Frauen: "Es gibt auch the dark side of Metoo, also Anschuldigungen, die nicht stimmen", behauptete er. Gleichzeitig meinte er, dass es bei den expliziten Texten von Rammstein naheliege, dass sie Frauen als Sexobjekte sehen, die Frauen müssten zudem ja auch nicht auf die Konzerte gehen.

Disoski unterbrach seine Ausführungen und stellte klar: Man gehe hin, um mit Freunden und Freundinnen eine gute Zeit zu haben, für nichts anderes. Für Köck hingegen ist es "naiv", sich bei einem Konzert in die erste Reihe zu stellen und sich "aussortieren" zu lassen. 

"Es muss ermittelt werden"

Für sie kommen die Vorwürfe der Frauen "dem Straftatbestand der Vergewaltigung gleich." In Deutschland "muss natürlich ermittelt werden, das ist keine moralische Diskussion". Auch Musiker Marco Pogo hält die Vorwürfe für glaubhaft, weil sie in mehreren Ländern von mehreren Frauen geäußert wurden. 

Für Historikerin und Publizistin Vanessa Spanbauer greift ein Konzertverbot allein zu kurz. "Das Thema ist viel größer als nur Rammstein. Man müsste fragen, was ist in der Musikbranche als ganzes los ist", findet sie. 

Die grüne Frauensprecherin kann Köcks Ausführungen über vermeintliche falsche Metoo-Behauptungen nichts abgewinnen: "Mehrere Aussagen von Frauen stehen der eines mächtigen Mannes gegenüber. Wieso glauben sie dem einen?" Dem stimmt auch Marco Pogo zu: "Unser Problem ist, dass Frauen nicht geglaubt wird." 

Gegen eine Konzertabsage von Rammstein in Wien ist der Sänger trotzdem: "Wenn man Frauen vor Till Lindemann schützen will, ist ein Konzertverbot der falsche Weg. Es ist bedenklich. Wenn Grüne jetzt Rammstein verbieten, was würde dann verboten werden, falls Herbert Kickl Kanzler wird?" 

Für Pogo wäre es ein starkes Statement des Publikums, "wenn die Leit nit hingehen". Er selbst habe Karten, werde aber nicht hingehen. 

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  • Beim Thema Rammstein und ob das Wien-Konzert der Band verboten werden soll, gingen bei "Pro und Contra" die Meinungen weit auseinander und die Wogen hoch.