Gewalt im Sport am häufigsten durch Teamkollegen
Ausgangspunkt war die Studie "CASES - Child Abuse in European Sport", für die in Österreich 1.472 Menschen zwischen 18 und 30 Jahren und insgesamt 10.302 Menschen in sechs Staaten - neben Österreich waren das Deutschland, Großbritannien, Spanien, Rumänien und Belgien - befragt wurden. 49 Prozent gaben männlich, 50 Prozent weiblich an, ein Prozent der Befragten gab ein drittes Geschlecht an. Sechs Prozent gaben eine Behinderung an, elf Prozent bezeichneten sich als Angehörige einer ethnischen Minderheit.
Diketmüller sagte, dass grundsätzlich 83 Prozent der Befragten angaben, gute oder sehr gute Erfahrungen im Sport gemacht zu haben. Allerdings sagten auch 75 Prozent der Interviewten in allen Ländern, dass sie zumindest eine Form von Gewalt im Sport erlebt hätten. Außerhalb des Sports waren es um sieben Prozent mehr, nämlich 82 Prozent. In Österreich lagen beide Zahlen niedriger: Im Sport erlebten 70 Prozent zumindest eine Form von Gewalt, außerhalb waren es 79 Prozent. Diketmüller zufolge lagen die Werte für Österreich generell etwas besser als im Durchschnitt aller Länder.
Die seltenste Gewaltform war jene der sexualisierten Gewalt mit Körperkontakt, und auch hier ist die Gefahr, betroffen zu werden, deutlich höher außerhalb des Sports als innerhalb. Mit Ausnahme der sexualisierten Gewalt ohne Körperkontakt gaben in allen Formen Männer öfter als Frauen an, Übergriffe erlebt zu haben. Im wettkampforientierten Sport ist das Risiko, von Gewalt betroffen zu sein, höher als im Breiten- und Freizeitsport.
Bei den Verursachern wurden am häufigsten Männer genannt. Sie treten - je nach Form der Gewaltausübung - etwa zwei bis dreimal so oft als Täter in Erscheinung wie Frauen. Allerdings ist der Fall des männlichen Coaches, der Gewalt gegenüber einer Athletin ausübt, nicht der am öftesten vorkommende. Am häufigsten wurden Übergriffen von Teamkollegen und -kolleginnen genannt. Ausnahme ist die Vernachlässigung, bei der am öftesten jene durch Coaches genannt wurde. Bei der Ausübung körperlicher Gewalt lagen Trainer und Trainerinnen mit den Teamkollegen und -kolleginnen gleichauf.
Diketmüller sagte, dass in Österreich dem Thema viel zu lange keine Aufmerksamkeit gewidmet wurde. "Jetzt schaut der Sport sehr genau darauf, und das ist gut so", betonte die Sportwissenschafterin.
Markus Pfisterer von der Stiftung Swiss Sport Integrity und Claudia Koller, Geschäftsführerin von "100% Sport" wiesen auf die entscheidende Bedeutung von Prävention, Transparenz und das Bekanntmachen von Anlaufstellen, wie es "Vera" - die Vertrauensstelle gegen Belästigung und Gewalt, Kompetenzbereich Sport - in Österreich darstellt. Wobei "Vera" eine zusätzliche Möglichkeit ist: "Es braucht Vertrauenspersonen in den Verbänden. Wenn es das nicht gibt, dann gibt es auch 'Vera'", sagte Koller. Aber wichtig ist der Expertin zufolge vor allem das Bekanntwerden der Stelle.
Diketmüller betonte, dass die bekanntgewordenen Taten Ausnahmefälle gewesen seien. "Aber der Sport muss auf kommunizieren, dass man da drauf schaut." Das sei auch wichtig für Eltern zu wissen, und nicht zuletzt für potenzielle Täter: Diese würden dann gar nicht in diese Bereiche gehen. Ähnlich sah das die zweifache Bodyboard-Weltmeisterin Alexandra Rinder: "Wenn man Angst hat erwischt zu werden, macht man es auch nicht."
An Eltern appellierten die Experten, genau auf Veränderungen ihrer Kinder zu schauen. Diketmüller: "Es gibt Anzeichen." Etwa wenn sicher der Nachwuchs sehr zurückzieht oder stark abnimmt.
(S E R V I C E - http://www.vera-vertrauensstelle.at )
Zusammenfassung
- Das gilt auch für sexualisierte Gewalt, egal, ob mit oder ohne Körperkontakt, wie Rosa Diketmüller vom Institut für Sportwissenschaften der Universität Wien am Mittwoch beim Forum "Sicherheit im Sport" ausführte.
- Weniger überraschend war, dass deutlich öfter Männer als Frauen als Täter auftreten.
- In Österreich lagen beide Zahlen niedriger: Im Sport erlebten 70 Prozent zumindest eine Form von Gewalt, außerhalb waren es 79 Prozent.